Situationsbericht – Unternehmer erwachen in einem Alptraum
Leserbrief Teil 2 von der Prodinger Steuerberatung
Gerade vier Wochen ist es her, dass Österreich in künstlichen Tiefschlaf versetzt wurde. Vom Dornröschenschlaf kann aber leider nicht die Rede sein! Unternehmer und Mitarbeiter fühlen sich eher in einem Alptraum gefangen, der von Tag zu Tag drückender wird.
Sieht man sich die bisher getroffenen Unterstützungsmaßnahmen an, verwundert es, dass sich der Unternehmerzorn noch nicht vehement entladen hat. Wahrscheinlich nur deshalb, weil die Tragweite vielen noch gar nicht so richtig bewusst ist.
Während man bei der Kurzarbeit den Dienstnehmern von Anfang an zur Seite gesprungen ist und auch die Budgetmittel hierfür gleich massiv erweitert wurden, laviert man bei den Maßnahmen für die Unternehmen weiterhin herum. Unterschiedliche Förderanlaufstellen, unterschiedliche Programme usw.. Schnelle Hilfe? Mitnichten! Auch der politische Umgang mit der Durchsetzung gesetzlicher Entschädigungsansprüche aus dem Epidemiegesetz ist zum Fremdschämen. Offenbar nach dem Motto: Was nicht öffentlich wird, findet nicht statt. Das Thema Kurzarbeit wurde hingegen in der Zwischenzeit mehrmals angepasst. Man kann sich nur wundern, dass bei Kurzarbeit zwischen 80 und 85% des Nettolohns abgedeckt werden, den Unternehmern aber bei weitem nicht solche Unterstützungen zuteilwerden. Unternehmer dürfen um Kredite ansuchen, die sie dann brav abarbeiten dürfen. Wo bleibt hier die Gleichberechtigung? Abgesehen davon ist unter Praktikern bereits bekannt, dass dieses Modell der Kurzarbeit schlichtweg ein Fiasko in der Abwicklung ist/wird. Bis dato konnten Softwareanbieter dies nicht mal programmieren, weil es so „unpraktisch“ ist. Leider hat man mehr auf Pressemitteilungen gesetzt anstatt auf Umsetzung! Leider haben es hier auch die Interessenvertretungen verabsäumt auf eine praktische und rasche Umsetzbarkeit hinzuwirken.
Abgesehen davon sind die “Hilfskredite“ (der Begriff Hilfsmaßnahme ist unserer Meinung nach unpassend) an diverse Bonitätsbedingungen geknüpft, die einige Unternehmen nicht erfüllen. Diese sind nicht mal bei allen Programmen gleich! Es wiehert wieder einmal der Amtsschimmel. „Es ist alles so schrecklich kompliziert“ würde ein bekannter Politiker aus der Vergangenheit wieder einmal sagen.
Im Zuge des Härtefallfonds bekommen Neugründer € 500 p.m. Ernsthaft?? Da muss man jedem Neugründer empfehlen, den Gewerbeschein ruhend zu melden und zum AMS zu pilgern – um Stempelzeiten, so noch vorhanden, auszunützen. Ein hohes Maß an sozialer Inkompetenz wird dadurch ausgestrahlt.
Die Kriterien des Unternehmensreorganisationsgesetzes (URG) finden sich immer noch in den Richtlinien. Das Problem ist bekannt, doch es geschieht nichts, oder jedenfalls zu langsam. Ein durch die Krise entstandener Reorganisationsbedarf laut URG bremst das Unternehmen nachhaltig im Unternehmertum.
Zum Thema Fixkostenzuschuss: Wessen Umsatz um 40 bis 60% zurückgegangen ist, kann mit einem Kostenzuschuss von 25% der Fixkosten rechnen. Was soll das sein? Eine Hilfsmaßnahme oder eine Spende? Details sind mit 15.4. leider noch nicht bekannt, obwohl vorgesehen war diesen Fixkostenzuschuss mit 15.4. beantragen zu können!
Man weiß immer noch nicht, wie es mit den Sozialversicherungs- und Steuerstundungen weitergehen wird. Hier regen wir dringend die Möglichkeit an, diese Stundungen nach Ablauf der Covid-Maßnahmen in ein Darlehen umwandeln zu können. Als Laufzeit könnten wir uns beispielsweise fünf Jahre vorstellen. Und es sollten dabei keine Zinsen verrechnet werden.
Die „Corona-Krise“ muss im Insolvenzrecht unbedingt ihren Niederschlag finden. Es kann nicht sein, dass Unternehmer wegen der Krise unverschuldet um ihren privaten Besitz kommen oder womöglich gar noch strafrechtlich belangt werden.
Auch der Fixkostenzuschuss muss überdacht werden. Zumindest sollten die Unternehmen bei einem sinnvollen Zuschuss danach nicht auf einem Verlust sitzen bleiben. Ein solcher Verlust löst ja wieder viele Fragen im Sinne des Insolvenzrechts aus.
Die bisherigen gesetzlichen Maßnahmenbündel brauchen also noch zahlreiche Verbesserungen und Ergänzungen, damit nicht noch mehr unschuldig Betroffene auf der Strecke bleiben.
Unternehmer werden insolvent werden (auch gesunde Unternehmen!) oder kämpfen ums Überleben und manche Politiker reden schon über die Erbschaftssteuer. Wir ersuchen dringend, dass man sich um aktuelle Probleme kümmert!
Offener Brief – Teil 1: Shut Down oder shoot-down? Heimische Unternehmen knapp vor dem endgültigen Kollaps
Autor: Christoph Magauer, Geschäftsführer Prodinger
Die Prodinger Steuerberatung betreut aktuell mehr als 6.000 Kunden. Derzeit sind 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an 8 Standorten tätig.
Es titelt heute die ja nicht für marktschreierische Aufmachungen bekannte Presse, dass derzeit 24 % der Unternehmen nur noch vier Wochen überleben kann. Alle Praktiker an der Front sehen, dass Unternehmen mit den derzeit angebotenen Hilfestellungen wohl nicht das Auslangen finden werden.
Grundsätzlich ist die Hilfe richtig abgestimmt und könnte – wenn man das noch halbwegs zeitnah administrieren kann – ein brauchbares Mittel sein, das Schlimmste abzuwehren:
1. Eine rasche Versorgung mit Liquidität durch Einräumen eines Überziehungsrahmens, der durch den Bankensektor bereitgestellt wird. Um die Bereitschaft zu verbessern, einer Kreditausweitung zuzustimmen sollen großzügig eingeräumte Haftungen der Republik etwaige Bedenken zerstreuen.
2. Da die Einräumung zusätzlicher Kreditlinien zwar das unmittelbare Liquiditätsproblem löst, jedoch die Verschuldung in die Höhe treibt, die gerade über einen langen, mühevollen Weg abgesenkt werden konnte, ist für besonders betroffene Unternehmen eine zusätzliche Hilfe durch einen nicht rückzahlbaren Zuschuss vorgesehen. Dieser Zuschuss kann allerdings erst nach Vorliegen des Jahresabschlusses 2020 bemessen werden und daher wird dessen Auszahlung erst im Jahr 2021 erfolgen können. Dann wird er allerdings auch nur bei sehr massiven Umsatzrückgängen einen Teil der Verluste auffangen.
Aber der Teil 2 der Unterstützung ist viel zu knapp bemessen und wie sich zeigt, kommen viele Unternehmen mit den Regelungen für die Kurzarbeit nicht zurecht.
Neben den Gesetzen, die teilweise nicht den Beurteilungen durch den VFGH standhalten werden, ist auch in der Umsetzung der Unterstützungsmaßnahmen für die Wirtschaft Einiges über das Knie gebrochen worden. Abgesehen davon, dass tausende Ansuchen in kurzer Zeit erledigt werden müssen.
Aber insgesamt besteht da noch deutlicher Nachbesserungsbedarf und da sind Interessensvertretungen und Berater gefordert.
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