Tourismus Update von der ITB 2021
Um die unzähligen „Wie geht es weiter mit Tourismus“ -Debatten zu beleben, hier ein paar Updates aus der internationalen Tourismusindustrie aus Sicht von internationalen Tourismus ExpertInnen. Die folgenden Informationen sind der ITB 2021 entnommen, die kürzlich virtuell stattgefunden hat.
Der vorliegende Text wurde von Manuela Tooma, Lektorin für Hospitality Management an der FH JOANNEUM verfasst.
Ganz allgemein gesprochen geht es natürlich weiter mit dem Tourismus, denn dieser trägt mit 10% zum globalen GDP bei. Er gilt somit als Industrieriese und die gehen bekanntlich schwer unter. Durch die jetzige Pandemie ist er allerdings schwer angeschlagen. Innerhalb eines Jahres gingen weltweit 175 Mio Jobs verloren (lt. UNWTO), die so schnell nicht wieder zu gewinnen sind.
Es geht also voran, sicherlich aber mit anderen Vorzeichen. Die bisher erfolgsverwöhnten TouristikerInnen sind mit ihren Prognosen vorsichtiger geworden, bleiben aber optimistisch. Übrigens ist das Binnen-I hier hervorzuheben, denn diese Branche ist weiblich dominant. Der Rest des Blogs ist der besseren Lesbarkeit wegen geschlechtsneutral formuliert.
Wie wir reisen werden.
Man geht davon aus, dass der Tourismus sich innerhalb Europas schneller regenerieren wird. Veränderungen gibt es hinsichtlich der Transportmittel, der Trend geht allgemein hin zu mehr „earthbound“, sprich Auto, Zug und Fahrrad, und weniger Flugreisen. Gleichzeitig werden Reiseangebote flexibler geschnürt. Zwar gab es auch zuvor kulante Lösungsansätze, aber mit den Flexoptionen können Kunden einfach kurzfristig umbuchen oder sogar kostenlos stornieren.
Insolvenzen bei Reiseveranstaltern und Airlines werden die Folge sein, allerdings zeitverzögert durch die finanzielle Unterstützung seitens der Politik. Die Überlebenden rüsten sich bereits mit der Umverteilung der Finanzen und bei den Destinationen – der Flugticketpreis wird dabei neu verhandelt.
Eine neue Dynamik bekommt der Geschäftstourismus, sowohl bei der Gestaltung als auch beim Management selbst. Die Zahlen und die Buchungssituation von „davor“ gehören endgültig der Vergangenheit an. Die Experten rechnen mit zwei Drittel des Umsatzes von 2019, aber erst wieder ab 2023/24. Veranstaltungen beschäftigen nun Community Manager (B2B- Kommunikation und Organisation), Hospitality Manager (Unterkunft und Verpflegung) und CO2-Manager. Das Thema Nachhaltigkeit ist somit auch fixer Bestandteil im Management. Allerdings werden Veranstaltungen unter 50 Teilnehmern in die Cloud wandern und nicht mehr analog stattfinden. Als Nebensatz sei hier erwähnt, dass auch virtuelle Veranstaltungen durch Datenproduktion erhebliche CO2-Emmissionen verursachen.
Städtetourismus, quo vadis?
Zu den Verlierern dieser Pandemie scheint wohl auch der Städtetourismus zu gehören, der schwer angeschlagen ist und vorerst auch bleiben wird. Wien ist als die sechs beliebteste Stadt Europas sehr getroffen (eine Österreicherin verfasst diesen Blog), und der Wiener Tourismus rüstet sich auf eine allgemeine Abnahme im internationalen Tourismussegment. Gewinner ist der bereits zuvor trendige Gesundheitstourismus, wobei Mental Health, wenig überraschend, an Aufwind gewinnt.
Kunden werden wohl die „Alten“ sein, in dem Sinne gemeint als dass diejenigen, die vorher leidenschaftlich gereist sind auch „danach“ wieder gerne verreisen. Aller Wahrscheinlichkeit wird es sogar noch enthusiastischer in den Bereichen sein, die jetzt vermisst werden; nämlich das Besuchen von Freunden und Familie, Essen in Restaurants oder Aufsuchen von Shows und Veranstaltungen. Verändert hat sich aber das „Wie“, die Einstellung dazu. Es soll sicher sein, ein höchstmögliches Freisein von Gefährdungen sozusagen, und mehr an Tiefe bieten, ein Mehr an Erlebnissen und Erfahrungen bringen. Kurz: More value, but safe!
Wann all dies möglich sein wird, ist noch unklar, aber von einer Erholung vor 2022 spricht niemand. Eines scheint jedoch gewiss zu sein: Sobald es die Situation erlaubt und die Möglichkeit des Reisens wiedergegeben ist, wird es zu einem Boom kommen – ein Aufatmen und Nachholen, ein „Endlich wieder“! Das allerdings wird dann wieder abflachen und zu einem „Neuen Normal“ übergehen.
Wie auch immer es tatsächlich kommen wird, eines ist uns im Tourismus in jedem Fall bewusst – ein direktes Anknüpfen an das Vergangene gibt es nicht mehr. Die Karten werden gerade neu gemischt.
Da auch dieser Beitrag – wieder einmal unreflektiert – auf die CO2-Emissionen durch Videokonferenzen hinweist: Laut einer Studie des VCD mit dem Borderstep Institut (2021) verursacht eine 4 Stunden Konferenz mit 4 Personen in höchster Bildqualität ca. 1 kg CO2.
Das ist in etwa die Menge, die eine Autofahrt von – je nach Modell – 5-8 km verursacht. Von Flügen ganz zu schweigen.
Das Thema CO2-Emmissionen ist nicht nur ein aktuelles, sondern auch ein gesellschaftlich-relevantes Thema, dessen man sich sicherlich nicht nur oberflächlich widmen soll. Umso erfreuter war ich zu vernehmen, dass es bereits im Tourismus-Management – im Konkreten im MICE-Segment – verankert sein wird.
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