Es geht wieder aufwärts im Tourismus, aber…?
Kaum ist der Corona-Krisenmodus vorbei, scheinen viele kein grösseres Bedürfnis zu haben, als schnellstmöglich zum alten Status quo zurückzukehren.
Es gibt nur eine gute Statistik, und die zeigt ungebremst nach oben. Und das, obwohl die Branche seit Jahren die Notwendigkeit neuer Kennzahlen in der Erfolgsmessung herbeisehnt. Siehe dazu auch https://www.tp-blog.at/allgemeines/naechtigungsstatistik-oder-die-qual-der-zahl
Dazu ein kleiner Auszug von Pressemeldungen der letzten Tage und Wochen:
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Rekord-Sommer: „2022 kamen so viele Gäste wie noch nie“
- Mit mehr als x,y Millionen Nächtigungen zwischen Mai und Oktober wurde der bisher stärkste Tourismus-Sommer aller Zeiten verzeichnet
- Der beste Sommer in 30 Jahren…usw.usw.
Einerseits absolut erfreulich, wenn der österreichische Tourismus sich augenscheinlich wieder so rasch aus dem Krisenmodus gelöst hat, Urlaub in Österreich bei in- und ausländischen Gästen stark gefragt ist, und auch viele Prognosen und Studien einen guten Winter attestieren. Verständlich ebenso, um die von einer „On-off-Lockdown Strategie“ leidgeprüfte Touristikerseele aufzumuntern.
Dass dies allein schon angesichts des eklatanten und nervenaufreibenden Mitarbeitermangels, eines Rückgangs von verfügbaren Gastronomieplätzen ( Stichwort: Ruhetage, Übernahmeproblematik ) und manch anderer Herausforderung durchaus neue Fragen aufwirft, sei an dieser Stelle vorerst vernachlässigt.
Doch bedeutet „aufwärts“ zwangsläufig immer nur quantitative Rekordzahlen?
Ja, wenn man wie bisher in der rein quantitativ orientierten Wachstumsschiene des „schneller-höher-weiter“ bleibt – wohl weniger, wenn man bedenkt, daß laufendes und kontinuierliches Wachstum auf einem endlichen Planeten nicht die Perspektive sein kann?
Wohl weniger, wenn an allen Ecken und Enden das Wort Nachhaltigkeit fällt. Und wohl weniger, wenn man, vor allem in teils von Gästen wie Einheimischen überlaufenen Hotspots, ein besseres Einvernehmen und Verständnis zwischen den beiden Gruppen herstellen möchte…
Sind wir denn (schon) bereit für einen Paradigmenwechsel?
Denn, eines dürfte wohl klar sein: glaubwürdige Nachhaltigkeit lässt sich mit weiterem, ungebremstem (quantitativen) Nächtigungswachstum wohl nur schwer vereinbaren, oder?
Vielleicht sollten wir uns angesichts der Lage einfach damit begnügen, bestenfalls auf ohnehin hohem Niveau zu bleiben, die damit verbundenen Anforderungen aber (noch) besser als bisher zu managen. Und damit verbunden einen klaren Fokus auf qualitatives Wachstum richten, primär qualitative Verbesserungen im Sinne eines Lebensraums, nicht jedoch zu verwechseln mit einem reinen Luxustourismus.
Und somit einen (besseren) Einklang zwischen zweiflellos notwendigen wirtschaftlichen, aber auch sozialen und ökologischen Interessen herzustellen…
Hallo Gernot, ich bewundere immer wieder wie du trotz deiner Rundum-Herausforderungen als Tourismusmanager Zeit findest, dich in schriftlicher Form in die Tourismusdiskussion einzubringen und damit auch den Tourismuspresse Blog zu bereichern.
Nun zu deinen Ausführungen: Zweifellos sind wir alle froh, dass der Tourismus nach dem Corona-Einbruch wieder so gut angelaufen ist. Aber es wäre wohl etwas blauäugig gewesen, zu erwarten, dass gegenüber der Vor-Corona-Zeit im Denken und Handeln wesentliche Änderungen eintreten werden. Dazu darf ich deinen Verweis auf Pressemeldungen durch eine Textpassage aus einem aktuellen Beitrag in der Tiroler Tageszeitung ergänzen: „Winter-Opening … Ein Saisonauftakt wir früher … und (Ischgl) feierte wie in alten Zeiten“.
Ich unterstreiche deine Aussage, dass sich glaubwürdige Nachhaltigkeit wohl nur schwer mit einem ungebremsten quantitativen Nächtigungswachstum vereinbaren lässt. Das gilt auch für Infrastruktureinrichtungen, wobei der qualitativen Weiterentwicklung und dem damit verbundenen, schonenderen Umgang mit natürlichen Ressourcen (inkl. Energie) nichts im Wege stehen sollte. Es ist jedoch darauf zu achten, dass Nachhaltigkeit (ökonomisch, ökologisch, sozial) bei der Realisierung und dem Betrieb von Projekten nicht beliebig interpretiert wird.
Trotz schöner Worte im Programm der neuen Landesregierung habe ich in Tirol die Sorge, dass einige der nun verantwortlichen Politiker nicht so ticken, wie es der Verwirklichung deiner Vision dienlich wäre. Ein aktuelles Beispiel dafür ist die Wortspende des zur roten Fraktion gehörenden Landeshauptmannstellvertreters vor den Repräsentanten der Tiroler Seilbahnen.
Laut Tiroler Tageszeitung ist für ihn „das Aus für den Zusammenschluss der Skigebiete Axamer Lizum mit der Schlick über die Kalkkögel bis heute nicht nachvollziehbar“. Wenn diese Aussage angesichts des Auditoriums auch einen Schuss Opportunismus enthalten mag, so gibt sie doch Einblick in seine Denke. Und er ist im Kreise der aktuell Regierenden vermutlich nicht der Einzige, der eine solche Grundhaltung vertritt. Da ist die eine oder andere Auseinandersetzung zwischen Politik und Zivilgesellschaft durchaus vorprogrammiert.
Hallo Peter, wenn Themen unter den Nägeln „brennen“, fließt es ja förmlich aus den Fingern heraus und lässt sich immer wieder irgendwo unterbringen…. während andernorts der „Hafer-Latte“ überschäumt und somit Tirol wieder mal der Lächerlichkeit preisgibt ♂️
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