Was Veranstaltungen wirklich bringen und warum es nicht reicht, nur die Umsätze zu zählen

Sommerzeit ist Veranstaltungszeit. Schon vor dem Beginn der Salzburger Festspiele war bei uns im Bundesland Salzburg so einiges los: Stadtfeste, Festivals, Tour of Austria usw. Während die einen unbeschwert genießen, schwingen bei anderen – meist berufsbedingt – immer auch Begriffe wie Nächtigungszahlen, Ausgaben pro Besucher, Betriebsumsätze oder Wertschöpfung mit. Apropos Wertschöpfung:

„Was habt Ihr immer alle mit der Wertschöpfung?

Es kann doch nicht so schwer sein, die veranstaltungsbezogenen Umsätze zusammenzurechnen!“ Abgesehen davon, dass das zum Beispiel bei einem Stadtfest keine leichte Aufgabe ist, reden wir dann noch nicht über die Wertschöpfung einer Veranstaltung. Ulrike Reiser hat in einem Beitrag aus dem Jahr 2017 eine knackige Definition der direkten Wertschöpfung geliefert. Aus gegebenem Anlass (s. die obige Zwischenüberschrift) soll das Thema noch einmal aufgegriffen werden:

Angenommen, die regionale Wertschöpfung, die innerhalb geografisch definierter Grenzen entsteht, steht im Mittelpunkt des Interesses. Dann zeigt sich, dass der Bruttoumsatz in der Regel nicht zu 100 % in der Region verbleibt. Ein Teil fließt in Vorleistungen aus anderen Regionen (z. B. für zugekaufte Waren und Dienstleistungen), ein anderer in Steuern. Was nach ihrem Abzug vom Bruttoumsatz übrig bleibt, ist aus volkswirtschaftlicher Sicht die direkte Wertschöpfung (brutto) – also das, was regional an Löhnen und Gehältern, Gewinnen und Abschreibungen entsteht. Nur der Vollständigkeit halber: Zieht man davon noch die Abschreibungen ab, die ja nicht einkommenswirksam sind, dann erhält man die Nettowertschöpfung. Zur direkten Wertschöpfung kann daher auch die direkte Beschäftigung, meist in Jahresbeschäftigungsplätzen, ausgewiesen werden. Die indirekte Wertschöpfung und der indirekte Beschäftigungseffekt entstehen durch die Zulieferer, die vorgelagerte Wertschöpfungskette; auch hier zählt nur, was von ihnen regional erzeugt und verdient wird. Und die induzierte Wertschöpfung sowie die induzierte Beschäftigung entstehen, wenn die Unternehmer und ihre Beschäftigten (inkl. der Zulieferbetriebe) ihr Einkommen wieder ausgeben, etwa für Wohnen, Einkaufen oder Freizeitaktivitäten in der Region. Diese Konsumausgaben lösen weiteren Umsatz und damit regionale Wertschöpfung aus.

Wie und warum wird Wertschöpfung ermittelt?

Die Basis bilden typischerweise einerseits eine aktuelle Besucherbefragung, mit der die Ausgaben in verschiedenen Kategorien erhoben werden: Unterkunft, Gastronomie, Handel, Mobilität, Kultur etc.; andererseits wird der Veranstalter zu seinem Umsatz und zu seinen Vorleistungen befragt. Ergänzt werden diese Primärdaten durch Informationen zu regionalen Vorleistungsquoten und Einkommensverwendungen, auf Bundes- oder Landesebene etwa über sogenannte Tourismus-Satellitenkonten oder über regionale Input-Output-Tabellen. Daraus lässt sich näherungsweise berechnen, wie viel direkte, indirekte und induzierte Wertschöpfung eine Veranstaltung einer Region bringt. Näherungsweise deshalb, weil den Berechnungen Modelle und Annahmen zugrunde liegen. Vergleichsweise suboptimal ist demgegenüber die Verwendung von Multiplikatoren, da sie zu stark verallgemeinern und regionale sowie sektorale Besonderheiten häufig nicht abbilden.

Und so wie es für Unternehmen wichtig ist zu wissen, wie viel Gewinn mit einer Dienstleistung, einem Produkt oder einem Projekt erwirtschaftet werden kann, ist es für Gebietskörperschaften bzw. Verbände und Veranstalter wichtig zu wissen, wie wirksam welche Veranstaltungen für die regionale Wirtschaft sind. Damit werden einerseits Entscheidungen zur Förderwürdigkeit bzw. zur Eigenveranstaltung ermöglicht und andererseits können transparente Aussagen darüber gemacht werden, wie stark die Region ökonomisch davon profitiert. Und das erhöht die Akzeptanz der Veranstaltungen (und der Verwendung öffentlicher Mittel dafür) in der Bevölkerung.

Die Berechnung der Wertschöpfung von Veranstaltungen ist also keine theoretische Spielerei. Die entscheidungsrelevanten und kommunikativ bedeutenden Ergebnisse sind ein unverzichtbarer Teil der strategischen Veranstaltungsplanung von Regionen. Diese kann auch noch einen Schritt weitergehen und besonders im Kontext knapper öffentlicher Mittel sowie steigender Nachhaltigkeitsanforderungen neben der Beachtung der ökonomischen Effekte die ökologische und die soziale Dimension berücksichtigen. Dann spricht man im Allgemeinen von der Nachhaltigkeit einer Veranstaltung. Wenn Sie sich jetzt denken: „Was habt Ihr immer alle mit der Nachhaltigkeit?“, dann empfiehlt sich der brandaktuelle Beitrag von Fred Fettner diesem Thema.

Manuel Kuckenberger
28. Juli 2025 • 20:50 Uhr • Manuel Kuckenberger

Ich finde es hilfreich, den Unterschied zwischen Bruttoumsatz und tatsächlicher regionaler Wertschöpfung so klar dargestellt zu bekommen – besonders in Diskussionen, wo man zu schnell auf absolute Zahlen schielt.

Mich würde interessieren, wie du den kommunikativen Spagat siehst: Einerseits will man klare Botschaften (à la “XY hat soundsoviel gebracht”), andererseits liegt der Wert im Detail der Berechnung – das ist nicht immer “kommunikationstauglich”, oder?

Dietmar Kepplinger
31. Juli 2025 • 16:06 Uhr • Dietmar Kepplinger

„Vom 24. bis zum 27. Juli 2025 fand in Eugendorf die Schreibwerkstatt der Autorinnen und Autoren des TP-Blog statt. Neben Weiterbildungsangeboten rund um das Verfassen von Blog-Beiträgen gab es erstmals auch Publikumsveranstaltungen, nämlich Lesungen, Diskussionsabende und Fan-Wanderungen mit Manuel K.

Die direkte, österreichweite Wertschöpfung (und nicht der Umsatz!), die sich aus den mit der Schreibwerkstatt in Zusammenhang stehenden Ausgaben des Veranstalters, der Autorinnen und Autoren sowie der Besucherinnen und Besucher ergibt, beträgt € 500.000,-. Damit werden in Österreich indirekte und induzierte Effekte im Wert von weiteren € 150.000,- ausgelöst. 50 % der gesamten Bruttowertschöpfung, also € 325.000,-, bleiben in der Region Flachgau / Salzburg Stadt; davon geht ein Beschäftigungsimpuls aus, der acht Ganzjahresbeschäftigungen entspricht.“

So in etwa werden die Ergebnisse von Wertschöpfungsberechnungen häufig berichtet. Das ist nicht viel Text, aber viel Inhalt, der sich aus einer (zeit-)intensiven Auseinandersetzung mit der Aufgabenstellung ergibt. Neben dem volkswirtschaftlichen Verständnis und mathematischen Kenntnissen sind Eckdaten zu den wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen Branchen und Regionen (regionale Input-/Output-Tabellen) von Nöten. Diese Details lassen sich zwar nur schwer kommunizieren (ein Problem, das ich als Marktforscher in punkto Analyseverfahren nur zu gut kenne), in den allermeisten Fällen ist das aber auch nicht notwendig bzw. gar nicht nachgefragt. Und wenn doch, dann haben sich dafür persönliche Präsentationen von und Diskussionen mit den Expertinnen und Experten, die die Wertschöpfungsberechnungen durchgeführt haben, als zielführend erwiesen.

PS.: Nur sicherheitshalber sei erwähnt, dass es die Veranstaltung (noch?) nicht gibt und dass die Angaben zu ihrer Wertschöpfung meiner Fantasie entsprungen sind.

Dietmar Kepplinger
2. August 2025 • 11:25 Uhr • Dietmar Kepplinger

Gestern wurde ich persönlich auf diesen Beitrag zur Wertschöpfung angesprochen, und zwar mit einer berechtigten Rückfrage zu den erwähnten Multiplikatoren.
Auch hier stiftet der Umsatz fallweise Verwirrung: Der Wertschöpfungsmultiplikator beschreibt das Verhältnis zwischen gesamter und direkter (Brutto-)Wertschöpfung. Im obigen Beispiel sind das € 650.000,- / € 500.000,-; der Wertschöpfungsmultiplikator beträgt also 1,3. Das heißt, jeder durch die Veranstaltung direkt generierte Euro Wertschöpfung führt österreichweit zu weiteren 30 Cent indirekter und induzierter Wertschöpfung. Wichtig festzuhalten ist, dass der Wertschöpfungsmultiplikator NICHT zum Beispiel das Verhältnis von Umsatz und Wertschöpfung darstellt!
Und: Der Wertschöpfungsmultiplikator sollte ein Ergebnis der Wertschöpfungsanalyse sein und nicht ein angenommener Wert, um die Gesamtwertschöpfung aus der direkten Wertschöpfung zu berechnen.

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