Feiertagskonstellation oder Schneelage?
Vor kurzem wurde mir die Frage gestellt, ob die Feiertagskonstellation denn wirklich so viel Einfluss auf die Nächtigungsrückgänge im Dezember 2016 gehabt hat oder ob nicht auch andere Gründe, beispielsweise die Schneelage oder fehlende alternative Konzepte eine Rolle gespielt haben könnten. Bleiben wir beim Schnee und werfen zunächst einen Blick auf die Nächtigungsentwicklung in den einzelnen Bundesländern (Dezember 2016 im Vergleich zum Dezember 2015).
- Vorarlberg -15,6
- Tirol -12,8
- Kärnten -10,0
- Salzburg -9,6
- Steiermark -3,5
- Oberösterreich +4,9 (mit November)
- Niederösterreich +6,5
- Burgenland +4,8
- Wien +7,1 %
Nun ich denke, die Zahlen sagen einige aus. Es besteht ein deutliches West-Ost-Gefälle, d.h. die Nächtigungsrückgänge werden nach Osten hin geringer und gehen dann in Nächtigungszuwächse über. Im Folgenden einige Überlegungen dazu.
Feiertagskonstellation plus Schneelage
Die Feiertagskonstellation hat bestimmt einen gewissen Einfluss und sie führt in Kombination mit dem fehlenden Naturschnee zu einem Kumulierungseffekt. Der Blick auf die östlichen Bundesländer, einschließlich Wien, lässt den Effekt der Feiertagskonstellation allerdings in den Hintergrund treten. Wäre dieser gravierend, müssten auch in den östlichen Bundesländern Nächtigungsrückgänge zu verzeichnen sein. Im Osten gab es aber ab Ende November jede Menge Naturschnee (z.B. Skigebiete Hochkar, Lackenhof) bei gleich gelagerten Feiertagen im Dezember. Auch in den Thermenregionen fielen Weihnachten und Silvester-Neujahr auf ein Wochenende.
Dank der im Westen in der ersten Novemberhälfte einsetzenden Kälte konnten die Pisten technisch beschneit werden und die meisten Skigebiete waren in der Lage, ihren Betrieb termingerecht aufzunehmen. Auf den inzwischen schon zur Selbstverständlichkeit gewordenen weißen Bändern inmitten brauner Hänge herrschten perfekte Bedingungen für den Skilauf. Wo wegen fehlender Beschneiungsanlagen kein Schnee erzeugt werden konnte, galt es, die Wanderstiefel zu schnüren oder die Eislaufschuhe anzuziehen.
Selbsterfüllende Prophezeiung
Wer sich an die Präsentationen der Nächtigungsrekorde des Winters 2015/16 erinnert, dem klingt wohl noch im Ohr, dass, sozusagen in vorauseilendem Gehorsam, gleich auf die schwierige Feiertagskonstellation im Dezember 2016 und die späten Ostern 2017 hingewiesen wurde. Aussagen dieser Art haben sich im Herbst mehrfach wiederholt und alle, die in der Lage sind, zwischen den Zeilen zu lesen, konnten annehmen, dass sie von Weihnachten bis Dreikönig auch kurzfristig ein Zimmer bekommen können. Wer es also wirklich auf das Skilaufen abgesehen hat und unabhängig von den Schulferien disponieren kann, hat vermutlich die Entwicklung der Schneelage abgewartet. Der Schnee ist nicht gekommen und damit auch keine Nachfrage von dieser Seite.
Zu dieser Vermutung passen in den westlichen Bundesländern die im Vergleich zu den Nächtigungen deutlich geringeren Rückgänge bei den Ankünften. Diese legen die Schluss nahe, dass die Stammgäste ihrer Destination zwar die Treue gehalten haben, aber – aus welchen Gründen auch immer – kürzer geblieben sind. Die dadurch entstandene Lücke haben die kurzfristig Buchenden wegen der unzureichenden Schneelage aber nicht gefüllt.
Positionierung und Winterlandschaft
Ein weiterer Aspekt dürfte eine Rolle spielen: Wenn sich eine Region als Eldorado für Skilauf abseits der Piste positioniert, puren Skigenuss im freien Skiraum verspricht und Sujets mit tief verschneiten Hängen kommuniziert, muss das, wenn kein Naturschnee fällt, ins Auge gehen.
Noch ein Wort zu den verschneiten Winterlandschaften. Im TP Blog habe ich diese Frage schon einmal aufgegriffen: Ist es wirklich der Weisheit letzter Schluss, ausschließlich mit tief verschneiten Landschaften zu werben, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, dass zum Winterstart – geeignete Temperaturen vorausgesetzt – zwar exzellente Pisten zur Verfügung stehen, aber eben nur in Form von weißen Bändern in sonst schneefreier Landschaft.
Der Ski-Nachwuchs lernt andere Bilder
Wir sprechen immer davon, dass eine verschneite Landschaft unabdingbar ist, um ein Winterfeeling aufkommen zu lassen. Wenn ich unseren Skinachwuchs beobachte, kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass für den eines von zentraler Bedeutung ist: Die schneebedeckte schiefe Ebene. Ob die aus Naturschnee besteht oder aus technisch erzeugtem Schnee ist absolut zweitrangig, und ob die Hänge links und rechts davon weiß oder braun sind, ist den Kids so ziemlich egal. Die Jungen wachsen zu einem guten Teil mit weiß-braunen Winterlandschaften auf und die werden für sie wohl oder übel zur Selbstverständlichkeit.
Gratuliere zu Ihrem Kommentar, dem ich absolut zustimmen kann. In der Tourismusanalyse des WIFO letzte Woche haben wir die Schneelage im Westen ebenfalls als Faktor für die negative Nächtigungsentwicklung erwähnt. Die ÖW war damit gar nicht zufrieden und hat mich sofort auf die Feiertagssituation hingewiesen.
Wir sind derzeit dabei, statistisch den Feiertagseffekt aus der Nächtigungsentwicklung herauszurechnen, um diesem Argument eine empirische Basis zu geben.
O. Fritz
Danke für diesen mutigen Kommentar!
Könnte aber einigen gar nicht gefallen die schon vorher nach Ausreden für eine schlechte Saison suchen!
Aus Statistiken entnommene Zahlen lassen immer mehrere Interpretationen zu und diese sind in der Folge auch selten widerlegbar. Erhebt man dazu ergänzend die tatsächliche (nicht die unterstellte) Motivations-. bzw. Bedürfnislage der Menschen erkennt man, dass Zuwächse und Rückgänge bei allen (Tourismus)Parametern stets mehrere, manchmal sogar sich widersprechende Ursachen haben….
….ein interessanter Ansatz, die Bildkommunikation der Realität anzupassen. Spannender Input, vielen Dank!
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