Skifahren im Mai: Geht‘s noch?
Nach wochenlanger Sperre im stürmischen Jänner war das Hochkar Mitte Mai noch einmal in aller Munde: Gleich 6.000 fröhliche Gäste verabschiedeten an einem – ob der immer noch guten Schneelage spontan organisierten – Gratis-Wochenende die heurige Wintersaison. Skifahren bis Anfang Mai gehörte einst am Hochkar auf 1.380 bis 1.808 Meter Seehöhe zum guten Ton. Jetzt ist auch schon einmal ein Monat früher Schluss. Offensichtlich gibt es ja eine Nachfrage, warum also nicht die guten Bedingungen im Frühjahr nutzen?
Die von MANOVA seit vielen Jahren für den Fachverband der Seilbahnen erhobenen Zahlen belegen, dass der März im Durchschnitt der fünf Winter 2014/2015 bis 2018/2019 für 12,1 Millionen Skier Days gut war, das entspricht 22,87 % der in den jeweiligen Winterhalbjahren in den österreichischen Skigebieten gezählten Ersteintritte. Im April hingegen sind es nur noch 3,0 Mio. bzw. 5,65 %, obwohl im Betrachtungszeitraum 29 von 50 Osterferientage in diesen Monat fielen.
Die praktische Erfahrung und auch die Daten zeigen, dass im Herbst bzw. zu Winterbeginn mehr mediale Aufmerksamkeit herrscht und auch ein höheres Publikumsinteresse als zu Frühlingsbeginn besteht. Sobald jedoch in niederen Lagen auch andere Outdoor-Aktivitäten attraktiv werden, tun sich selbst hoch gelegene Skigebiete schwer, Frühlings- oder Sonnenskilauf erfolgreich zu vermarkten: dies trotz aller musikalischer oder kulinarischer Darbietungen (z.B. Tanzcafé Arlberg) und oft auch bei perfekten äußeren Bedingungen.
Sehr auffällig ist, dass die Gesamtzahl der Skier Days in den letzten Jahren stabil ist, es aber durchaus zu Auslastungsschwankungen innerhalb der Monate kommt. Die dahinterliegende Grundhypothese lautet, dass die Gäste zwar bis zu einem gewissen Grad flexibel auf äußere Bedingungen reagieren, aber ihr Bedürfnis, eine bestimmte Anzahl von Tagen pro Wintersaison Ski zu fahren, recht konstant ist.
Frühlingsskilauf ist und bleibt daher etwas für ausgewählte Skigebiete, die jedoch noch stärker auf bestimmte Zielgruppen setzen könnten: beispielsweise die nicht an bestimmte Urlaubszeiten gebundenen Pensionistinnen und Pensionisten (die angesichts der demographischen Entwicklung ohnehin von höchster strategischer Bedeutung sind) sowie Familien mit nicht schulpflichtigen Kindern. Im Idealfall fahren diese Gäste dann wieder Ski – oder verbringen jedenfalls mehr Tage auf Ski als sie es bisher ohnehin während einer Wintersaison tun.
Die Aktion mit dem Gratis-Skiwochenende Mitte Mai am Hochkar war eine exzellente Idee, mit der mehrere Effekte erzielt wurden: Steigerung des Bekanntheitsgrades, Pflege des Images als schneesichere Destination und ein Dankeschön, adressiert an die vielen Stammgäste.
Auch wenn das Skilaufen an den beiden Tagen gratis war, bestätigt die große Nachfrage doch die von Markus Redl angesprochene Flexibilität der Skiläuferinnen und Skiläufer, speziell der Tagesgäste und Kurzurlauber, hinsichtlich der äußeren Bedingungen. Bei guter Schneelage und Prachtwetter ist alles unterwegs, die Zufahrten in die Skigenbiete sind verstopft, die Parkplätze quellen über.
Bemühungen um den Frühjahrs- bzw. Sonnenskilauf bestehen seit Jahrzehnten. Sie tragen durchaus Früchte, jedenfalls in den hochgelegenen Skigebieten. Zweifellos leisten dort auch die zahlreichen Events ihren Beitrag zur Sicherung der Nachfrage. Denn so mancher Gast kommt bei derartigen Anlässen in erster Linie wegen dem Unterhaltungsangebot und weniger, um Ski zu laufen.
Mittlere und niedrige Lagen tun sich da schwerer. Gerade der hinter uns liegende Winter hat dafür viel Anschauungsmaterial geliefert. Im Frühjahr öffnet sich plötzlich eine Fülle an Optionen für Outdoor-Aktivitäten und die Wärme sowie die grünen Wiesen in den Niederungen bieten nicht das Umfeld, in dem Motivation für den Skilauf entsteht. Zudem zieht es die Menschen um Ostern herum in Richtung Süden.
Was die von Markus Redl angesprochenen Zielgruppen für den Frühjahrs- bzw. Sonnenskilauf betrifft, ist Folgendes festzuhalten. Da die Menschen nicht grenzenlos Zeit haben, lässt sich die Zahl der Tage, an denen der Einzelne Ski fährt, nicht wesentlich steigern. Auch die diversen Saisonskipässe können daran nichts Grundsätzliches ändern. Und ob bezüglich der Skier Days die Pensionisten die Kohlen aus dem Feuer holen werden, ist in Zweifel zu ziehen. Denn wir wissen, dass mit zunehmendem Alter die Beteiligung am Skilauf abnimmt. Dazu kommt, dass sich der Frühjahrs- und Sonnenskilauf in höheren Lagen abspielt, was nicht jedermanns Sache ist. Als weiterer Aspekt kommt hinzu, dass die Menschen mit zunehmendem Alter zwischen körperlichen Aktivitäten längere Ruhepausen benötigen.
Dennoch ist es wichtig, beim Frühjahrs- bzw. Sonnenskilauf am Ball zu bleiben, auch wenn selbst für hochgelegene Skigebiete – von Gletscherdestinationen abgesehen – mit Ende April / Anfang Mai das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Und das nicht nur wegen des weichen Schnees und der nicht mehr motivierten Skiläufer, sondern auch wegen der Menschen, welche die ganze lange Wintersaison hindurch für die Gäste im Einsatz waren und die auch einmal Ruhe und Erholung benötigen.
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