Tourismus und Raumordnung in der Krise: Sachlichkeit statt Symbolpolitik gefordert
Die Diskussion um Raumordnung und touristische Entwicklungen in den Alpen hat ein kritisches Niveau erreicht. Der Alpine Hospitality Summit in Kitzbühel zeigte einmal mehr, dass insbesondere die Bundesländer Tirol und Salzburg in einer tiefen ordnungspolitischen Vertrauenskrise stecken. Der Tourismus, einst als Motor regionaler Entwicklung gefeiert, wird zunehmend zum Sündenbock für soziale Spannungen und Fehlentwicklungen – nicht selten zu Unrecht.
Raumordnung zwischen Kontrolle und Misstrauen
Ein bezeichnendes Beispiel liefert die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die unter dem Titel „Wir fühlen uns hier rausgeworfen“ die sozialen Folgen restriktiver Raumordnungspolitik beleuchtet: Im Fokus steht die Definition des Hauptwohnsitzes – und damit auch das Grundrecht auf Nutzung privaten Eigentums. Besonders kritisch ist dabei die Praxis, dass Kontrollen zunehmend auf nachbarschaftlicher Ebene erfolgen und anonyme Anzeigen ermutigt werden. Dies untergräbt nicht nur das Rechtsstaatsprinzip, sondern spaltet Dorfgemeinschaften – mit langfristig verheerenden Konsequenzen für das soziale Klima in den Tourismusorten.
Freizeitwohnsitze und „kalte Betten“: Eine hitzige Debatte
Die Debatte um Freizeitwohnsitze wird emotional, oft unsachlich geführt. Dabei trifft der Vorwurf der sogenannten „kalten Betten“ ausgerechnet jene Tourismusbetriebe, die eigentlich Teil der Lösung sind: professionelle Gastgeber. Diese schaffen Arbeitsplätze, sichern Wertschöpfung im ländlichen Raum und leisten einen Beitrag zur Lebensqualität der Einheimischen. Der Tourismus ist kein Verdrängungsfaktor – er ist wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Multiplikator.
Neue Finanzierungsmodelle – und alte Missverständnisse
Ein zusätzlicher Konfliktherd ist der Umgang mit modernen touristischen Finanzierungsmodellen – insbesondere bei Hotelprojekten mit mehreren Eigentümern. Hier stößt man auf politische Fehlinterpretationen, die entweder aus Unwissenheit oder bewusster Strategie entstehen. In Tirol etwa wird seit dem Vorjahr die Meinung vertreten, dass Eigentümer ihre Hoteleinheit nicht einmal mehr kurzfristig im Rahmen eines Beherbergungsvertrags selbst nutzen dürfen – eine Sichtweise, die sowohl verfassungs- als auch europarechtlich hochgradig bedenklich ist.
Dabei ist diese Form der Nutzung – durch Einmietung beim Hotelier – keine klassische „Eigennutzung“ im Sinne des Freizeitwohnsitzverbots. Vielmehr handelt es sich um einen Aufenthalt als Hotelgast, was rechtlich und faktisch klar zu unterscheiden ist. Der Tiroler Gesetzgeber hat im Übrigen bereits seit Jahren Vorkehrungen getroffen, um Missbrauch auszuschließen: Eigentümer dürfen keine Gäste selbst auswählen, keine Zeiten reservieren oder über Betriebsführung mitentscheiden. Die Nutzung erfolgt ausschließlich im Rahmen des hoteltypischen Betriebs.
Investitionen verlagern sich – mit langfristigen Folgen
Trotz dieser strengen Regelungen droht das Kind mit dem Bade ausgeschüttet zu werden. Zahlreiche Projekte zur Sanierung alter Hotels oder zur Schaffung dringend benötigter Betten in tourismusschwachen Regionen sind oftmals nur über neue Modelle finanzierbar. Werden diese durch überzogene Auslegung unterbunden, wird der spürbare Rückzug beschleunigt – mit spürbaren Folgen für die Infrastruktur und Wirtschaftskraft ganzer Regionen.
Der Blick ins Ausland zeigt, wie es besser geht: In der Schweiz regelt das Zweitwohnungsgesetz klar und sachlich, welche Nutzungen zulässig sind. Entscheidend ist dort das Objekt, nicht der Erwerber. Touristisch bewirtschaftete Finanzierungsmodelle bleiben somit erlaubt – sofern sie klar definierte Kriterien erfüllen: kurze Vermietungsdauer, marktkonforme Preise, keine eigennützige Ausrichtung und Betrieb durch einen professionellen Hotelführung.
Auch wenn mein Denkanstoß in wenigen Sätzen vielleicht nicht wirklich nachzuvollziehen ist:
Entscheidend für die Gemeinde ist doch, dass Betten „warm“ sind und nicht wie viel verschiedene Personen drinnen liegen. Eigentümer die darüber nicht verfügen können, sind keine Eigentümer. Für die regionale Wertschöpfung ist eine etwa 90tägige „Belegung“ wichtig. Diese im digitalen Zeitalter unaufdringlich überprüfen zu können ist die entscheidende und innovative Aufgabe.
Die ordnungspolitische Vertrauenskrise ist wohl wirklich selbst verschuldet. Da werden Regelungen aufgestellt, um den Wildwuchs der Zweitwohnsitze zu beschränken. Aber selbst Bürgermeister geben sogar im Fernsehen kund, dass sie davon nichts halten – vor allem weil man Prominente und einige schillernde Persönlichkeiten der Seitenblicke-Gesellschaft nicht vergrämen möchte. Entweder man entschließt sich zu anderen oder auch keinen Regelungen oder man zieht sie ausnahmslos durch, wozu allerdings – wie so oft – der Mut fehlt.
Weil nun das Zweitwohnsitzthema mittlerweile ziemlich polarisiert, traut man sich aber nicht durchaus wünschenwerte Entwicklungen, die eine neue Quelle der Hotelfinanzierung darstellen könnten, zu bejahen. Da geht es im Falle von Buy-to-Let-Konzepten lediglich um Kurzzeitvermietung auf hotelmässiger Basis. Aber derlei Konzepte werden dann auch gleich undifferenziert abgelehnt, weil man da am besten nicht anstreift. Da haben doch die Schweizer den besseren Weg in die Zukunft gefunden – Zeit für eine Neuregelung.
Ein sehr wichtiger Beitrag zu einer Diskussion, die unbedingt geführt werden muss.
Besonders kritisch wird die Situation werden, wenn die Erbengeneration der Zweitwohneigentümer bemerkt, was ordnungspolitisch in Salzburg und Tirol läuft.
Ein Blick in die Schweiz zeigt, dass man negative Trends auch anders abfedern kann.
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