2. Februar 2022 | 08:08 | Kategorie:
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Schock oder Schockstrategie?

Als Lektorin im Masterstudiengang am MCI Tourismus in Innsbruck habe ich im Januar rund 50 Hausarbeiten gelesen, die sich mit Investitionsmöglichkeiten in die Tourismus- und Freizeitwirtschaft beschäftigten. Die Studenten konnten das Land selbst wählen, und so bekam ich einen ganz interessanten Überblick über den Status Quo in verschiedenen europäischen Staaten, aber auch in Ländern des amerikanischen, afrikanischen, asiatischen und australischen Kontinents.

Wie Tourismusländer mit dem „Schock“ umgehen

Dabei zeichnete sich das spannende Muster ab, dass Länder mit gut entwickelten Volkswirtschaften

  • 2019 nahezu ohne Ausnahme Rekordergebnisse im Tourismus verzeichneten;
  • sich bereits ab etwa 2016/17 mit der Frage beschäftigten, ob die stetige Zunahme der touristischen Nachfrage ökonomisch, ökologisch und sozial tragbar wäre;
  • Strategien für ein nachhaltigeres, „kontrolliertes“ Wachstum der Tourismus- und Freizeitwirtschaft entwickelten;
  • entsprechende Budgets etwa bis 2022 planten.

Und es zeichnete sich ein zweites, spannendes Muster ab, nämlich dahingehend, wie diese Länder auf die Covid-Pandemie und die damit verbundenen Einbrüche im Tourismus reagierten.

Für die eine Gruppe stellte und stellt die Pandemie tatsächlich einen „Schock“, ein disruptives Ereignis dar, das die Branche hart trifft und schwere Schäden in den Volkswirtschaften anrichtet. Ob, in welcher Form und vor allem in welchem Zeitraum die ursprünglich angedachten Strategien umgesetzt werden können, ist unklar.

Die zweite Gruppe wählt eher eine Art Vorwärtsstrategie, hat weniger Schaden genommen, weil intensiv auf Inlandstourismus gesetzt wurde, macht finanzielle Mittel locker, um die bereits vor der Pandemie geplanten Weichenstellungen nun rasch vorzunehmen. Es sind dies vor allem Staaten, die nicht sehr intensiv vom Tourismus abhängen. Nicht, weil dieser nicht wichtig wäre, sondern weil ihre Volkswirtschaften überdurchschnittlich gut diversifiziert sind.

Wir können mit Spannung beobachten, wie sich der Tourismus in verschiedenen Ländern unter diesen Vorzeichen neu ausrichten wird. Auf eines sei jedoch mit Deutlichkeit hingewiesen: Die Gefahr, dass die Pandemie zum Ereignis der „Schockstrategie“ wird, und die Interessen von Digital-, Finanz- und Gesundheitswirtschaft das künftige touristische Geschehen dominieren, ist hoch!

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