Neue Formen im alpinen Wintertourismus
Demokratie, Klima, Biodiversität – es kommt bei den ganz großen Fragen auf unsere Fähigkeit an als Gesellschaft dazuzulernen, uns laufend erfolgreich anzupassen. Für die Tourismus- und Freizeitwirtschaft – mit steigender Bedeutung für Gemeinwesen, Wettbewerbsfähigkeit und Lebensqualität – gilt das ganz genauso.
Die Herausforderungen sind in unserer Branche komplex. Manche Zugänge sind erprobt, beispielsweise die technische Beschneiung im alpinen Wintertourismus. Parallel zum traditionellen Schneesport neue Formen zu etablieren, erfordert jedoch ein Umdenken und Dazulernen. Das ist oft genug ein Prozess mit Versuch und Irrtum. Wir sind umso lernfähiger, je mehr es uns gelingt, uns auszutauschen: Erfolge und Misserfolge gemeinsam zu beleuchten, auch einmal Abstand vom eigenen Tun gewinnen.
Der von Ihrem Autor organisierte Online-Austausch „Parallel auf Schwung“ (110 Minuten hier im Stream nachzusehen) bezweckte gemeinsames Lernen und Vernetzung in der Branche zu neuen Formen im alpinen Wintertourismus.
Parallel auf Schwung
Judith Grass, CEO Golm Silvretta Lünersee Tourismus, hat langjährige Erfahrungen aus der Praxis mit dem Ganzjahresbetrieb des Alpine-Coaster-Golm eingebracht. Denn bereits seit 2008 wird diese schienenengeführte „Sommerrodelbahn“ auch im Winter eingesetzt. Am Erlebnisberg Golm liegt der Fokus auf der ganzjährigen Nutzung bestehender Angebote. Der Waldrutschenpark als Frühlingshighlight ist eine der diskutierten Ideen, um das bestehende Erlebnisangebot saisonübergreifend weiterzuentwickeln und neue Zielgruppen anzusprechen.
Kornel Grundner, Geschäftsführer der Leoganger Bergbahnen, hat heuer in den Osterferien mit seinem Team kurzfristig „Ski & Bike“ zustande gebracht: In der unteren Sektion waren bereits etliche Lines für das Downhill-Mountainbiken geöffnet, während in der oberen Sektion nach wie vor Skibetrieb geboten wurde. Sicherlich eine Gratwanderung in der Gästekommunikation, aber gutes Feedback von allen Seiten und Verkauf von Gravity Cards (Saisonkarten für Bikepark-Verbund).
Gerhard Gstettner, Inhaber von Gstettner.tirol, hat das Projekt „Winter-Trailrunning in der Region Seefeld“ begleitet. Dabei nutzen Trailrunner bestehende Winterwanderwege von der Fußgängerzone bzw. dem Dorfzentrum aus, eine für die Verhältnisse passende Kombination aus Höhenmetern und Distanz. Ob Schnee, Matsch, grüne Wiese oder Schotter – die Zielgruppe läuft den gleichen Weg. Gleicher Schuh, gleiches Outfit und Spikes im Gepäck machen den unkomplizierten Gast aus.
Karl Morgenbesser, Geschäftsführer der Wexl Arena und der Wexl Trails, beschäftigt sich mit einem (annähernd) ganzjährigen Mountainbike-Angebot. Oberhalb des Familienskilandes und parallel zum dort betriebenen Schneesport soll in Zukunft ein weiterer Schlepplift ausschließlich den Bikepark in diesem Bereich (meistens sehr wenig Naturschnee) versorgen. Der bisherige Anspruch flexibel auf das Wetter zu reagieren, rasch von Winter- auf Sommerbetrieb zu wechseln (und umgekehrt) bleibt bestehen.
Vier Beispiele aus der Praxis, wie wir vom Parallelschwung aus parallel auf Schwung kommen; solche die Mut machen für eine Transformation, in der wir uns im Bergtourismus befinden.
P.S. Für kurz Entschlossene sei noch auf das heutige SYMPOSIUM „Tourismus und Renaturierung – ein Dilemma?“ des Travel Industry Club Tourismus (TICT) hingewiesen.

Vielen Dank für diesen Beitrag und vor allem für den geteilten Stream – der Dank gilt daher auch allen, die am Online-Austausch teilgenommen haben! Es ist nicht selbstverständlich, Erfolge und Misserfolge bzw. sich erst im laufenden Betrieb zeigende Herausforderungen „öffentlich“ so offen anzusprechen.

Der Winter so wie wir in bisher kennen ist wohl Geschichte. Wir müssen den Mut haben Neues zu denken und auszuprobieren. Da wird sicherlich auch manches schief gehen aber am Ende wird sich das eine oder andere in der Praxis bewähren.
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