Kunst am Berg
Wenn Musik in Zusammenhang mit Skifahren gebracht wird, denkt man in erster Linie an frostige Konzerte am Gletscher, wo sich einige tausend Fans im Rhythmus von moderner Musik bewegen. Eine weitere Assoziation ist Apres-Ski in Discos wo Stimmung mit Lautstärke und hochgeistigen Getränken erzeugt wird.
Seit diesem Winter kommt ein weiterer Aspekt dazu: Zeitgenössische Kunst und klassische Musik auf 1800 m Seehöhe und nicht in winterlicher Kälte sondern in einem Konzertsaal mit außerordentlicher Akustik. Dieser ist mit Künstleratelier, Ausstellungsräumen und einem Musikstudio Teil eines völlig neuen Angebotes. Neuerdings sind in St. Christoph neben der Piste Töne zu hören, die auch in der Skiregion Arlberg völlig neu sind.
Florian Werner hat in St. Christoph seinen Traum verwirklicht, um Hochkultur in die Berge zu bringen. Damit soll es gelingen, neben der kurzen Wintersaison auch eine Belebung der Randzeiten und des Sommers zu erreichen. Vorerst soll aber bis zum Ende des Winters jede Woche Musik, Literatur und Kabarett geboten werden.
Aber nicht nur die Planung des multifunktionalen Zentrums und die darauffolgenden Veranstaltungen erforderte Kreativität. Auch für die Finanzierung der EUR 26 Mio. an Investitionskosten kamen einige neue Zugänge zum Einsatz. Luxusapartments wurden gemeinsam mit dem Kulturobjekt errichtet und in der Folge verkauft und helfen die hohen Investitionskosten aufzubringen. Sie werden nicht zu totem Kapital für steinreiche Ortsfremde sondern die Zimmer nehmen durch Weitervermietung am wirtschaftlichen Verkehr teil und sind zusätzliches Angebot.
In einer besonderen Form des Crowdfundings können einerseits Stufen der Haupttreppe erworben (make a step) und für Werbezwecke genutzt werden. Andererseits stehen auch die Tasten des Konzertflügels zur Disposition (make a tone) und ein Teil des Wahrzeichens der Veranstaltungseinrichtung (make a sign).
Im nahen Ischgl kamen zum Konzert der Beach-Boys 15.000 Besucher, um den diesjährigen Winter zu starten. In St. Christoph gibt man sich da bescheidener und – exklusiver: Wenn 200 Gäste den Bach-Sonaten lauschen, kann man sich darüber freuen, dass alle Karten ausverkauft sind.
http://www.zeit.de/2016/01/kunsthalle-arlberg-luxus-florian-werner
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Kunst am Berg ist keinesfalls neu, in dieser Dimension, in dieser Höhenlage und in der geplanten Dichte wie bei arlberg1800 ist sie aber vermutlich im gesamten Al-penraum noch nicht dagewesen.
Motive für dieses Unterfangen gibt es wohl mehrere. Franz Hartl weist in seinem Beitrag auf die Verlängerung der Randzeiten der Wintersaison und die Belebung des Sommers hin. Auch erwähnt er, dass Florian Werner, seinem Hobby und seiner Leidenschaft folgend, sich einen Traum erfüllen wollte. Die neue Positionierung des Arlberg Hospiz Hotels war für ihn wohl auch eine Möglichkeit, aus dem langen Schatten seines Vaters, dem legendären und allseits präsenten Hospiz-Wirt Adi Werner, herauszutreten und selbst die Größe der Fußstapfen zu bestimmen.
Kunsthalle und Konzertsaal arlberg1800 sind durchdacht angelegt und sehr schön gelungen. Mit der angestrebten Qualität und der geradezu urbanen Programmdichte (bei absolut moderaten Eintrittspreisen) liefert sich der „junge Wirt vom Arlberg“ selbst eine gewaltige Steilvorlage. Es ist sehr zu wünschen, dass es ihm gelingt, dieses Niveau durchzuhalten, um die erwarteten positiven Effekte für das Haus und die Region auch tatsächlich zu erreichen und nachhaltig sicherzustellen.
Über Architektur kann man erfahrungsgemäß trefflich streiten, dennoch wage ich hier eine Aussage dazu. Meiner Einschätzung nach besteht zwischen der Qualität der Innenarchitektur der Kunst- und Konzerthalle und der Architektur der Chalets mit den verkauften Appartements eine erhebliche Diskrepanz. Immer, wenn mich mein Weg über den Arlberg führt, bin ich verwundert darüber, dass bei der Außengestaltung der Chalets nicht jene Kreativität und Modernität zum Einsatz gekommen ist, wie dies bei der Kunst- und Konzerthalle der Fall war. Das ist schade, denn bei einer attraktiven Architektur könnten die Appartementbauten nicht nur mit dem unmittelbar benachbarten Stammhaus in einen spannenden Dialog treten, sondern sie würden auch den Ort St. Christoph bereichern, der durchaus einige aussagekräftige architetonische Akzente vertragen könnte. Denn schließlich gehört auch die Architektur zur Familie „Kunst am Berg“.
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