Energieautonome Destination
Das Thema Energieeffizienz wurde in den letzten Jahren immer wieder auch im touristischen Bereich diskutiert. Zu Recht natürlich, denn das Thema betrifft Betriebe, Gemeinden und sämtliche Initiativen im Tourismus. Häufig stehen dabei Hotels im Schaufenster, für die auch bereits hilfreiche Leitfäden u.ä. entwickelt wurden. Ein richtig großes Ziel – man könnte es als visionär, zumindest aber als sehr ambitioniert bezeichnen – hat sich nun das Land Vorarlberg gesetzt und in der vergangenen Woche bei der Vorarlberger Seilbahntagung präzisiert:
Das Ländle will im Jahre 2050 energieautonom sein!
Das geht nun deutlich einen Schritt weiter als die meisten bisherigen Bemühungen in den Gemeinden und Ländern. Energieautonom bedeutet dabei – so der einhellige Beschluss aller Landtagsparteien – dass Vorarlberg bis 2050 eine nachhaltige, das heißt in der Jahresbilanz ausgeglichene und vollständig auf erneuerbaren Energiequellen gegründete, Energieversorgung erreichen will. Das Modell beruht auf vier Säulen:
- der Mobilität – hier gilt Vorarlberg mit seiner VLOTTE oder dem E-Bike-Projekt Landrad bereits als Vorreiter,
- dem Ausbau der Wasserkraft – die liegt in dieser Region als erneuerbare Energiequelle natürlich auf der Hand,
- der Energieeffizienz – ein wichtiger Baustein – und nicht zuletzt
- der Aus- und Weiterbildung.
Alle diese Säulen sind auch für den Tourismus von größter Relevanz, wie auch an der ausgewählten Modellregion Lech Warth offensichtlich wird. In dieser höchst tourismusintensiven Region für Gäste mit gehobenen Ansprüchen und einer energieintensiven Freizeitgestaltung wie Skifahren und Wellness werden Energiemanagement, Ökologie und Nachhaltigkeit großgeschrieben. Aufbauend auf dem Motto „Die beste Energie ist die, die wir gar nicht verbrauchen“ geht es um Einsatz und Bewerbung von neuester, effizienter und sinnvoller Technologie zur Energieerzeugung im Ort. Das bei seinem Start im Jahre 1999 größte Biomasseheizwerk Österreichs, das Ortsbussystem, das Tunnelsystem Oberlech mit seinen Elektrofahrzeugen oder der Projektunterricht an den Volksschulen sind Bausteine der Modellregion. Die Teilnahme der Seilbahnen an der Modellregion sowie die Teilnahme der Modellregion am Projekt VLOTTE mit einer eigenen Verleihstation für E-Autos, E-Roller und E-Fahrräder sind da schon fast selbstverständlich.
Überhaupt scheinen sich die Seilbahnen intensiv um einen guten Umgang mit Energie zu bemühen. Auch wenn in der Realität ein Schitag pro Besucher weniger Strom verbraucht als ein Besuch in einer Therme oder in einem Hallenbad, wollen die Seilbahnen ihr „Energiefresser-Image“ gerne loswerden. Bei Neubauten ist hierzulande etwa die Nutzung der großen Mengen an produzierter Antriebswärme für den Wärmebedarf der umliegenden Gebäude – Restaurants, Schiverleih …) beinahe Standard. Investitionen in bestehende Gebäude in Form von Wärmepumpen, Leitungen, etc. können sich bei guter Eignung in 10 bis 12 Jahren amortisieren. Die Schweiz bezeichnet hier Österreich als vorbildhaft, was jedoch kein Grund sein sollte sich auf den Lorbeeren auszuruhen.
Kosten, Umwelt und Image – zumindest drei Gründe für den Tourismus, um an der Energiewende mitzuwirken. Spannende Zeiten sind das, finden Sie nicht?
Der zukunftweisende Umgang mit Ressourcen, vor allem im Energiebereich, wird für eine „energieintensive“ Branche wie den Alpintourismus mit Sicherheit spielentscheidend sein. Projekte wie die Modellregion Lech Warth oder der Mobilitätsansatz von Alpine Pearls sind, neben glücklicherweise immer zahlreicher werdenden anderen Beispielen, Ansätze, die in eine gute Richtung weisen. Worum wir uns im alpinen Tourismus allerdings intensiv bemühen müssen, ist die Sicherstellung der Mobilität und Energieversorgung im überregionalen bzw. internationalen Bereich: nur wenn die Urlaubsdestination Österreich für Gäste aus aller Welt auch in zehn Jahren noch „sicher“ und „leistbar“ (im Idealfall auch „umweltschonend“) erreichbar ist, werden sich die Bemühungen der Destinationen um Energieautarkie und selbstständige Mobilitätslösungen auch gelohnt haben. Andernfalls fürchte ich, dass die Frage der internationalen Anbindung für Österreich und seine Destinationen nicht mehr steuerbar und damit zum Wettbewerbsnachteil wird.
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