Liftkarte nur mit Registrierung: Alptraum oder Zukunft?
Die in Begutachtung befindliche Novelle zum Epidemiegesetz 1950 schafft eine Rechtsgrundlage dafür, dass Betriebe bei einer Pandemie personenbezogene Kontaktdaten von Gästen (mit deren ausdrücklicher Zustimmung) erheben und für das allfällige Rückverfolgen von Infektionsketten vier Wochen lang aufbewahren. Skigebiete würden dann wohl versuchen, Liftkarten Personen eindeutig zuzordnen, sodass im Anlassfall bei einer Umgebungsuntersuchung der Gesundheitsbehörde differenzierte Informationen zur Verfügung gestellt werden können. Dies ist aufgrund der „Bewegungsdaten“ möglich, wird doch in der Regel jeder Eintritt bei einer Aufstiegshilfe verzeichnet. Der neu vorgesehene Paragraph 5 Absatz 6 lautet im Begutachtungsentwurf wie folgt:
„(6) Betriebe, Veranstalter und Vereine sind – unbeschadet nach anderen Rechtsgrundlagen bestehender Erhebungs- und Aufbewahrungspflichten – verpflichtet, personenbezogene Kontaktdaten von Gästen, Besuchern, Kunden und Mitarbeitern, in deren Verarbeitung ausdrücklich eingewilligt wurde, zum Zweck der Erfüllung der Mitwirkungspflicht im Rahmen der Erhebung von Kontaktpersonen bei Umgebungsuntersuchungen für die Dauer von 28 Tagen aufzubewahren. Eine Verarbeitung der Daten zu anderen Zwecken ist nicht zulässig. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist sind die Daten unverzüglich zu löschen. Betriebe, Veranstalter und Vereine haben geeignete Datensicherheitsmaßnahmen zu ergreifen.“
Detail am Rande: Der Gesetzgeber sollte in den Erläuterungen zu § 5 Abs. 6 EpG feststellen, dass die geforderte ausdrückliche Einwilligung in die Verarbeitung der personenbezogenen Daten kein Recht begründet, bei Verweigerung derselben dennoch befördert oder beschäftigt zu werden.
Contact-Tracing als bürokratischer Alptraum
Um zu aussagekräftigeren Informationen zu kommen und eine Zettelwirtschaft sondergleichen zu verhindern, könnten die Liftkarten mit RFID-Standard auch zum Ein- und Auschecken in anderen Bereichen – wie beispielsweise der Berggastronomie – verwendet werden. Angesichts weniger Wochen Vorbereitungszeit ist jedenfalls ein Kraftakt der gesamten Branche erforderlich.
Denn die Prozesse bei den Verkaufsstellen, egal ob konventionelle Kassa oder Ticketautomat, zielen in der Regel nicht auf die Erfassung der Kontaktdaten ab. Der sogenannte Digitalisierungsgrad, der Anteil der DSGVO-konform registrierten Gäste, ist in Österreich meist sehr gering. Einerseits spielen Saisonkarten nicht so eine große Rolle wie beispielsweise in Nordamerika, andererseits sind Kundenbindungsprogramme wie GOPASS der Tatry Mountain Resorts unüblich. Auch hat bisher der Online-Verkauf eine untergeordnete Rolle gespielt. Derzeit dürften viele Skigebiete genau in diesem Bereich (also z.B. Ticketdrucker für den Pick-up) massiv investieren.
Hoffentlich lässt sich ein bürokratischer Alptraum für alle Beteiligten vermeiden. Aber gerade der Tourismus ist vom Erfolg des „Contact-Tracing“ abhängig. Das Vertrauen der Gäste zu verlieren oder fortgesetzt behördlich gesperrt zu werden, gilt es mit allen verfügbaren und vertretbaren Mitteln zu verhindern.
Erfahrungsbericht aus Niederösterreich
Ab der Wintersaison 2018/2019 wurde in einem Pilotprojekt bei den Annaberger Liften die konventionelle Kassa durch einen Self-Service-Bereich ersetzt. Der strategische Hintergrund war der hohe Anteil von Tagesgästen; möglichst viele Kunden sollten (wie 2016 hier am TP-Blog skizziert) registriert und beispielsweise per personalisierten E-Mail-Newsletter zum Wiederbesuch animiert werden. Dazu wurde mit den CRM-Experten Peter Krišťák und Milan Schnorrer eine Gesellschaft* gegründet, die zwischenzeitlich ein weiteres Projekt im tschechischen Lipno umgesetzt hat. Die Erfahrungen sind überaus positiv:
- Die Bereitschaft der Gäste, sich DSGVO-konform zu registrieren, ist hoch.
- Wartezeiten an der Liftkassa wurden selbst zur Stoßzeit gänzlich eliminiert, auch der Verkaufsvorgang selbst hat sich nicht verlängert.
- Der Anteil der bargeldlosen Bezahlung ist stark angestiegen.
* Der Autor vertritt die NÖ-BBG als Minderheitsgesellschafterin in der Skiwise GmbH.
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