Der Traum vom ewigen Wachstum
Rund um den Jahreswechsel sorgt der Tourismus auch heuer wieder für gute Stimmung. Während andere Branchen mit Rückgängen zu kämpfen haben und die Arbeitslosigkeit steigt, jagt in der Freizeitwirtschaft eine Jubelmeldung die andere: Rekordjahr 2012, hervorragende Auslastung über die Feiertage, positive Aussichten für den weiteren Winter. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner lässt sich in einem Interview sogar zur Aussage hinreißen, dass er die wirtschaftliche Zukunft im Tourismus sieht – zumindest wenn es um die Entwicklung seiner Heimatregion, des Mühlviertels geht.Doch angesichts der ungebrochen positiven Entwicklung, vor allem im Wintertourismus, könnte man bald meinen, dies treffe auf zahlreiche Regionen in Österreich zu. Tourismus als Wirtschaftsmotor? Ich habe aus meiner skeptischen Haltung zu diesem Thema nie ein Hehl gemacht. Nicht, weil ich den Leistungen und dem Einsatz von Österreichs Touristikern nicht Respekt zolle. Nicht, weil mir die Dynamik der Freizeitwirtschaft nicht bewusst wäre. Sondern in erster Linie, weil mir der „hohe Staatsanteil“ in dieser Branche Sorgen bereitet: die Errichtung von Infrastrukturen, die ohne den Einsatz öffentlicher Gelder undenkbar wären; die Investitionen von Ländern und Gemeinden in Tourismusprojekte, für die private Investoren alleine nicht zu gewinnen sind; der wachsende Aufwand von Steuermitteln, vor allem im Bereich der touristischen Vermarktung. Die Investitionen der privaten Unternehmer im Tourismus (sowohl die materiellen als auch die immateriellen) bauen darauf, dass diese Rahmenbedingungen stabil bleiben. Doch dürfen wir wirklich davon ausgehen? Die aktuellen Finanz- und Politskandale führen uns Tag für Tag eindringlicher vor Augen, dass es sich – auch wenn man uns das glauben machen möchte – dabei weniger um die Machenschaften einiger weniger korrupter Seelen als um die immer stärker werdendenden Symptome eines an sich überholten Systems handelt. Dieses System versucht Wohlstand auf Kosten der Verschuldung zu schaffen und glaubt immer noch, dass man Nachfrage künstlich erzeugen kann, um die Produktion anzukurbeln. Dafür ist, scheint´s, bald jedes Mittel recht. Wenn wir ehrlich sind, finden wir auch im Tourismus genügend Beispiele für diese Entwicklung. Doch wie lange kann dieses System funktionieren? Wie lange dürfen wir allen Ersntes behaupten, dass die Wert-Schöpfungsbilanz im Tourismus, vor dem Hintergrund dieses hohen Einsatzes öffentlicher Mittel, tatsächlich eine positive ist? Und was passiert, wenn die öffentliche Hand (die Länder, die Gemeinden) den Geldhahn zudrehen muss? Sind wir dann im Tourismus auch entsprechend vorbereitet, Rückgänge zu verkraften?
…hier zum Thema Wachstum noch ein Artikel der FAZ zur Luxushotel-Blase in Wien:
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/tourismus-in-wien-waechst-eine-luxushotel-blase-12019732.html
Ich stimme da mit Ihnen überein – ein brisantes Thema, das auch die viel diskutierte Nachhaltigkeit betrifft. Einige Ansatzpunkte zum Anders handeln findet man z.B. in der der Bewegung „Gemeinwohl Ökonomie“ – bei der bereits fast 1000 Unternehmen mitmachen http://www.gemeinwohl-oekonomie.org/ oder auch beim Bad Blumauer Manifest – eine Initiative von Rogner, Zotter und Sonnentor – http://badblumauermanifest.blogspot.co.at/
Auch der Weltenwanderer Gregor Sieböck http://www.globalchange.at gibt hier einen bemerkenswerten Denkansatz: nicht wirtschaftliches, sondern inneres persönliches Wachstum ist anzustreben.
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