Neue Spielregeln mit Airbnb in Wien
Zwei für jedermann greifbare Phänomene lassen in letzter Zeit aufhorchen: der zunehmend spürbare (und heftig kritisierte) „Overtourism“ sowie die Bemühungen von immer mehr Kommunen, das ausufernde Airbnb-Business in geordnete Bahnen zu lenken. Die beiden Entwicklungen hängen nicht von ungefähr miteinander zusammen. Und natürlich betreffen sie nicht nur die Bevölkerung, sondern sehr stark auch die jeweils lokale Hotellerie. Daher ist es verständlich, dass die Branche hier genauer hinsieht.
Neue Spielregeln in Wien
Während der Kampf um den „Übertourismus“ (reißerisches Motto etlicher Medien: „Der Fluch der Urlauber“) munter weitergeht und jüngst in Angriffen mit Wasserspritzpistolen (!) bewaffneter Einheimischer auf friedlich jausnende Urlauber in Barcelona einen skurrilen Höhepunkt gefunden hat, entspannt sich die Airbnb-Szene in jüngster Zeit. Nach dem Beispiel anderer Städte hat auch Wien energische Schritte gesetzt, um die Vermietung von Wohnungen durch strengere Vorschriften einzubremsen. Die seit 2018 geltenden Bestimmungen wurden zum 1. Juli 2024 noch einmal deutlich verschärft. Dies betrifft nicht nur das als „Hauptverdächtigen“ erkannte Airbnb, sondern auch alle anderen vergleichbaren Plattformen wie Booking.com.
Ab 1. Juli dürfen Wohnungen in ganz Wien nur noch für 90 Tage im Jahr kurzzeitig vermietet werden. Wer länger vermieten will, braucht – genauso wie die gewerblichen Vermieter – eine (für maximal fünf Jahre gültige) Ausnahmegenehmigung. Damit soll verhindert werden, dass Wohnungen ausschließlich zur Vermietung genutzt werden. Der Clou dabei: die Stadtverwaltung legt die neuen Regeln äußerst streng aus. Airbnb-Host zu werden ist also ab sofort alles andere als einfach. Eine skurrile Auslegung gibt es bei diesen 90 Tagen: Diese Frist gilt nicht nur für die Vermietung, sondern auch für das Anbieten (!) auf Plattformen, heißt es in dem Merkblatt der Wiener Baupolizei.
Weiters ist in „Wohnzonen“ eine Ausnahmebewilligung gar nicht zu bekommen. Auch außerhalb solcher Zonen darf ein Gebäude nicht mit Förderung errichtet worden sein. Es ist nicht gestattet, Gemeindewohnungen oder Wohnungen von gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften auf den einschlägigen Plattformen zu inserieren. Außerdem darf seit dem 1. Juli nicht mehr als die Hälfte der Wohnungen eines Hauses vermietet werden. Den eigenen Wohnsitz muss der Host in jedem Fall beibehalten. Es ist darauf zu achten, dass selbst bei nur kurzfristiger Vermietung die Zustimmung aller anderen Bewohner des Hauses vorliegt.
Ist das der Sargnagel der touristischen Sharing Economy in Wien?
Im globalen Kampf gegen die Auswüchse von Airbnb & Co hat Wien damit einen Schritt gesetzt. Dass das Geschäftsmodell durch diese oder weitere Maßnahmen zum Erliegen kommt, darf allerdings niemand annehmen. Das ursprünglich durchaus sympathische System hat mit Sicherheit die Kraft, sich weiter anzupassen. Denn Reisen sind auch außerhalb eines Hotelzimmer beliebt. Ein unbestrittener Nachteil dieser Reiseform ist aber nach wie vor, dass Privatvermieter oft wenig pflichtbewusst und schwer zu erreichen sind (auch für den Fiskus oft schwer erreichbar). Nicht jeder Host hat die Gabe und Erfahrung, ein guter Privathotelier zu sein.
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