15. November 2010 | 19:50 | Kategorie:
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Marken-Debatten

39559_158894900818216_100000931200895_279034_2545832_sÜber (guten) Geschmack lässt sich bekanntlich (gut) streiten. Kein Wunder daher, dass nach erfolgter Enthüllung des neuen Innsbruck-Logos Emotionen hochgehen. Pro´s und Con´s werden gegeneinander aufgewogen, mehr oder weniger sachliche Debatten ausgetragen, eine Facebook-Gruppe wird zum offenen Forum für berechtigten und unberechtigten Sarkasmus. Ob mit einem Logo allein der große Wurf gelingen kann, wage ich ganz persönlich ja zu bezweifeln. Haben wir Ende der 1980er Jahre noch der Werbung gehuldigt und Anfang der 1990er Jahre alles auf „CI“ und „CD“ umgekrempelt, hat uns inzwischen die Realität längst eingeholt. Ist das Produkt mässig, hilft auch die beste Werbung nichts. Auf den Fall Innsbruck trifft das deshalb zu, weil dieses Markenlogo ja möglichst alle Facetten der Stadt am Inn widerspiegeln soll. Touristisch gesehen ist die Landeshauptstadt im Jahr 2010 ja nicht schlecht unterwegs gewesen, aber wie sieht es mit dem Universitätsstandort aus? Wie mit der Kultur? Wie mit der Lebensqualität für die Bevölkerung? Ich selbst habe 13 Jahre dort gelebt, davon neun mit Kind, und wage hier zu behaupten, dass Innsbruck nicht zu den kinderfreundlichsten Städten Österreichs zählt. Das übertüncht man auch nicht, indem man einen bunten Schriftzug „Kinder“ unters Logo setzt. Fazit: egal, wie man zu diesem Logo steht – ein neues Corporate Design Konzept wird die politischen Fehlentscheidungen und Versäumnisse am Universitäts-, Kultur- und Wirtschaftsstandort Innsbruck kaum wettmachen.

16. November 2010, 17:40

Liebe Ulrike,

Es tut mir leid, aber ich habe bis dato noch keine Pro´s über dieses neuen Innsbruck Logo registriert – ein kurzer Blick in alle mir bekannten Foren würde dazu ausreichen!

Ich möchte vorweg nehmen, dass es mir als Aussenstehender, nicht in den Prozess eingebundener Betrachter, in keinster Weise zusteht, über diese Entscheidung zu urteilen.

Ich muss aber deshalb kurz Stellung beziehen, da in einem Leserbrief in der TT vom Samstag das neue Innsbruck Logo als eine Art Kopie des aktuellen Ötztal Logo´s bezeichnet wurde!

Normalerweise ist man ja stolz auf derartige Vergleiche. Vor allem dann, wenn sich eine „Weltstadt“ ein Logo aus der „Provinz“ zum Vorbild nimmt. In diesem Falle sind wir das aber leider nicht!

Deshalb ist es uns ein großes Anliegen, darauf hinzuweisen, dass es in keinster Weise Parallelen zu unserem Logo gibt!
Weder in der grafischen Gestaltung (invers, Rahmen, Sinnhaftikeit der Trennung, etc.),noch in der politischen Dimension (Agentur, Entscheider, etc.)in einen derartigen Prozess und schon gar nicht in Bezug auf die angeführten Kosten, die der gesamte Markenbildungsprozess verschlungen haben soll!

lg
Oli´
ver

16. November 2010, 23:03

Zunächst will ich mich der Feststellung von Oliver Schwarz anschließen, dass das neue Innsbrucker Logo in verschiedenster Hinsicht (Entstehung, Gestaltung usw.) nicht mit dem Ötztal Logo vergleichbar ist, und ich muss auch seine Beobachtung bestätigen, dass bislang keine positiven Stellungnahmen zum neuen Logo zu finden sind. Das gilt z.B. für die insgesamt rund 70 Meldungen auf tt.com und bei Facebook. Auch wenn diese Kommentare über weite Strecken von Ironie und Sarkasmus geprägt sind, so mag auch hier gelten, was man üblicherweise Gerüchten nachsagt: „Irgend etwas wird schon dran sein!“

Man tut sich auch nicht leicht, dem Logo jene Qualitäten zuzuordnen, die ihm bei seiner offiziellen Präsentation attestiert wurden: „Dialog der Kontraste zwischen urban und alpin“ oder „jung – spritzig – frech“ usw. Aber wie Ulrike Reisner schon sagte: „Über (guten) Geschmack lässt sich bekanntlich (gut) streiten.“

Natürlich ist es nicht leicht, das in einem Logo abzubilden, was im Zuge eines Markebildungsprozesses als Kernidee, als Werte, als Nutzenversprechen usw. herausgearbeitet wurde. Darüber hinaus gilt es auch jene Rahmenbedingungen zu beachten, die unmittelbar mit dem praktischen Einsatz des Logos auf Werbemitteln, im Internet, im TV usw. zusammenhängen. Bei Innsbruck Tourismus kommt auch noch die Aufgabe hinzu, das Innsbruck-Logo zumindest mit dem Namen einiger der ca. 30 zum Tourismusverband gehörenden Gemeinden zu kombinieren.

Wirft man einen Blick auf die inhaltlichen Ergebnisse des Markenentwicklungsprozesses, der im Vorfeld der Logo-Kreation gelaufen ist und der ohne Zweifel profes-sionell abgewickelt wurde, so steht den Verantwortlichen in Innsbruck jetzt noch ein hartes Stück Arbeit bevor: Denn es gilt jene Werte, Inhalte und Nutzenversprechen, die Innsbruck laut Markenkonzept verkörpert oder verkörpern will, über eine treffsichere Bildsprache und ein adäquates Wording dem neuen Logo zuzuordnen, um schlussendlich das Logo für sich selbst sprechen zu lassen. Zweifellos ein herausforderndes Unterfangen!

17. November 2010, 11:12

Zwei Anmerkungen hätte ich noch zu machen:

1. Man sollte die Gunst der Stunde nutzen und mit der Neuausrichtung den absolut unglücklichen Slogan „Innsbruck und seine Feriendörfer“ in die „Wüste“ schicken! Bin mir aber fast sicher, dass es sich dabei auch um eine politische Entscheidung handelt und in weiterer Folge handeln wird und damit ist eh´schon alles gesagt – in der Politik muss ja bekanntlich der Wurm dem Angler schmecken und nicht dem Fisch!

2. Als nach wie vor im Mittelgebirge wohnhafter, gebürtiger Innsbrucker und absoluter Fan dieser Stadt, regen mich (nicht nur aus touristischer Sicht) meine Erlebnisse im Rahmen einer Bergtour auf die Seegrube weit mehr auf, wie die derzeit laufende Logo Diskussion!

Es ist wohl unbestritten, dass die Seegrube und das Hafelekar genau diese Einzigartigkeit bieten, die Gäste nicht nur zufriedenstellen, sondern begeistern. Genau darin spiegelt sich ja auch das „urban-alpine“ wieder!

Für diese Einmaligkeit kann Innsbruck aber nicht viel – die ist von der Natur so vorgegeben – eine Bahn dorthin ist auch keine Weltsensation, sondern eher Mittel zum Zweck! Sobald es aber darum geht, den Gast willkommen zu heissen, bzw. Gastfreundschaft und Dienstleistung erleben zu lassen, die mit dieser natürlichen Einzigartigkeit mithalten kann – dann gute Nacht!!!

Die Gastronomie ist eine einzige Katastrophe – die mit Essensresten und verschmutzten Geschirr angehäuften Tableaus empfangen die Gäste bereits beim Ausgang aus dem Bahngebäude – genau dort, wo der Gast eigentlich das „Wow-Erlebnis“ empfinden sollte! Dieser Zustand setzt sich dann auf der Terrasse fort und verfolgt einen bis zum Eingang in den SB Bereich!

Dort angekommen, erlebt man die Innsbrucker/Tiroler Gastfreundlichkeit auf höchstem Niveau – lediglich ausländische Hilfskräfte sind zugegen, die bei drei von fünf Speisen in gebrochenem Deutsch „ist aus“ verkünden! Wenn man sich dann für eine noch übriggebliebene Knödelsuppe entschieden hat – dann handelt es sich um ein lauwarmes „Geschlader“ mit „Dingern“ drinnen, die das Wort Knödel nicht verdienen!

Abschliessend – und darauf gehe ich hier nicht näher ein – würde ich jedem Verantwortlichen für dieses Gesamterlebnis noch den Besuch auf der Toilette empfehlen!

Warum ich das hier so ausführlich schildere ist deshalb, weil es mir einfach im Herzen weh tut, wenn man ein absolutes Highlight, um das uns viele beneiden mit derartigen negativen Eindrücken füllt und somit das Gesamterlebnis zunichte macht!

Nachdem ich natürlich mit einigen über meine negativen Erlebnisse gesprochen habe (wie auf der Uni gelernt mit 10x mehr, als über die positiven) kann ich getrost berichten, dass es sich dabei keinesfalls um einen subjektiven Einzelfall handelt!

Ich will damit nur sagen – wir können noch soviel über Schriftzüge, Logo´s, etc. diskutieren – wenn, wie in diesem Fall, die Dienstleistung und die Gastfreundschaft nicht passt, dann kann auch aus einem unvergleichbarem Produkt ein negatives Gesamterlebnis werden!

Schade eigentlich!

19. November 2010, 11:09

Über Logos lässt es halt immer noch am Besten streiten!

Obwohl ich mir mal vorgenommen habe an Logodiskussionen nicht mehr teilzunehmen, muss ich hier ein paar Statements los werden:

Logo ist nicht gleich Marke. Eine Marke muss Bilder im Kopf hervorrufen, Sehnsüchte erzeugen, Emotionen wecken. Wissen wir. Ein Logo (ergänzt um das Corporate Design) dient der Widererkennbarkeit. Das mag im Supermarkt durchaus Sinn machen („Ich kaufe immer die grüne Zahnpasta“), im Tourismus ist meines Erachtens die Kontakthäufigkeit zu gering um Logos zu lernen. Stammgäste mögen Logos kennen, was aber nebensäclich ist, denn deren Reiseziel steht fest. Wechselurlauber beschäftigen sich ein- bis dreimal im Jahr mit Urlaubsdestinationen, allerdings meist mit anderen und oft auch auf anderen Ebenen (Land, Region, Ort, Hotel). Mit sowenig Kontakten kann ein Logo nicht gelernt werden. (Und der Tourismus hat nicht die Kraft der Konsumgüterindustrie Logos mit geballter TV-Werbung in die Köpfe zu bringen). Machen Sie den Selbsttest: Welche (nicht-österreichischen) touristischen Logos fallen Ihnen spontan ein? Es werden wohl nicht mehr als eine Hand voll sein.

Das wichtigste Kommunikationselement von touristischen Marken ist meines Erachtens der Name. Ich kenne das Logo von Paris, der Toskana oder Las Vegas nicht, die Namen lösen in mir aber gewisse Vorstellungen aus. Für mich heißt das im Umkehrschluss, dass ein Logo vorrangig eine Aufgabe hat: Aufzufallen und gut lesbar zu sein, damit der Name wirken kann.

Dieser Trend ist auch zu beobachten: Logos werden einfacher (Schnörkel wie Bergsilhouetten, Symbole und Mehrfarbigkeit fällt weg), auffallender (rot, röter, am rötesten), besser lesbar (vgl. die klare Schrift vom Ötztal, Innsbruck oder Wien) und kompakter. Kompakter heißt auch: bei vorgegebenem Platz (denn der ist zu bezahlen) maximale Größe und damit Wirkung zu erzielen. Lange Namen haben hier bei annähernd quadratischen Flächen ein Problem, sie müssen zwangsläufig kleiner dargestellt werden. Darum wurde der Name „Inns`bruck“ meines Erachtens (mit Hilfe des umstrittenen Apostrophs) auch auf zwei Zeilen aufgeteilt.

Betrachtet man das Innsbrucklogo aus diesem Blickwinkel, so ist festzuhalten: Es ist kompakt, es fällt auf, es ist gut lesbar. Es ist weder sonderlich originell, noch schön, noch sympathisch. Das muss es auch nicht sein, sondern Innsbruck muss diese Eigenschaften haben, damit potentielle Gäste die „Inns`bruck“ lesen, diese Bilder in Ihrem Kopf haben.

20. November 2010, 11:02

Als ehemaliger ÖW-Werbeleiter und Univ.-Lektor für Tourismusmarketing verfolge ich die Logodiskussion seit über 30 Jahren. Ich unterstütze den Hinweis von Oliver Schwarz „…. und seine Feriendörfer“ abzuschaffen sowie die Erklärungen von Lukas Krösslhuber über die Aufgabe eines Logos. Ganz entscheidend ist die Werbebotschaft, die mit der Marke verbreitet wird. Damit haben viele Organisationen und Unternehmer Probleme, weil der Mut zu einer konkreten konsequent eingesetzten Aussage fehlt. Übrigens gibt es zum Markenthema noch einige Exemplare meines Fachbuches „MarkenLust und MarkenFrust im Tourismus“ um € 10,– + Versand = prof.ferner@aon.at

21. November 2010, 11:22

Guter Artikel Ulrike! Auch ich konnte bisher (ausser bei der Präsentation durch unsere geschätzte Bürgermeisterin) keine einzige Pro-Stimme lesen. Ob ein zweizeiliger Schriftzug 35.000 EUR wert ist, müssen wohl die Menschen beurteilen, die ihre Unterschrift auf die Banküberweisung gesetzt haben – die Vollversammlung des TVB Innsbruck ist ja in Kürze.

Umso mehr wundert mich ehrlich gesagt die (ausschliesslich negative) Diskussion. Wo sind denn die vollmundig angekündigten 150 Meiungsbildner, die in den Prozess involviert waren? In jedem normalen Kommunikationsprozess sind solche menschlichen Multiplikatoren ein unverzichtbarer und minutiös geplanter Bestandteil. Aber die Agentur Headquarter hat ja bereits unlängst beim grandiosen Wahlkampf der Wiener ÖVP gezeigt, was in Ihnen steckt … wir dürfen also gespannt sein.

22. November 2010, 10:04

Geschätzte Diskutanten rund um das Innsbruck Logo.Ich bin keine Logo-Expertin, aber mir gefällt das neue Innsbruck Logo auf den ersten Blick gut. Was ich allerdings als viel wesentlicher erachte ist der Prozess, durch den offensichtlich 150 Meinuntsbildner gemeinsam in vielen Treffen und Beratungen gegangen sind. Diese Gespräche, dieser Informationsaustausch, haben jedem Einzelnen neue Erkenntnisse gebracht, und haben mit Sicherheit zu einem neuen, qualitätsvollen Bewußtsein für die Marke Innsbruck beigetragen.
lg katleen

23. November 2010, 9:43

Auch ich bin der Meinung von Lukas, dass das Logo nebensächlich ist, wenn die Markenpersönlichkeit „Innsbruck“ (und die damit verbundenen Werte) beim Gast richtig ankommt. Leider werden trotz Einbindung von 150 Meinungsbildner die Attribute der Marke „Innsbruck“ von den Leistungspartnern zu wenig gelebt (siehe Blog von Oliver). Wahrscheinlich deshalb, weil die kleine Anzahl der involvierten Meinungsbildner sowieso engagiert ist und das große Ganze verstehen – und die andere Mehrheit der Leistungspartner sich nicht mit dem Thema Marke und Positionierung beschäftigt (wahrscheinlich geht es ihnen zu gut). Der Kontakt zum Gast findet nun mal bei den Leistungspartnern statt. Somit wird die Bewusstseinsbildung der Innsbrucker Leistungspartner der nächste Schritt der Verantwortlichen in Innsbruck sein!?
Viel Erfolg.
gerhard

23. November 2010, 16:47

eine marke muss eine geschichte erzählen, markant sein und neugierig machen. nicht umsonst ist die marke „tirol“ in europa so bekannt wie „puma“. der „tirol-schriftzug“ kommuniziert „stark, felsig, authentisch“ und ist damit unverwechelbar. auch bei stammgästen punktet eine „love mark“! das merkt man schon beim verkauf von merchandising-artikeln. noch einmal: „nullachtfünfzig“ wird nicht wahrgenommen!
ed wolffhardt, markendesigner

10. Februar 2011, 13:38

Fragwürdige Ehre: das neue Innsbruck-Logo ist in der „Deppenapostrophe-Kolumne“ des Standard gelandet…

http://blog.tirol.org/headlines-fur-das-innsbrucker-deppenapostroph/

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