Nachhaltigkeit, unfassbar umfassend

Als Schreibender entkommt man dem Stoßseufzer nicht: „Net schon wieder Nachhaltigkeit. Ich kann des nimmer hören!” Ob von Interviewpartnern, Leserschaft – oder leitenden Redakteuren. Also echt, ich kann diesen Satz schon nimmer hören.  

Denn es gibt immer wieder Neues zu erfahren. Auf unterschiedlichster Ebene und auch für Tourismusthemen zunehmend wissenschaftlich fundiert. „Vorleben statt vorschreiben,” lautet etwa der Kernsatz in der Masterarbeit von Melanie Jordan an der JKU Linz, die sich intensiv mit dem potenziellen Beitrag Einheimischer für nachhaltiges Urlaubsverhalten der Gäste auseinandersetzt.  Ein Ergebnis ihrer Arbeit ist, strategische Allianzen zwischen professionellen Gastgebern und Locals anzuregen, in denen Wertschätzung und Anerkennung vermittelt wird. 

Am ausgezeichneten Sustainable Tourism in Austria Summit (STiAS) der Österreich Werbung wurde Nachhaltigkeit wirklich von allen Seiten beleuchtet. Gerade bei der sozialen Nachhaltigkeit blüht so manches wahrlich im Verborgenen, obwohl die Tourismusorganisationen durchaus bemüht sind, Best Practice nach außen zu tragen. Christian Grünbart, dessen AVIVA-Hotel mit St. Stefan-Afiesl nicht gerade im Zentrum der Tourismuswelt angesiedelt ist, erstaunt stets, wenn er die immer längere Liste der Leistungen für die 75 Mitarbeitenden im Hotel vorträgt: Von der 4-Tage-Woche, über Erfolgsbeteiligung, 1.000 Euro Ausbildungsbonus pro Jahr, zumindest 3% Gehaltsplus jährlich, Termine beim Mental- & Gesundheitscoach und prinzipiell kann alles, was den Gästen zur Verfügung steht, auch von den Mitarbeitern ohne Einschränkung genutzt werden. Oder wenn Martha Schultz aus ihrer Schultz-Holding berichtet, wie sie es schafft, dass die Mitarbeiter im Schnitt 17 Jahre im Unternehmen beschäftigt sind. Etwa durch umfassende Ausbildung oder unbürokratische Unterstützung beim Auto- und Wohnungskauf. In Abwandlung eines berüchtigten Norbert-Hofer-Zitats kann gesagt werden: „Man darf sich wundern, was alles geht”. Oder wenn man Martha Schultz in ihrer Rolle als WKÖ-Vizepräsidentin ansprechen will: Oft ist aus der Quelle Wirtschaftskammer eher eine Geht-nicht-Automatik zu vernehmen.

Selbstverständlich ging es am STiAS auch um die klassische Säule Ökologie. Wobei gerade für Tourismusorganisationen, aber auch die Hotellerie von der ÖW ein kleiner Nebenaspekt beleuchtet wurde, der sonst untergeht: Wie schaut der CO2-Fußabdruck von Werbung aus? Beträchtlich jedenfalls – und dass Print als der besonders böse Bube geoutet wurde, liegt wohl auch an einem Aspekt: Entscheidend für die Bewertung ist die Qualität der Messung. Hier muss man sich auf Unternehmen wie IAS (Integral Ad Services) oder DV (DoubleVerify) verlassen, die aber selbst im Online-Business verankert sind. Offen ist auch, wie die Qualität unterschiedlicher Kundenkontakte bewertet wird.  Die ÖW will jedenfalls ihren CO2-Ausstoß bis Ende des Jahres um 10 % reduzieren.  Das entspräche immerhin dem Jahresstromverbrauch von 400 Haushalten. Doch wo sind Reduktionen möglich, ohne dass die Performance darunter leidet? Bei Aussendungen die Auflösung runterfahren, die Vermarktungspartner zielgerichtet neu auswählen, die Häufigkeit, in der Werbevideos den gleichen Rezipienten erreichen, mit technologischer Hilfe reduzieren. 

Mit Aktionismus kostenfrei größtmögliche Aufmerksamkeit zu erregen ist das Anliegen von Klimaaktivisten. Nicht selten erreichen sie diese durch die Störung von Veranstaltungen, wobei die Rechnung „mehr Publikum = höhere Präsenz” immer aufgeht. Die Einbindung von Klimaaktivisten in die Veranstaltungsplanung könnte diese negativen Effekte reduzieren, sind Jette Steyer und Harald A. Friedl (FH Joanneum, Bad Gleichenberg) überzeugt.  „Das könnte über partizipative Formate erfolgen, etwa durch Beteiligung an Podiumsdiskussionen, Informationsständen oder Workshops im Rahmen von Events. Auch die Kooperation mit Non-Profit-Organisationen oder marginalisierten Gruppen zur Entwicklung neuer Formate erscheint vielversprechend”, plädieren sie an Veranstalter einen kooperativen Ansatz zu wählen. 

Erstaunlich, was man an unterschiedlichen Aspekten alles über die Nachhaltigkeit & Tourismus zusammentragen kann. Bei einem Blog braucht man sich nicht einmal um die Quellenangabe bemühen. Schade eigentlich,  ’s wär so einfach gewesen! Denn das Tourismus Wissen – quarterly Nr. 41 (www.tourismuswissen.net) ist erschienen – und alles so dahingeblogte ist dort in den 20 Beiträgen dokumentiert und in – manchmal anstrengender, nichts desto trotz aber lohnender – Ausführlichkeit nachzulesen.

Bestellbar unter https://www.club-tourismus.org/wp-content/uploads/2025/04/Aboantrag-TWqLogo-2025-2.pdf

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