Der Sommer ist zurück
Neuer Nächtigungsrekord
Das vergangene Jahr brachte für den heimischen Tourismus neue Rekorde. Erstmals überstieg die Zahl der Übernachtungen die Marke von 140 Millionen. Erstmals wurden auch deutlich mehr als 40 Millionen Gästeankünfte gezählt. Das geht aus den vorläufigen Daten der Statistik Austria hervor. Die mit Abstand meisten Gästenächtigungen wies Tirol mit 47 Millionen auf, ein Plus von 3,4 Prozent gegenüber 2015. An zweiter Stelle folgte Salzburg mit fast 28 Millionen (+5,2 Prozent).
Natürlich haben Flüchtlings-, Wirtschafts- und politische Krisen dazu geführt, dass es zu Verwerfungen in den europäischen Reiseströmen kam. Nahe und sichere Reiseländer haben in Krisenzeiten Konjunktur. Da haben die deutschen Nachbarn und natürlich auch die Inlandsgäste dem Aktivurlaub in den Bergen und der Erholung in den Gebirgsregionen den Vorzug gegeben.
Alpentourismus hebt ab
Eine Analyse der Daten nach Marktsegmenten (V. Fleischhacker: Der Sommertourismus in Österreich 2016) zeigt, dass im vergangenen Jahr der Berg- und Alpintourismus das mit Abstand stärkste Wachstum verzeichnen konnte – deutlich vor dem Städtetourismus und sogar vor der Stadt Wien, die ja in der Vergangenheit immer Wachstumsmotor war. Dieser Trend hat sich schon seit längerer Zeit abgezeichnet: Schon seit einigen Jahren entwickelt sich die Sommersaison wieder dynamischer als die Wintersaison. Die Entwicklung der Bergregionen war nur durch das dynamische Wachstum des Städtetourismus (vor allem Wiens) in den Schatten gerückt.
Das Erlebnis Berg und der aktive Urlaub haben wieder Saison. Dank neuer Angebote und Aktivitätsmöglichkeiten kann sogar scheinbar verlorenes jugendliches Publikum wieder begeistert werden. Da verzeichnen etwa die Bergbahnen Leogang mittlerweile bereits mehr Bergfahrten im Sommer durch Mountainbiker als durch Wanderer und auch die Tiroler Gipfel werden dank vielfältiger Aufstiegshilfen und oft durch die von den Bergbahnen geschaffenen Angebote für die Familien und besonders Kinder wieder attraktiv. Da gibt es Hänge- und Paragleiterfliegen, Sommerrodelbahnen, Klettersteige, Klettergärten, Bikeparks, Adlerwege, einen Gipfel-Barfußweg, ein Hexenwasser, Aussichtsplattformen und Familien-Erlebniswelten sowie Veranstaltungen aller Art, die Gäste wieder für die Berge begeistern.
Wärmere Sommer helfen Bergregionen
Wahrscheinlich kommen den Bergen auch die Prognosen der Klimaforscher zugute. Wenn die Temperaturen über die Jahre langsam aber stetig ansteigen, dann prophezeien Zukunftsforscher Änderungen auf Arbeitszeiten, Bauweisen, Essgewohnheiten und Urlaubsverhalten. Die Wahl des Urlaubsortes kann sich durchaus nach dem erwarteten Temperaturniveau richten. Eine Werbebotschaft, die ruhige und kühle Nächte und die Möglichkeit zu Tagesaktivität in angenehmer Umgebung verspricht, kann durchaus auf bereite Aufnahme stoßen.
Der Trend zum Sommerurlaub in den Bergen ist, wie Franz Hartl richtig bemerkt, seit längerem zu beobachten und er wird derzeit durch die von ihm angesprochen geopolitischen Rahmenbedingungen zweifelsohne noch verstärkt.
Was die Angebotsentwicklung für den Bergsommer betrifft, so haben die österreichischen Sommerbahnen mit ihren fast schon unübersehbaren Erlebnisangeboten Pionierleistungen erbracht, die eine hohe Wertschätzung verdienen. Technisch aufbereitete Freizeitangebote in den Bergen erleben einen starken Zulauf und sie zählen zu den Kristallisationspunkten der touristischen Nachfrage. Viele Seilbahnunternehmen agieren heute auch im Sommer als Leitbetriebe und sie sorgen – u.a. im Rahmen von Kooperationen – für Freizeitangebote, die urlaubsentscheidend sind. Darüber hinaus vermitteln die Bergbahnen und ihr gestaltetes Umfeld so manchem Gast ein Gefühl von Sicherheit inmitten der Berge.
Doch ist nicht alles, was glänzt, technisch geprägte Infrastruktur. Sehr viele Gäste sind abseits derartiger Einrichtungen unterwegs. Dazu haben viele am Tourismus Interessierte beigetragen – und leisten dazu nach wie vor ihren Beitrag.
Da sind einmal die Tourismusverbände, die attraktive Produkte aufbereiten, darunter solche, die zu einem längeren Aufenthalt anregen oder zum Wiederkommen motivieren, weil die Gäste das gesamte Programm, wenn auch in Etappen, absolvieren wollen. Beispiele dafür sind der Wilde Wasser Weg und die Seven Summits im Stubai oder die diversen Weitwanderwege in den Kitzbüheler Alpen.
Dazu kommen private Initiativen, die in Sachen Berg- und Wandertourismus über Jahre hinweg gute und konsequente Aufbauarbeit geleistet haben: Beispielsweise Österreichs Wanderdörfer, die Europa Wanderdörfer oder die Europa Wanderhotels. Bereits mehrfach angesprochen wurden im TP Blog die Beiträge der alpinen Vereine zum Bergtourismus, speziell im Sommer. Dazu gehören die Bergsteigerdörfer des Alpenvereins, die, gesamttouristisch betrachtet, zwar nicht ins Gewicht fallen mögen – aber Kleinvieh macht ja bekanntlich auch Mist.
Bei weitem nicht ausgeschöpft sind meines Erachtens die Potenziale, welche die alpinen Schutzgebiete für den Bergsommer bieten. In den Natur- und Nationalparks wird mancherorts zwar sehr gute touristische Arbeit geleistet, (z.B. auf der Pinzgauer Seite des Nationalparks Hohe Tauern oder im Naturpark Kaunergrat), insgesamt besteht aber noch einiges an Luft nach oben. Angesichts der Möglichkeiten, welche gut gemanagte und professionell vermarktete alpine Schutzgebiete für den Bergsommer bieten, erscheint es merkwürdig, dass es Destinationen gibt, welche diese (zusätzliche) Chance nicht ergreifen.
Ich bin Peter Haimayer für seine immer fundierten Beiträge dankbar. Natürlich greift es zu kurz, so fundamentale Änderungen einfach erklären zu wollen. Aber freuen wir uns, dass sich für den Sommer neue Chancen eröffnen.
Übrigens: Die Vermutung bezüglich der Entwicklung des Tourismus in Schutzgebieten zeigt sich, dass diese den zweitbesten Zuwachs im abgelaufenen Jahr verzeichnen konnten.
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