5. Dezember 2017 | 20:35 | Kategorie:
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Energieeffizienz und Regionalität im Tourismus

 

Beim Treffpunkt Seilbahnen, der gemeinsamen Veranstaltung der Tiroler Bergbahnunternehmen zum Start der Wintersaison, wurden die Bemühungen der Seilbahnwirtschaft um Energieeffizienz und regionale Produkte betont. Es wurde aber auch berichtet, dass das aus der Hotellerie leidlich bekannte Problem des Mitarbeitermangels inzwischen auch bei den Bergbahnen angekommen ist.

Beispiel für energieeffizientes und regionales Wirtschaften

Nachdem Energieeffizienz und Regionalität quer durch die Tourismusbranche Thema sind, möchte ich ein Beispiel vorzustellen, dem ich vor kurzem begegnet bin und das gut hierher passt: Das Berghotel Rehlegg in Ramsau bei Berchtesgaden, ein 4-Stern-Superior Haus mit 163 Gästebetten, 80 Mitarbeitern, 43.000 Nächtigungen, ganzjähriger Öffnung  und 260 Tagen Vollauslastung.

Die Inhaber, die das Haus vor einigen Jahren in dritter Generation übernommen haben, betrachten die Qualitäten ihres Umfelds als Herausforderung und Motivation für ein umweltorientiertes und auf die Region bezogenes Handeln. Das Hotel ist eingebettet in einen heilklimatischen Kurort, in das erste Bergsteigerdorf Deutschlands, in das UNESCO Biosphärengebiet Berchtesgaden und in den einzigen Alpen-Nationalpark Deutschlands.

Erfolgskonzept Umweltorientierung

Dank konsequenter Bemühungen ist die Hotelanlage seit 2015 CO2 neutral und nun auch klima-positiv. Durch aktives Handeln (z.B. Beteiligung an Aufforstungs- und Renaturierungsprojekten) sowie durch Einsparungen, etwa beim Strom- und  Wärmeverbrauch, ist es gelungen, die CO2 Bilanz ins Positive zu drehen, also mehr CO2 zu binden als auszustoßen.

Im Vergleich zu einem durchschnittlichen Beherbergungsbetrieb der gleichen Sternekategorie zeigen die bisher erzielten Resultate folgendes Bild:

  • 64 % weniger CO2 pro Gast
  • 45 % weniger Wasser pro Gast
  • 44 % weniger Abfall pro Gast
  • 56 % weniger Endenergie pro Grast
  • nahezu 14.000 Bäume gepflanzt
  • rund 126.000 m2 Fläche renaturiert

Maßnahmen zu Energie und Wärme, Reinigung und Feinstaub

Konkrete Schritte betreffen elektrische Energie, Wärme, Reinigung und Feinstaub. Zu den Maßnahmen zählen:

  • Installierung von je zwei Blockheizkraftwerken, Photovoltaikanlagen und Solarthermieanlagen. (Damit werden zwei Drittel des Stroms in der Hotelanlage erzeugt, der Rest stammt aus bayerischer Wasserkraft.)
  • Reinigung des Hotels einschließlich der Küche (jedoch ausgenommen Wellness- und Spa-Bereich) mit abwasserfreundlichem und grundwasserneutralem EM-Reiniger (effektive Mikroorganismen).
  • Verzicht auf das Silvester-Feuerwerk, wodurch eine Unmenge an Feinstaub erst gar nicht entsteht. (Das eingesparte Geld kommt Erdbebenopfern in Italien zugute.)

Die finanziellen Einsparungen, die dank dieser Maßnahmen erzielt werden, machen pro Jahr einen sechsstelligen Euro-Betrag aus.

Absolute Priorität für regionale Produkte

Das Wissen, dass eine funktionierende Berglandwirtschaft und eine intakte Kulturlandschaft ein enormes Potenzial für den Tourismus darstellen, aber auch ganz entscheidend zur Lebensqualität der heimischen Bevölkerung beitragen, hat das Führungsteam des Hotels bewogen, regionalen Produkten konsequent den Vorzug zu geben und ein enges Netzwerk mit heimischen Produzenten aufzubauen. Durch die Bezahlung fairer Preise soll der Fortbestand der kleinstrukturierten Berglandwirtschaft gesichert werden. Ein weiterer Beweggrund für diesen Weg waren frustrierende Einblicke in die Formen und Folgen von tierischer und pflanzlicher Massenproduktion.

Das Berghotel Rehlegg ist daher seit mehreren Jahren bestrebt, gesunde Lebensmittel in bester Qualität und mit hohem Genussfaktor aus der Region anzubieten, d.h. aus der Destination, in der das Hotel seinen Standort hat sowie aus unmittelbar benachbarten Räumen.

100 % Bedarfsdeckung aus der Region

Seit dem Sommer 2016 gelingt es, den gesamten Hotelbedarf an Fleisch von Kalb, Rind, Bio-Schwein, Lamm und Ziege aus der Region abzudecken. Auch das Fleisch vom schwarzen Alpschwein, das auf Initiative des Hotels wiedereingebürgert wurde, kommt zur Gänze aus der Region. Dasselbe gilt für Geflügel und Fisch (regionale Zucht von Zander, Lachsforelle, Stör, Karpfen, Schleihe, Flusskrebs, Beluga-Kaviar). Auf ausländischen Reis wird verzichtet. Stattdessen kommt „Bayernreis“ auf den Tisch (Rogen, Buchweizen, Linsen, Einkorn, Urkorn, Emmer) und das gesamte Mehl, zu 100 % biologisch, aus der Region. Dasselbe gilt für Milch und Milchprodukte, die zur Gänze aus der heimischen Berglandwirtschaft stammen.

Die Natur im Hotel

Viel Wert legt dass Berghotel auf die Naturnähe seines Standorts. So erfolgte der Start des Wildbienenprojekts des Nationalparks Berchtesgaden auf dem 40.000 m² großen Areal des Hotels. Auf den Wiesen rund um die Hotelanlage tummeln sich etwa 20 verschiedene Bienen- und Hummelarten sowie 25 Nacht- und Tagfalterarten, die es sich an 70 verschiedenen Gräsern, Kräutern und Wildblumen – darunter zahlreiche autochthone – gütlich tun.

Kompetente Mitarbeiter und geringe Fluktuation

Um den Kreis zu den eingangs zitierten Aussagen beim Treffpunkt Seilbahnen vollends zu schließen, noch kurz zu den Mitarbeitern. Diese bilden im Berghotel Rehlegg eine wichtige Säule des Erfolgs. Die gesamte Führungsriege kommt aus der Region und ist z.T. schon seit zwanzig Jahren im Haus beschäftigt. Das Koch-Team stammt zur Gänze aus dem Ort, nicht zuletzt deshalb, weil die regionale Küche Sinn macht und hier in allen Facetten, z.B. bis hin zum Zerlegen und Verarbeiten ganzer Tiere gelernt und umgesetzt werden kann. Ausländische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für die das Berghotel Rehlegg eigene Deutschkurse anbietet, sind als Küchenhilfen und im Zimmerservice tätig, und wenn jemand von ihnen ausfällt, wird die Lücke sofort aus dem Bekanntenkreis heraus geschlossen. Als Konsequenz daraus resultiert, dass die jährliche Mitarbeiterfluktuation mit 15 % bis 20 % sehr gering ist und für Stelleninserate kaum Geld ausgegeben wird.

Einsparungen, Zusatzkosten und vielfältiger Mehrwert

Der konsequente Einkauf gesunder, regionaler Lebensmittel zu fairen Preisen und deren Verarbeitung in der Küche ist natürlich mit höheren Kosten für das Hotel verbunden. Das gilt auch im Hinblick auf die kompetenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die erhöhten Aufwendungen werden jedoch durch die oben erwähnten Einsparungen bei Energie und Wärme sowie durch die vielfältigen sonstigen Nutzen mehr als wettgemacht. Denn vom Mehrwert, den das nachhaltigen Wirtschaften mit sich bringt, profitieren die Umwelt und die Region, die Gäste und die Mitarbeiter und nicht zuletzt auch die Unternehmer selbst.

 

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