Alpentourismus in Zahlen
Im gesamten Alpenraum spielt der Tourismus eine bedeutende Rolle. Wenn man allerdings die letzten zehn Jahre Revue passieren lässt, wird ersichtlich, dass er eine offenbar sehr uneinheitliche Entwicklung nahm und in den Zuwächsen etwa mit den Städten oder auch mit einzelnen Regionen außerhalb der Berge nicht mithalten konnte. Um einen – wenn auch lückenhaften – Querschnitt über die touristische Entwicklung in den Alpen geben zu können – ein kurzer Blick auf drei Regionen.
Vorauszuschicken ist, dass ein grenzüberschreitender Datenvergleich aufgrund unterschiedlicher Definitionen, Erfassungen und Verfügbarkeit nur mit Einschränkungen möglich ist. Basis für den Vergleich ist die Datenbank WEBMARK Statistik Tool, die touristische Daten aus Österreich und seinen Nachbarländern sehr zeitnahe verfügbar macht. Zu einem überblickshaften Vergleich wurden Kernregionen der Alpen nämlich Tirol, Südtirol und Graubünden herangezogen. Für Graubünden waren lediglich die Nächtigungen in Hotels zugänglich, womit die Aussagekraft etwas eingeschränkt ist.
Aus der Zeitreihe der Nächtigungsentwicklung der letzten zehn Jahre (2005 bis 2015) können folgende Aussagen abgeleitet werden:
- Das gesamte betrachtete Nächtigungsvolumen der Destinationen Tirol, Südtirol und Graubünden betrug 2015 rund 80,9 Mio. Es ist im Lauf der letzten Dekade kontinuierlich um insgesamt 10 % gewachsen.
- Im Vergleich dazu erzielte Österreich im selben Zeitraum einen Nächtigungszuwachs von 13 % und etwa Bayern sogar einen von 20 %. Diese Zuwächse sind allerdings in der Hauptsache auf eine überdurchschnittliche Entwicklung des Tourismus in den Städten zurückzuführen.
- In diesem Zeitraum lag das Wachstum der Alpenregionen in der Wintersaison bei 7 % während die Sommersaison um 13 % zunahm. Diese markant stärkere Entwicklung der Sommersaison gilt für alle drei untersuchten Destinationen in ähnlicher Weise.
- Für das Jahr 2016 liegen derzeit nur die Sommerdaten vor und zeigen einen weit überdurchschnittlichen Nächtigungszuwachs in Südtirol von 7,8 % und in Tirol von 5,6 % gegenüber dem Vorjahr. Die Krise in Nordafrika und dem Nahen Osten und die Flüchtlingsbewegungen in Südosteuropa haben sichere Urlaubsdestinationen offenbar wieder attraktiv gemacht.
- Von den Alpenregionen konnte Südtirol im Lauf der letzten zehn Jahre mit 15 % das markanteste Wachstum verzeichnen, Tirol erreichte 10 % Zuwachs, während Graubünden ein Minus von 18 % hinnehmen musste. Während Tirol und Südtirol eine ähnliche positive Entwicklung nahmen, musste der Schweizer Tourismus ab dem Jahr 2008 nach Ausbruch der Finanzkrise – u.a. getrieben durch den starken Franken – fortgesetzte und massive Rückgänge verzeichnen.
Ohne die Daten einer weiteren und tiefer gehenden Analyse zu unterziehen lässt sich festhalten, dass der Tourismus in den Alpen sich positiv – wenn auch mit einem schwächeren Wachstum als der Tourismus insgesamt – entwickelt hat. Die Veränderungen scheinen vom Trend zu Kurzurlauben und Städtetourismus, von den herrschenden politischen und wirtschaftlichen Krisen aber auch den in der Folge entstandenen Wechselkursrelationen beeinflusst und haben die Sommersaison spürbar mehr begünstigt als die Wintersaison.
Die vergangene Wirtschaftskrise und die politischen Verwerfungen im Nahen Osten aber auch Klimawandel und Wechselkursänderungen haben die Reiseströme nachhaltig verändert und werden es noch weiter tun. Die Daten machen uns wieder einmal bewusst, dass die Rahmenbedingungen sich permanent ändern und die Unternehmen und Destinationen jährlich neu am Start stehen, um sich in Zukunft zu behaupten.
Erwähnenswert erscheint zudem, dass innerhalb der alpinen Regionen eine zum Teil hohe Konzentration der Übernachtungen zu beobachten ist. Für Tirol zeigt das beigeschlossene Schaubild die relative Entwicklung der 34 Tiroler Destinationen von 2000 bis 2015. Während dieses Betrachtungszeitraums vergrößerten die sechs relativen Gewinner (rechts oben) ihren Marktanteil an den Übernachtungen von ca. 27% auf ca. 30%.
Die von Franz Hartl angeführten und interpretierten Zahlen bestätigen, dass die alpinen Regionen in Österreich in ihrer Tourismusentwicklung gut unterwegs sind. Das gilt nicht nur für die in der erwähnten Studie berücksichtigten „Kernländer“ Tirol und Südtirol, sondern in gleicher Weise für andere Länder mit großem Alpenanteil, namentlich Vorarlberg und Salzburg. Dass sich Graubünden aus den genannten Gründe – aber auch wegen struktureller Gegebenheiten – schwer tut, liegt auf der Hand und das Bild würde sich auch unter Einbeziehung der Parahotellerie nicht grundlegend ändern. (Laut BAK BASEL trägt Graubünden zusammen mit dem Tessin ohnehin die rote Laterne in der Performance der Schweizer Alpenkantone.)
Bei der überdurchschnittlichen prozentualen Zunahme des Sommertourismus in den alpinen Regionen dürfte das im Vergleich zum Winter niedrigere quantitative Ausgangsniveau bei den Nächtigungen eine Rolle spielen. Wenn wir den Zeitraum der letzten zehn Jahren betrachten, dann tragen insbesondere die quer durch die alpinen Destinationen zu beobachtenden Bemühungen um die Stärkung des Ganzjahrestourismus ihre Früchte: Überzeugungsarbeit und Motivation, begleitet von Investitionen in die Sommer- bzw. Ganzjahresinfrastruktur und dem Einsatz von deutlich mehr Marketingmitteln.
Wenn es um den Vergleich mit Regionen außerhalb der Berge geht und wir beim Wettbewerb der Zahlen bleiben wollen, dann sind zwei Punkte zu beachten. Zum einen das bereits im Zusammenhang mit den Sommerdaten erwähnte niedrigere Ausgangsniveau (in diesem Fall in den Regionen außerhalb der Berge) und zum zweiten der Beitrag des Städtetourismus zum dortigen Wachstum. Nimmt man nur den ländlichen Raum her, ergibt sich vermutlich ein etwas anderes Bild.
Die Schlussfolgerung von Franz Hartl, dass Unternehmen und Destinationen aufgrund sich ständig ändernder Rahmenbedingungen jährlich neu an den Start gehen müssen, ist absolut zu unterstreichen. Es würde aber zu kurz greifen, die Sieger im stets neuen Rennen allein anhand von (leicht zugänglichen) Nächtigungszahlen zu küren. Das sollte uns bewusst sein und diese Botschaft steckt in der Schlussfolgerung von Franz Hartl wohl auch drinnen.
Das Sensibilisieren für die alpine Performance und Bedeutung des Tourismus gelingt am ehesten über die (positiven) Nächtigungszahlen. Doch überstrahlen die steigenden Nächtigungsergebnisse zumeist jede tiefere Analyse der betriebswirtschaftlichen Situation!!
Diese ist durch folgendes Dilemma gekennzeichnet: Durch das seit Jahren wachsende Bettenangebot (5-/4 Sterne) stagniert oder sinkt die Auslastung, wodurch wiederum die Zimmerpreise unter Druck geraten. 5-/4 Sterne: Wintersaison 2003/04 Auslastung Tirol: 55,9 %; 2013/14: 56%. Auslastung Salzburg: Wintersaison 2003/04 Auslastung: 50,6 %; 2013/14: 45,5%. Die Umsätze im Jahr 2014 lagen um 7,1 % unter dem Niveau von 2006 und waren sogar um 3,2 % niedriger als im Krisenjahr 2009! Ab den Sommer 2015 (insbesondere ab der Steuerreform) kam es erstmals zu geringen Preissteigerungen.
Hier das Bild, das uns Clemens Westreicher zur Verfügung gestellt hat
Wie die obigen Bemerkungen bestätigen, sind die Übernachtungen nur eine Seite der touristischen Medaille. Die erzielten Preise die andere Seite. Erfolgskritisch ist hingegen der erzielte Gross Operating Profit. Reicht dieser aus, um die getätigten Investitionen zu erwirtschaften und bleibt genug, um weiter zu investieren? Ein aktuelle Branchenanalyse der österreichischen Hotellerie, die von mir im Auftrag der Österreichischen Hoteliervereinigung erstellt wurde, zeigt ein differenziertes Bild zur wirtschaftlichen Lage der Hotels in Österreich (gesamt und auf Ebene der Bundesländer). Ausgewählte Ergebnisse der Branchenanalyse finden sich unter http://oehv.at/Lobbying/Presse/Aktuelle-News/Top-Betriebe-haben-noch-ungenutztes-Potenzial-Non.aspx
Sehr geehrte Herren und Damen,
ich kann ihren Ausführungen gesamtheitlich sehr viel abgewinnen, was sich allerdings in keinem Kommentar findet, ist das Sterben der kleinen Anbieter. Die Nächtigungsergebnisse lassen durch eben erwähnte Investitionen bereits etablierter, immer weiter wachsender Betriebe, hier eine große Anzahl an Betriebsauflösungen im kleineren betrieblichen Segment von Gastgebern einfach unerwähnt, bzw. gehen diese unter.
Dieses Sterben der Kleinen sehe ich als große Gefahr, welche nachhaltig die regionale Entwicklung im ländlichen Raum schädigt. Wo gerade die Landwirtschaft und das Handwerk (zumindest in Vorarlberg) im Vergleich boomen, gehen hier viele Perspektiven für den Nachwuchs im Tourismus verloren.
Insgesamt sehe ich die Entwicklungen zu einem großen Teil auch kritisch und den dringenden Bedarf, unter anderem, hier neue Konzepte zu entwickeln, die uns neue Zielmärkte öffnen können und unsere Gastgeber, zumindest anfänglich, nicht zu unnötigen Investitionen zwingt. Gerade in den mittleren Lagen ist es nötiger denn je, denn wir alle wissen, dass es den touristischen Hotspots wohl immer etwas leichter fallen wird, Gäste für sich zu gewinnen.
Sie sprechen eine Tatsache an, die unvermeidlich scheint: Die Konzentration im Tourismus setzt sich weiter fort: Untersuchungen stellen fest, dass das Nächtigungswachstum vor allem die schon bisher tourismusintensiven Gemeinden begünstigt und die touristisch extensiven Gemeinden in ihrer Entwicklung zurückfallen.
Aber auch Destinationen versuchen durch Zusammenlegung ihre Kräfte zu bündeln und Skigebiete wollen ebenso durch flächenmäßiges Wachstum ihre Attraktivität erhöhen. Auch das Wachstum in der Hotellerie geht vor allem von großen Unternehmen hauptsächlich in den Städten aus. Sie haben ohne Zweifel Vorteile sowohl bei der Aufbringung von Eigen- als auch Fremdkapital, während es für die mittelständische Hotellerie schon eine Herausforderung darstellt die Modernisierung ihres Angebotes zu bewältigen.
Diese sehr globale in dem Artikel skizzierten Änderungen betrachten nur die großen Veränderungen ausgedrückt – wie Thomas Reisenzahn auch richtigerweise feststellt – nur in Nächtigungen. Dahinter stehen wieder kleinere Destinationen mit z.T. höchst unterschiedlicher Entwicklung (siehe Beitrag von Clemens Westreicher) und es ist damit noch lange nicht gesagt, wie es auf der untersten Ebene den Unternehmen Hotel-, Restaurant- und Freizeitbetrieben geht, die alle zusammen mit Gewerbe und Landwirtschaft Teil unseres Angebotes sind.
Aber wie war das Motto des diesjährigen ÖHV-Kongresses: „Be a #GameChanger – verändern oder verändert werden“.
Ich bin ebenfalls der Meinung dass die Übernachtungszahlen der Hoteln auf die Tourismusentwicklung nicht wirklich schließen lassen. Dies ist nur ein einfacher Indikator um die Richtung zu bestimmen aber um konkrete Zahlen zu nennen sollte dies noch nicht ausreichen. Man müsste die Daten mit allen Tourimusanstellen wie Souvenirläden Skipisten etcc zusammenstellen und dann vergleichen. Vielleicht hätte man dann ein besseres Ergebnis.
Ja genau, wahrscheinlich sind diese Zahlen nur ein Hinweis auf die Tourismusentwicklung. Soweit ich weiss muss man erst das BIP,, Anzahl Reisende und Ausreisende erfahren um einen Schluss ziehen zu können. Trotzdem sehr interessante Infos über dem Alpentourismus
Hey sehr interessant mal ein detaillierteres Blog über die Alpen zu lesen. Musste mich im Rahmen meines Tourismus-Studiums über das Thema Alpentourismus infomieren und hier waren wirklich nützliche Infos. Ich benutz die Infos selbstverständlich nur mit Quellenangabe ;-).
Viele Grüße
Mahmoud
schrecklich
Die armen Alpen. Jetzt bricht der Tourismus ja völlig weg
Ouh man.. was noch alles passieren muss, damit das Alpentourismus nun ganz wegfällt..
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