16. Juni 2024 | 15:11 | Kategorie:
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Digitaler Euro: Eine Fluchtwährung?

Im ersten Teil unserer Mini-Serie zum Digitalen Euro haben wir darüber gesprochen, dass der Wert des Bargeldes mit dem Vertrauen in dieses Zahlungsmittel steht und fällt. Wenn das Publikum Zweifel an der Zahlungsfähigkeit der Bank hat, wird es versuchen, seine Einlagen so rasch wie möglich zurückzuholen. Im Extremfall kommt es zu einem Bank Run.

Jetzt lesen wir im Zusammenhang mit dem digitalen Euro, dass dieser – anders als Bargeld – größere Sicherheiten bieten und sich daher besonders gut als Fluchtanlage eignen könnte. An diesem Punkt greifen wir den Faden wieder auf und wenden uns einem weiteren Argument der Lobby des digitalen Euro zu: Der digitale Euro wird keine Zinsen, weder positive noch negative, abwerfen. Er wird ein Zahlungsmittel sein, kein Anlagevermögen.

Bargeld schützt – oder doch nicht?

Denis Beau, First Deputy Governor der Banque de France, hat zu diesem Thema kürzlich ausgeführt: „Mit der Umstellung der Volkswirtschaften auf die Digitalisierung wird Bargeld immer seltener für Zahlungszwecke verwendet. Das Aufkommen von bargeldlosen Zahlungsinstrumenten wie Karten hat natürlich viele Vorteile mit sich gebracht, da sie einfachere, schnellere, bequemere und sicherere Zahlungen ermöglichen. Bargeld hat jedoch einzigartige Eigenschaften, die im digitalen Raum nicht vorhanden sind. Aus diesem Grund stellen wir uns den digitalen Euro in erster Linie als „digitale Banknote“ vor, die es ermöglicht, die Eigenschaften von Bargeld im digitalen Raum beizubehalten.“[2]

Ergänzen wir wieder ein paar Fakten: Rein wirtschaftlich betrachtet bestehen die Vorteile von Bargeld für uns darin, dass es uns vor einem Zugriff des Staates, beispielsweise durch übermäßige Besteuerung oder durch Negativzinsen schützt.

Dieser Vorteil ist gleichzeitig ein Nachteil: Die Notenbank kann Bargeld in Form von Banknoten nicht verzinsen. Wer Bargeld unter der Matratze (oder sonst wo) hortet, erhält keine Zinsen. Vor Inflation ist er dennoch nicht geschützt.

Keine Zinsen für den Digitalen Euro

Wenn der digitale Euro also eine „Banknote mit Bargeld-Eigenschaften“ sein soll, erhalten wir keine Zinsen für unsere Bestände, dürfen unsere Bestände aber auch nicht beliebig ausdehnen. Dies wird auch durch ein Argument der EZB ergänzt, an das wir immer denken sollten: „Die EZB wird jede potenzielle Bedrohung des Finanzsystems durch den digitalen Euro minimieren. Daher wird der Betrag in digitalen Euro, den Nutzerinnen und Nutzer auf ihren Konten halten können, begrenzt sein, um auch in Krisenzeiten Abflüsse von Bankeinlagen zu verhindern.

Jetzt kommen wir dem Kern der Sache etwas näher: Wir wissen, dass die Menge an Notenbankgeld vergrößert werden muss, wenn es zu einem Bank Run kommt. Wir wissen, dass Notenbanken – und auch die EZB ist eine Notenbank – nicht in die Illiquidität rutschen oder in Konkurs gehen kann (weil sie das Geldschöpfungsmonopol besitzt und Geld drucken kann).

Aber wenn die Notenbanken überschuldet sind (und ausgegebene Banknoten werden als Schulden verbucht), dann verlieren sie ihre geldpolitische Handlungsfähigkeit und das Vertrauen in die Währung schwindet. Der Rückkauf von „Schulden“ in Form von „Geld“ muss nämlich durch Vermögenswerte der Notenbanken gedeckt sein, was sehr häufig nicht der Fall ist.

Finanzpoilitische Stabilisierung

Vor diesem Hintergrund ist auch die aktuelle Aussage des Präsidenten der Deutschen Bundesbank zu verstehen: „Wenn man mich vor 20 Jahren gefragt hätte, ob das Geschäftsmodell der Zentralbank zerstörbar ist oder nicht, hätte ich nein gesagt. Heute bin ich mir da nicht mehr so sicher – wir müssen an unserem Geschäftsmodell arbeiten.“

Wir können also resümieren: der digitale Euro als Bargeld-ähnliche Form des Zentralbankgeldes soll vor allem der Stabilisierung der politischen Finanzsysteme dienen. Er soll verhindern, dass es in Krisenzeiten zu hohen Abflüssen von Bankeinlagen kommt, was Staat und Bankensystem dienlich ist. Er soll die zentrale Rolle der Notenbanken sichern, die ihr Monopol nicht zuletzt durch den enormen Aufschwung von Kryptowährungen gefährdet sehen.

Die EZB argumentiert, dass der digitale Euro das Leben erleichtert, risikofrei ist, weithin verfügbar und nutzerfreundlich. Von solchen Argumenten sollten wir uns nicht blenden lassen. Denn mit der technologischen Komponente einer digitalen Zentralbankwährung sind Risiken verbunden, die wir bei physischem Bargeld definitiv nicht haben. Dies wird im dritten Teil unserer Mini-Serie behandelt werden.

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