Sittenbild
Ein morgendlicher Streifzug durch den elektronischen Blätterwald bestätigt die in diesem Blog mehrfach geäußerte Befürchtung, dass es um so manche touristische Infrastruktur in diesem Lande nicht zum Besten steht. Vor allem dort, wo die öffentliche Hand über Jahre großzügig mittels Finanztropf diverse „Patienten“ am Leben erhalten hat, apern nunmehr große Probleme aus.In der Kleinen Zeitung liest man zum Beispiel über die Finanznöte verschiedener steirischer Freizeiteinrichtungen: vom Freizeitzentrum Stübing über das ehemalige Prestigeprojekt Vivarium, vom Mariazeller Europeum über die Thermen Fohnsdorf und Bad Radkersburg bis hin zum Elfenberg Mautern reicht die Liste jener Infrastrukturen, die wahrscheinlich nur mehr mit öffentlicher Finanzhilfe am Leben gehalten werden können. In Kärnten treten rund um den Hypo Alpe Adria Untersuchungsausschuss Details über touristische Fehlinvestitionen und Misswirtschaft zutage, die ihren unrühmlichen Anfang vor Jahren in den hochfliegenden Plänen der Politik nahmen. Im Burgenland macht das Land beim Verkauf der Sonnentherme Lutzmannsburg derzeit alles andere als eine gute Figur: der noch vor Weihnachten von der WIBAG als „großer Wurf“ gefeierte Verkauf an ein Konsortium aus Immorent und Harte-Holding scheint – wenn man den Berichten Glauben schenken darf – zwischen den Fingern zu zerrinnen. Dann heißt es wohl zurück an den Start! Auch nicht gerade überzeugend ist das Verhalten eines Bürgermeisters aus dem Stubaital, der die Lösung der Langzeit-Diskussion rund um die Zukunft des Freizeitzentrums weiter auf die lange Bank schiebt und dabei nicht davor zurückschreckt das Gesetz nach seinem Willen zu beugen – die Tiroler Tageszeitung weiß mehr darüber zu berichten. Alles in allem kein gutes Sittenbild, wie die öffentliche Hand in unserem Land mit touristischen Infrastrukturen umgeht. Leider dienen Freizeiteinrichtungen immer noch dem politischen Prestige und sind daher mehr dem kurzfristigen Wahlkalkül unterworfen als kaufmännisch vernünftigen und wirtschaftlich tragfähigen Lösungen. Wie lange werden wir uns das noch leisten können?
Bei infrastrukturellen Einrichtungen lohnt es sich jedenfalls einmal zwischen solchen zu unterscheiden, die grundsätzlich in der Lage sind oder sein sollten, wirtschaftliche geführt zu werden (Thermenanlagen mit Hotel, Hotels u. ä.) oder solchen, die kaum jemals das Licht der Wirtschaftlichkeit erreichen können.
Ist es im ersteren Fall die Unfähigkeit der aus irgendeinem politischen Einflußkreis stammenden Manager (siehe SKylink, Schloß am Wörthersee), die mit hochtrabenden Plänen starten und der dann meist in einem wirtschaftlichen Bauchfleck endet, für den dann wieder die Öffentlichkeit aufkommt.
Im zweiten Fall werden infrastruktuelle Projekte auch solange schön gerechnet, weil man sich anläßlich des unmittelbar bevorstehenden Spatenstichs noch nicht den Kopf über möglicherweise in fernerer Zukunft und von einem anderen Bürgermeister zu verantwortenden Abgängen den Kopf zerbrechen will.
Politische Veranwortung hat in Österreich noch kein Politiker dadurch getragen, dass er in seinen eigenen Säckel gegriffen hätte. Auch gerichtliche Verurteilung als Folge sind unbekannt. In diesem Fall wären nämlich manche Landesregierung oder Gemeindestube verwaist und dass wollen wir uns doch nicht antun.
Beim Blick auf zahlreiche Infrastrukturprojekte, insbesondere solche, die in nächster Nähe diverser Fördertöpfen angesiedelt sind, fragen sich kritische Beobachter schon seit langem, wie viel Zeit es wohl dauert, bis bestimmte Projekte auch für die Außenwelt sichtbar ins Wanken geraten und ihre finanzielle Misere nicht mehr verbergen können.
Die Ursachen dafür zeigt Franz Hartl in seinem Kommentar deutlich auf. Seine Ausführungen am Beispiel der Verknüpfung von Thermen und Hotels weisen aber auch darauf hin, dass es unabdingbar ist, touristische Infrastrukturen, egal ob öffentlich oder privat finanziert, in die touristische Wertschöpfungskette einzubinden. Der Ordnung halber sei hier auch angemerkt, dass es auf Gemeinde- und Landesebene sehr wohl Politiker gibt, die mit Infrastrukturinvestitionen im Tourismus verantwortungsvoll und vorausschauend umgehen.
Unabhängig davon kämpfen – wie im TP-Blog bereits mehrfach ausgeführt – auch Tourismusgemeinden mit angespannten Budgets. Damit sind ihre Möglichkeiten zur Infrastrukturentwicklung zunehmend eingeschränkt und die Tourismusorganisationen sind mehr und mehr gefordert, in diese Bresche zu springen: Und das geht in der Regel nur über die Erhöhung der tourismusspezifischen Abgaben. Um die notwendigen Erhöhungen zu erreichen, ist seitens der Verantwortlichen eine klare und nachvollziehbare Argumentation gegenüber den Mitgliedern bzw. Leistungsträgern erforderlich. Und das hat wiederum positive Auswirkungen auf die Qualität der Planung und Finanzierung der Infrastrukturen sowie auf deren Verknüpfung mit dem Gesamtsystem Tourismus in der Destination. Hier ist denn auch zu erwarten, dass Entscheidungen nicht von Prestigeüberlegungen geleitet sondern in erster Linie auf der Grundlage der Markterfordernisse getroffen werden
Der Verkauf der Therme Lutzmannsburg ist zumindest vorerst vom Tisch, wie einer aktuellen Presseaussendung der WIBAG zu entnehmen ist:
Insgesamt bleibt nach der mehrere Monate andauernden Erregungskurve (von euphorischer Verkündigung des nahezu perfekten Deals mit Immorent und Harte Holding bis zur nun offensichtlich ernüchternden Erkenntnis, dass dieser doch nicht zustande kommen kann oder soll) ein schaler Nachgeschmack – nach der Rechnungshof-Kritik rund um den Verkauf des Heilbads Sauerbrunn eine weitere Scharte. Die politische Flucht nach vorne mit der Ankündigung, von Seiten des Landes 20 Millionen Euro in Attraktivierung und Erweiterung investieren zu wollen, kann dies nicht wirklich ändern. Was bleibt ist die Gewissheit, dass politisch motivierte bzw. dominierte Verkaufsverhandlungen nicht die besten sein können.
[…] in der Regel ausgereizt und schlecht geplante Prestigeinvestitionen haben so manche Gemeinde enorm belastet ohne den erwarteten Erfolg zu bringen. Doch wenn auf Dauer Investitionen in die […]
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