GASTland Österreich auf der Suche nach dem Euro
Bei meiner Morgenlektüre stieß ich unter anderem auf zwei Beiträge zum Thema Tourismus, die mir die wachsende Paradoxie unserer (Freizeit)gesellschaft wieder einmal deutlich vor Augen führen: Da ist zum einen der (alle Jahre wiederkehrende) Bericht in der Tiroler Tageszeitung zum Thema Finanzierung der Bergrettung: Wo der Tourismus die Menschen mit schönen Bildern in die Höhen lockt, soll er auch seinen Beitrag zu deren Rettung leisten, so der Tenor der Bergrettung. Auf der anderen Seite bringt das Wirtschaftsblatt einen Artikel zum Thema Asylwerber in Tourismusorten um festzustellen, dass der befürchtete Imageschaden (noch) nicht eingetreten ist. Doch warnen Bürgermeister kleinerer Gemeinden davor, dass mit dem Ende der Saison die Versorgung der Flüchtlinge (Verkehrsanbindungen, Einkaufsmöglichkeiten etc.) schwieriger wird. Das GASTland Österreich auf der Suche nach dem Euro, um sich die eigene Hilfsbereitschaft leisten zu können. Paradoxe Parallelwelten, die hier aufeinanderprallen und wo jeder Versuch einer (moralischen) Wertung versagt.
Das Streben der (Tiroler) Bergrettung für ein nachhaltiges Finanzierungsmodell im Zusammenwirken mit dem Tourismus ist verständlich und mit Nachdruck zu unterstützen. Eine finanzielle Basis ist aufgrund von Förderungen, Sponsorengeldern, Mitgliedsbeiträgen und dem Verkauf von Ausrüstungsgegenständen (in Kombination mit einem Bergekostenschutz) ja bereits gegeben, aber allen, die aufmerksam die täglichen Meldungen über Bergunfälle verfolgen, muss rasch klar sein, dass die Aufwendungen der Bergrettung aufgrund der zunehmenden Zahl der Einsätze steigen – und das trotz Ehrenamtlichkeit.
Es ist zwar nicht Aufgabe einer Landestourismusorganisation einen finanziellen Beitrag für die Bergrettung zu leisten, aber auf Destinationsebene ist das durchaus zu argumentieren. Beiträge auf der Destinationsebene würden auch dem Umstand gerecht werden, dass nicht alle Tourismusregionen in gleicher Intensität vom Bergwander- und Bergsteigertourismus betroffen sind. Zudem denke ich, dass insbesondere dort, wo Tourismusverbände in das Bergwegenetz und in Klettersteige investieren, das Verständnis für solche Transferzahlungen gegeben ist.
Was aber wohl ebenso wichtig ist wie die notwendige finanzielle Absicherung der (Tiroler) Bergrettung sind Investitionen in die Vernunft und das Verantwortungsbewusstsein der Bergtouristen. Denn nicht wenige Unfälle passieren, weil die Leute ihr subjektives Leistungsvermögen überschätzen und sie auch nicht in der Lage sind, die objektiven Gefahren am Berg richtig zu beurteilen. Auch hier ist der Tourismus gefordert, selbst wenn es einer Gratwanderung gleichkommen mag, auf der einen Seite die Berge touristisch zu bewerben und auf der anderen Seite darauf hinzuweisen, dass das Bergsteigen (und für manche wohl auch das Bergwandern) als Risikosportart einzustufen ist.
Die Sorglosigkeit mancher Leute, die in die Berge gehen, wird wohl auch durch die modernen Kommunikationsmittel gefördert. Das Handy verleiht eine gewisse Sicherheit, da ja (fast) jederzeit ein Notruf abgesetzt werden kann. Dass diese Mentalität offenbar um sich greift, habe ich vor kurzem selbst erlebt. Beim Warten auf die Gondelbahn bin ich mit einem einheimischen Bergsportlehrer ins Gespräch über die von mir geplante Tour gekommen. Auf meine Aussage hin, dass ich noch nicht sicher bin ob ich die schwere oder die leichtere Variante wähle, hat er mit zur Antwort gegeben: „So wie du gebaut bist, packst du locker die schwierige Route und – mit einem humoristischen Unterton – im Notfall kannst du immer noch den Rettungshubschrauber anrufen“.
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