1. März 2022 | 15:19 | Kategorie:
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Fachkräftemangel: Doch nicht aufsperren, weil der Koch fehlt?

Endlich sind die Lockerungen da und der Tourismus kann – oder soll ich besser sagen könnte – neu durchstarten. Die Reiselust ist ungebrochen und eigentlich kann ein Aufatmen durch die Branche gehen. Doch ein Sorgenkind ist geblieben: es fehlt an allen Ecken und Enden am Personal.

Mehr als 70 % der Hoteliers und Gastronomen in Deutschland sehen laut Zukunftsinstitut im Fachkräftemangel das Hauptrisiko für die künftige Geschäftsentwicklung. Auch in Österreich musste im vergangenen Jahr knapp ein Drittel der Tourismusbetriebe aus Mangel an Mitarbeitern das Angebot reduzieren. Und in der Schweiz sucht ein Fünftel der Angestellten in Hotellerie und Gastgewerbe nach einer neuen Stelle – doppelt so viele wie in der Gesamtwirtschaft.

Warum ist das Arbeiten im Tourismus nicht attraktiv?

Obwohl Fachkräfte quer durch alle Branchen fehlen, ist doch der Tourismus besonders betroffen. Unregelmäßige Arbeitszeiten und Saisonalität, Überstunden und vergleichsweise niedrige Löhne, wenig Flexibilität bei den Entwicklungsmöglichkeiten und oft starre hierarchische Strukturen haben ihr Teil daran. Um Fachkräfte zu sichern, müssen wir uns also mehr um innovative Arbeitsmodelle und ein besseres Image als Arbeitgeber bemühen. Hier kann man unterschiedliche Hebel ansetzen.

Lösung: Auf Bedürfnisse der Arbeitnehmer eingehen

Um dem Problem der Saisonalität zu begegnen und attraktive Ganzjahresstellen bieten zu können, schlossen sich beispielsweise die Hochkönig-Bergbahnen und die Salzburger Festspiele zusammen. Bühnentechniker, die im Sommer bei den Festspielen beschäftigt sind, arbeiten im Winter bei den Bergbahnen. Damit ist dem Bedürfnis der Arbeitnehmer nach Sicherheit entsprochen.

Das Eingehen auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmer ist generell ein wichtiger Schlüssel in der Personalsicherung. Hier müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die jüngeren Generationen – vor allem die GenZ – völlig andere Erwartungen an den Job haben als frühere Generationen. Mit den klassischen, altbewährten Modellen gibt es kein Weiterkommen mehr. Den Jungen sind gute Beziehungen am Arbeitsplatz, eine positive Arbeitsatmosphäre und Teamwork am wichtigsten.

Auch flexible Arbeitszeiten, Vereinbarkeit von Arbeit und Familie, bessere Gehälter und Chancen, sich weiterzubilden und einzubringen, sind bedeutend.

Wem wird es also gelingen Mitarbeiter im Betrieb zu halten? Denjenigen, die es verstehen, auf menschliche (Entwicklungs-)Bedürfnisse einzugehen und Möglichkeiten zur Mitgestaltung bieten.

Gute Beispiele der Mitarbeiterbindung

Gelungene Beispiele gibt es bereits. Eines ist das Hotel Schindlerhof in Nürnberg, das unter Klaus Kobjoll seinen Führungsstil grundlegend geändert hat. Der mehrfach ausgezeichnete Hotelier des Jahres hat erkannt, dass man, um erfolgreich zu sein, Mitunternehmer braucht, die ihre Arbeit so erledigen, als wäre das Hotel ihr eigenes. Sein Credo lautet: „So viel Individualität wie möglich und so viel Konformität wie nötig.“ Mitarbeitende können z. B. ihr Gehalt selbst bestimmen, haben Zugriff auf alle Unternehmenskennzahlen und ein Herzlichkeitsbeauftragter kümmert sich um das Wohlergehen aller.

Das Resultat dieser alles anderen als gewöhnlichen Unternehmenskultur ist weniger Fluktuation bei den Mitarbeitern und ein positives Feedback der Gäste. Mehr dazu erfahren kann man in der 7. Episode unseres Vitalpin-Podcast #bergegnungen. Ein weiteres Beispiel lässt sich auch im Vitalpin Podcast nachhören. In der Episode 3 berichtet Peter Fetz vom Hotel Hirschen im Bregenzerwald, wie es auch ihnen durch die radikale Umstellung ihrer Personalpolitik gelungen ist, Fachkräfte zu binden.

 

2. März 2022, 9:16

„Was tun … wenn Mitarbeiter aus der Branche flüchten?“

Der aktuelle Artikel im Hotel & Touristik Essenz fasst die wichtigsten Punkte zusammen: https://stammgast.online/fileadmin/hut/ePaper/2022/0122/32/index.html

Zum nachhören gibt es auch eine kürzlich erschienene Podcast-Folge zum Thema „Employer Branding“: https://smarthotelkey.at/employer-branding-in-der-hotellerie/

2. März 2022, 10:31

…Kobjoll lebte diesen Führungsstil schon seit Jahrzehnten, sein Weg, Mitarbeiter zu unternehmerisch denkenden Menschen zu erziehen, war schon in den 90ern visionär….

2. März 2022, 12:39

„Das Eingehen auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmer ist generell ein wichtiger Schlüssel in der Personalsicherung.“ Das ist meines Erachtens der wichtigste Satz im Beitrag. Volle Zustimmung!
Was vielen Betrieben im Marketing hinsichtlich der individuellen Gästeansprache schon gut gelingt, ist bei der Personalarbeit oftmals noch nicht angekommen.
Das sieht man an den aktuellen Diskussionen und Meldungen zum Thema. Die generelle 4-Tage-Woche muss es sein. Eine gut gemeinte Sache, die aber genau das nicht erfüllt, was Theresa Haid sagt, nämlich auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmer:innen einzugehen. Und eine generelle 4-Tage-Woche ist nicht DIE Lösung, weil auch nicht alle Arbeitnehmer:innen das wollen. Lasst uns über positive Beispiele für eine generationen- und zielgruppengerechte Personalarbeit sprechen!

4. März 2022, 10:18

Danke für die Kommentare @Stefan Nungesser und @Gerald Grossbauer und danke für die ergänzenden Links @Marco Riederer.
Ich stimme euch zu, Kobjolls Führungsstil ist legendär, aber sicherlich nicht für alle ein Allheilmittel, weil es nur funktioniert, wenn man diese Werte auch tatsächlich als „Leader“ lebt – einfach zu sagen: „so, ab jetzt verhaltet ihr euch bitte so als wärt ihr alle Mitunternehmer (ABER entscheiden möchte eigentlich nach wie vor ich alles, weil schließlich gehörts ja auch nur mir und ihr tut ja nur so als ob’s euch gehören würd….), wird nicht funktionieren.
Und auch generelle Vorgaben wie @Stefan Nungesser angesprochen hat, werden nicht für alle funktionieren und passen – das seh ich auch so. Was wir brauchen, sind eine Vielzahl an innovativen und kreativen Ansätzen, um dieses Problem zu mildern. Das Aufzeigen von Best Practices kann dabei sicherlich unterstützen und ich freue mich über weitere gute Ansätze die ihr kennt!

25. März 2022, 10:47

Am 17. Mai 2022 wird die HOGAST im Design Center Linz neue Lösungsansätze gegen den Fachkräftemangel präsentieren: https://events.hogast.at/powertag2022/

27. März 2023, 4:58

Toller Beitrag! Die Mitarbeitergewinnung wird auch im Jahr 2023 von großer Bedeutung sein. Mit dem anhaltenden Fachkräftemangel und den steigenden Anforderungen an die Arbeitgebermarke und die Arbeitsplatzkultur werden Unternehmen noch stärker um die besten Talente konkurrieren müssen.

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