Sorgenkind Fachkräftemangel
Gute Tourismusdaten
Im TAI-Interview lässt Neo-Tourismusministerin Köstinger die Gelegenheit nicht verstreichen auf die guten Tourismusdaten zu verweisen: Die Beliebtheit Österreichs ist gestiegen, sowohl Sommer- als auch Wintertourismus haben sich erfreulich entwickelt, die Regierung hat mit der Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf 10 % einen wichtigen Beitrag geleistet. Dafür hat sie dann auch den Applaus der Branche geerntet und darüber hinaus ist für kleine Tourismusbetriebe auch ein wenig Bürokratieabbau umgesetzt worden (Genehmigungsfreistellungsverordnung). Da könnte man doch sehr entspannt in die kommende Wintersaison blicken, wenn da nicht der Facharbeitermangel wäre.
Die Tourismusbranche wächst und dazu braucht es mehr und mehr Arbeitskräfte: Allein heuer sind jeden Monat 5.000 Beschäftigte hinzugekommen. Gleichzeitig bleiben immer mehr Stellen unbesetzt, sogar Skihütten müssen deswegen Ruhetage einführen oder kleine Liftanlagen können gleich gar nicht aufsperren. Die WKO fordert einmal mehr Maßnahmen beim Saisonnierkontingent.
sinkende Erträge
Wenn man der Frage nachgeht warum eine erfolgreiche Branche nicht ein Lohnniveau und Arbeitsvoraussetzungen wie andere Branchen bieten kann, wird man bald in den wirtschaftlichen Ergebnissen der Unternehmen fündig. Trotz guter Auslastung ist das operative Ergebnis langfristig einer Erosion ausgesetzt. Ursache dafür ist, dass die Preise nicht vollständig der Inflation der Kosten angepasst werden konnten und daher das Ergebnis immer mehr unter Druck kommt.
Die Konkurrenz für den heimischen Tourismus sind ja nicht nur die Betriebe in Südtirol, Deutschland oder der Schweiz. Der einen Winterurlaub suchende Kunde kann schon um rd. EUR 40,– nach Mallorca fliegen und dort ein Schnäppchen buchen, weil auch die dortige Hotellerie gerade enorme Zugeständnisse macht, um die Kapazitäten zumindest teilweise zu füllen. Sie kann das aber machen, weil das dortige Lohnniveau beträchtlich unter dem heimischen liegt. Der gesetzlich festgelegte Mindestlohn in Spanien nach Abschluss der Lehre beträgt EUR 624,– pro Monat und einige Betriebe vergessen dann auch noch den vorgesehenen 13. und 14. Monatsbezug auszuzahlen.
Konkurrenz der Niedriglohnländer
Das längst nicht mehr Niedriglohnland Österreich muss sich mit einer Konkurrenz herumschlagen, die bei der Hauptkostenposition „Lohn- und Lohnnebenkosten“ nicht knapp 40 % der Einnahmen einsetzen muss sondern beträchtlich weniger. Das und die dank der fortschreitenden Digitalisierung deutlich verbesserte Preistransparenz sorgen dafür, dass die erzielten Preise nicht in einem Ausmaß angehoben werden können, das es erlaubt ausreichend attraktive Löhne zu zahlen.
Es ist nicht zu erwarten, dass die Konkurrenz Österreichs in Kroatien, Italien, Griechenland, Türkei oder Spanien in absehbarer Zeit diesen Kostenvorteil verlieren wird. Allgemeingültige Rezepte für die Zukunft sind daher schwierig. Sie werden wohl einerseits in hoher Qualität, Alleinstellung und einem dementsprechenden Preisniveau liegen, das es dann auch erlaubt ein hohes Lohnniveau zu halten. Andererseits können auch von der Vollhotellerie abweichende schlanke Geschäftsmodelle ein Lösungsweg sein. Schließlich wollen wir ja, dass auch künftige Tourismusminister auf erfolgreiche Jahre zurückblicken können.
Ich – als ehemalige Wirtin und “ noch immer “ Touristikerin , weiss aus langjähriger Erfahrung – auch aus meiner Parlamentszeit und Obfrau des BÖG – der Kampf um Fachkräfte – vor allem aus dem eigenen Land – war und ist immer schwierig und ist die grösste Sorge der Gastronomen und Hoteliers. Wir wurden immer seitens der Gewerkschaft Ausbeuter der Arbeitnehmer “ vorgeführt.“ Auf das Schärfste ist dies zurückzuweisen. Seit Jahrzehnten versuchten wir die Regierung davon zu überzeugen dass die Lohnnebenkosten uns das “ Genick“ brechen . Es war immer nur ein Versprechen und wurde nie in die Tat umgesetzt – Endlich wurde die MWST für Logie herabgesetzt – – der grosse Brocken der hohen Besteuerung , der Besteuerung des Trinkgeldes u.v.m. ist mit der Grund dass unsere eigenen qualifizierten Mitarbeiter noch immer die besseren bezahlten Stellen im Ausland annehmen . Angelernte , nicht-oder schlecht-deutschsprechende Mitarbeiter werden eingestellt – aber nicht weil sie “ billiger “ sind .sondern eben NOCH um den Lohn arbeiten der uns Gastronomen es möglich macht den Betrieb offen zu halten . Aber…unsere WERTE gehen verloren … nur qualifizierte Fachkräfte können unsere österreichischen Werte, die das Wichtigste Werbepotenzial sind – vermitteln – weil sie sie auch leben. Daher : die grosse Hoffnung dass diese Regierung es schafft die Steuerreform umzusetzen – aber – vorrangig sind die Senkungen der Lohnnebenkosten und grossteils unisinnigen Verordnungen – die das Leben der Gastronomen so schwer machen . Und trotzdem .. leben sie und vermitteln sie die herzliche österreichische Gastfreudschaft… Die Ungleichbehandlung der Besteuerung von Landwirtschaft und Tourismusgewerbe ist ein zusätzliches Thema wo ein Ministerium das beide Branchen vertritt, gefordert ist einen Kompromiss zu finden damit unsere Bündelung der Werte wo Kulinarik , Natur und Umwelt neben Kultur, Kunst, Industrie und Handel , Sicherheit …uvm. bestehen bleibt. Ich hoffe sosehr dass dieser grosse Schritt gemacht wird … runter mit den Lohnnebenkosten , runter mit der Besteuerung der Überstunden — und endlich ein postitives JA der Gewerkschaft für die 12 Stunden Regelung.
Liebe Frau Haunschmid,
wie recht Sie haben. Wir sollen alle CO2 sparen, aber die Flüge werden nicht besteuert, damit Kunden billiger fliegen, als Bahn zu fahren. Dafür bezuschussen wir die Bahn ständig! Die Schweröl-Kreuzfahrtschiffe sind wo besteuert, und können mit Top Inklusivleistungen auch die Preise drücken, deren Mitarbeiter sind alle sozial- und pensionsversichert?
Wir haben defacto einen Negativzinssatz, die Banken verlangen uns seit „Krisenmodus“ aber nach wie vor 2-3,5 % an Zinsen, ein verdreifachter Aufschlag zur Vorkrisenzeit! Wir zahlen in unserer Branche Millionen €€ Werbegeld an google-facebook-instagram-booking-expedia. Wieviel haben diese Konzerne zu besteuern?
Wir haben leider zuviele Handaufhalter im System, die für die tägliche Wirtschaftsleistung nichts beisteuern, aber wie die AK unsere Branche aufgrund der Aussenbedingungen verteufelt. Gerade die Lohnverhandlungen sind jetzt spannend, man streikt schon vor Verhandlungsbeginn, damit die Erhöhung groß genug für die eigene Tasche wird. Von den eur 50,– Nettolohnerhöhung hat der Unternehmer wieder zusätzlich eur 70,– an die System-Handaufhalter abzuliefern, ein gerechtes System?
Mit diesem Druck werden die kommenden Jahre viele schöne, kleine traditionelle Betriebe zusperren. Aber das gleichen zum Glück Airbnb,Cooees,Trendhotels,….aus.
Lieber Herr/Frau? Nothegger, liebe Frau Haunschmid, lieber Herr Hartl,
ich hatte das Vergnügen heuer bei den Seefelder Tourismusgesprächen zu Gast zu sein.
Was Sie drei hier auf einer Seite kurz und prägnant zusammenfassen ist quasi schon mehr als bei den gesamten Tourismusgesprächen herausgekommen ist.
Dort ging es quasi um eine Zusammenfassung der bitteren Situation mit wenig Aussicht auf Besserung. Die einzige vage Hoffnung lag dabei auf gesetzlichen Änderungen. Mit einem Wort: Ernüchterung.
Die Veranstalter bemühten sich redlich mit Impulsvorträgen die unternehmerische Stärke der Anwesenden zu fördern und deren Blickwinkel zu ändern.
Ein Zitat eines Vortragenden aus der Diskussion blieb mir besonders in Erinnerung:
„Aufgrund der demografischen Entwicklung sehen wir für die nächsten 15 bis 20 Jahre keine Besserung in der Personalsituation.“
Scheinbar ist der Druck noch nicht groß genug für radikale Änderungen.
Einige Gedanken zum Beitrag von Franz Hartl und den bisherigen Kommentaren.
Zur Zunahme der Zahl der Beschäftigten: Die 5.000 Beschäftigten, die 2018 in der Tourismusbranche jeden Monat dazugekommen sein sollen, also insgesamt 60.000, sind nur schwer nachvollziehbar. In der Broschüre „Tourismus und Freizeitwirtschaft in Zahlen“ sind rund 250.000 unselbständig Beschäftigte ausgewiesen bei einer Steigerung von 11 % innerhalb der letzten sechs Jahre, was im Schnitt 1,8 % pro Jahr ausmacht. Dazu kommen nahezu 60.000 Einzelunternehmer, gut 40.000 Privatquartiere, knapp 10.000 Urlaub am Bauernhof sowie 11.000 Seilbahnbeschäftigte (letztere plus 10 % in sechs Jahren). Macht somit insgesamt rund 370.000. Je nachdem ob man 370.000 oder 250.000 als Bezugswert hernimmt, ergibt sich daraus für 2018 eine Zunahme von 24 bzw. 16 %. Solche Steigerungsraten sind nicht realistisch. Und sollten sie tatsächlich stimmen, dann marschiert der Tourismus geradewegs in Richtung Blase.
Zu den Geschäftsmodellen und zur Qualität: Neue, weniger personalintensive Geschäftsmodelle in der Hotellerie sind zweifellos ein Gebot der Stunde. Franz Hartl hat in einem seiner früheren Beiträge Beispiele genannt und weitere sind sowohl in den Feriendestinationen als auch in den Städten im Entstehen. Übrigens hat Manfred Kohl in seinem Kommentar zum damaligen Beitrag von Franz Hartl auf die zunehmende Bedeutung zeitgemäß ausgestatteter Mittelklassehotels hingewiesen.
Denn nicht alles, was im Tourismus landläufig unter Qualität subsummiert wird und zusätzlichen Personalaufwand verlangt, ist auch tatsächlich notwendig. Nicht Weniges zählt zur Kategorie Prestige. Dazu gehört wohl auch so manche exklusiv ausgestattete Suite, die nur während kurzer Zeitfenster zu adäquaten Preisen vermietet werden kann.
Zu den Steuern: Wenn man die ständigen Klagen über die eklatant hohe Besteuerung der touristischen Dienstleistung mitverfolgt, könnte man bei einem Blick auf die Leistungsfähigkeit anderer Wirtschaftszweige den Eindruck gewinnen, dass diese wesentlich weniger oder überhaupt keine Steuern bezahlen.
Zu den Löhnen: Zum Abschluss eine etwas ketzerische Frage. Lassen wir die ohnehin ständig bemühten Vorzeigebetriebe einmal außen vor und nehmen an, der Hotellerie würde es tatsächlich gelingen, ihre Preise auf das wirtschaftlich notwendige Niveau oder gar darüber hinaus anzuheben: Wie groß wäre dann wohl der Anteil jener Tourismusbetriebe, die bei den Löhnen so nachziehen würden, dass das Gros der benötigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diese als attraktiv erachten würden?
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