Insolvenzrechtsänderungsgesetz – Was bedeutet es für Unternehmer im Tourismus?
Durch das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2009 (IRÄG 2009) soll ein einheitliches Insolvenzverfahren geschaffen werden, um künftig damit Sanierungen von Unternehmen zu erleichtern. Die Begutachtungsfrist endet mit 30. September. Geplant ist, das Gesetz noch in diesem Jahr zu beschließen.
Vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise sollen Sanierungen erleichtert werden. Anstelle der Unterteilung in Konkurs- und Ausgleichsverfahren soll ein einheitliches Insolvenzverfahren geschaffen werden, das bei rechtzeitiger Vorlage eines Sanierungsplans als Sanierungsverfahren, ansonsten als Konkursverfahren zu bezeichnen ist. Damit sollen die Schuldner zu einer früheren Antragstellung motiviert werden.
Gleichzeitig soll durch die Bezeichnung als Sanierungsverfahren auch für die Vertragspartner des Schuldners die Ausrichtung des Verfahrens klargestellt werden. Um die Sanierung im Insolvenzverfahren zu fördern, soll dem Schuldner für einen beschränkten Zeitraum der Spielraum zur Vorbereitung der notwendigen Maßnahmen gegeben werden: So soll die Auflösung von Verträgen durch Vertragspartner des Schuldners nur in Ausnahmefällen möglich sein und der Zugriff gesicherter Gläubiger auf Pfandgegenstände aufgeschoben werden.
Prinzipiell bleibt der Zwangsausgleich das zentrale Sanierungselement, jedoch soll er künftig, um den positiven Charakter einer Sanierung hervorzuheben, als Sanierungsplan bezeichnet werden. Wenn der Schuldner bei Verfahrenseröffnung qualifizierte Unterlagen (z. B. Vermögensplan, Status, Finanzplan) vorlegt und im Sanierungsplan eine Quote von mindestens 30 % anbietet, wird ihm die Eigenverwaltung unter Aufsicht eines Verwalters belassen.
Welche konkreten Änderungen lassen sich daraus für Unternehmen in Zahlungsnöten ableiten?
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Gelingt es glaubhaft den nicht besicherten Gläubigern eine Quote von 30 % anzubieten (Finanzplan) so bleibt die Eigenverwaltung des Unternehmers erhalten und 70 % der (meist kurzfristigen) Verbindlichkeiten sind erlassen.
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Sowohl die Kündigung von Miet- oder Leasingverträgen aber auch die Verwertung von Pfandgegenständen können zumindest für sechs Monate zurückgedrängt werden, um die Weiterexistenz des Unternehmens nicht zu gefährden.
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Vereinbarungen in Verträgen, dass eine Konkurseröffnung die Vertragsauflösung bedeutet sind ungültig.
Nach dem alles andere als erfolgreichen Unternehmens-Reorganisationsgesetz macht der Gesetzgeber einen neuen Anlauf Insolvenzen zu vermeiden. Waren die bisherigen gesetzlichen Regelungen vor allem von der Absicht getragen, das verbliebene Vermögen des Schuldners gerecht unter den Gläubigern zu verteilen, ist die neue Zielsetzung des Sanierungsverfahrens eindeutig die Betriebsfortführung. Die Absicht des Gesetzgebers ist jedenfalls positiv zu werten.
Trotzdem ist zu befürchten, dass Unternehmer nach wie vor zuviel Zeit verstreichen lassen, bevor sie sich selber und ihren Partnern die Tatsache einer Zahlungsunfähigkeit eingestehen, auch wenn das neu benannte „Sanierungsverfahren“ deutlich freundlicher klingt als „Konkursverfahren“.
Die Rechte für Unternehmer, die eine Fortführungsperspektive haben, sind jedenfalls gestärkt worden und die Chancen für eine Sanierung sind damit gestiegen. Aber auch auf den Unternehmer kommt mehr Verantwortung zu: rechtzeitige Einleitung des Verfahrens, Vorlage von Status und Finanzplan und zu guter Letzt die Aufbringung der Quote für einen erfolgreichen Abschluss sind als Hausaufgaben zu erledigen.
Interessierten sei der folgende Link zum Gesetzestext empfohlen: http://www.parlament.gv.at/PG/DE/XXIV/ME/ME_00083/imfname_166523.pdf
Dass die Betriebsfortführungsperspektive (endlich) auch vom Gesetzgeber mehr im Vordergrund steht, ist erfreulich. Damit kommt aber auch mehr Verantwortung auf die in der Tourismuswirtschaft tätigen Berater zu, „rechtzeitig“ der Warnpflicht nachzukommen und einen Sanierungsplan mit allen Beteiligten anzuregen. Aber was ist „rechtzeitig“? Nach wie vor im Sinne des URG? Lieber Franz Hartl, vielleicht ergänzt Du Deinen Hinweis um diesen Aspekt.
Die „Rechtzeitigkeit“ ist zweifellos ein Punkt, der vor allem aus Sicht der Unternehmer schwer festzulegen ist.
Im Sinne einer Sanierung mit Erfolgsaussichten sollte jedenfalls noch Gestaltbarkeit der Zukunft durch den Unternehmer im Sinne von freier Vermögensmasse oder Liquidität gegeben sein, um jenen Befreiungsschlag zu finanzieren, der die Zukunft des Unternehmens sichert. Haben nur mehr die Gläubiger das Wort, weil kein finanzieller Spielraum mehr besteht und ist auch eine Fortführung des Unternehmens bei Beibehaltung der bisherigen Geschäftspolitik wenig aussichtsreich, dann ist der Zeitpunkt zweifellos verpasst.
Da Insolvenzen sich in aller Regel nicht über Nacht einstellen ist auch die Anwendung der beiden URG-Kriterien (Eigenkapitalausstattung und Schuldentilgungsdauer) anhand der letzten Bilanz anzuraten. Lassen beide Kennzahlen Reorganisationsbedarf vermuten und gibt es keine Aussicht auf bessere Rahmenbedingungen in naher Zukunft (positive Fortführungsprognose) dann sind einschneidende Maßnahmen wie etwa das Einleiten eines Sanierungsverfahrens empfehlenswert.
Hilfreich in diesem Zusammenhang kann der „Leitfaden für Fortbestehensprognose“ sein, der 2006 von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, der Wirtschaftskammer Österreich und der KMU-Forschung Austria herausgegeben wurde.
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