Die Green Claims Richtlinie der EU: Kein Claim ohne Proof!
Vom Supermarkt bis zum Textilgeschäft, vom Autohändler bis zum Reiseanbieter: überall grünt es gewaltig. „Umweltfreundlich“, „klimaneutral“, „nachhaltig“ und „fair gehandelt“ findet sich auf zahlreichen Produkten; Aussagen wie „30% weniger Emissionen“ oder „klimaneutral bis 2050“ sollen die Umweltverantwortung der Unternehmen deutlich machen. Nachhaltigkeit und ökologischer Fußabdruck bei Produkten und Dienstleistungen können natürlich kommuniziert werden. Aber wird mit ihnen geworben, müssen sie auch stimmen, sonst kann es teuer werden…
Erst prüfen, dann reden!
Denn aktuell bringt die Europäische Union gerade die Green Claims Directive (Richtlinie über Nachweisbarkeit und Kommunikation umweltbezogener Produktangaben) auf den Weg. Ziel ist es, klare und transparente Standards für die Nutzung von umweltbezogenen Aussagen für Produkte und Dienstleistungen von Unternehmen zu schaffen. Hintergedanke: Man darf solche Dinge nur dann behaupten, wenn man sie auch wissenschaftlich belegen kann. Damit sollen irreführende Umweltaussagen bekämpft und Greenwashing der Vergangenheit angehören. Das ist gut für Verbraucher und jene Unternehmen, die sich um erhöhte Umweltstandards bemühen. Im Unterschied zu bereits bestehenden Gesetzen, etwa im Konsumentenschutz, sieht die Green Claims Directive derzeit eine Vorab-Bewertung vor. Also es gilt hinkünftig: erst prüfen, dann reden!
Und ehrlich gesagt ist das wohl auch nötig: Im Jahr 2020 waren über 50% der Umweltangaben laut EU-Recherchen zu vage oder irreführend! Denn die bisherigen rechtlichen Vorgaben bei Umweltaussagen sind unklar. Und genau da setzt die Green Claims Directive an: Verbraucher können auf korrekte Produktinformationen vertrauen und es gibt keine ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteile für einzelne Unternehmen.
Auch für die rund 230 Umweltzeichen in Europa wird es Neuerungen geben: festgeschriebene Mindestanforderungen für Nachhaltigkeitssiegel und -logos werden Kunden und Unternehmen helfen, diese Auszeichnungen richtig zu bewerten. Das gibt Orientierung. Denn nur Qualitätszeichen mit unabhängiger Auditierung werden kommunizierbar sein. Daher aufpassen bei der Auswahl!
Definierte wissenschaftliche Standards
Eine Richtlinie legt (im Gegensatz zu einer Verordnung) nur das gemeinsame Ziel fest. Es ist dann Sache der einzelnen Mitgliedsländer, eigene Rechtsvorschriften zur Verwirklichung dieses Zieles zu erlassen. Derzeit ist der Gesetzwerdungsprozess für die Green Claims Directive im vollen Gange: das Europäische Parlament und der Europäische Rat (hier sind alle Mitgliedsstaaten auf Ministerebene vertreten) entwickeln aktuell ihre jeweilige Verhandlungsposition und dann geht es in den sogenannten Trilog (da verhandeln dann Parlament, Rat und Kommission gemeinsam). Ob sich die Schlussabstimmung noch vor dem Sommer (und damit den Wahlen zum Europäischen Parlament) ausgeht, ist noch unklar. Nach der Verabschiedung auf europäischer Ebene haben die Mitgliedsstaaten dann wiederum 24 Monate Zeit, die Richtlinie in nationales Gesetz überzuführen. Im aktuellen Entwurf ausgenommen sind kleine und Kleinstunternehmer mit weniger als 10 Beschäftigte und Umsatz unter 2 Mio. €. Davon abgesehen soll die Richtlinie für alle Unternehmen gelten, die umweltbezogene Aussagen tätigen.
Diese Aussagen müssen eben hinkünftig wissenschaftlich fundiert sein. Alle Angaben und deren Nachweise sind vor Veröffentlichung einer unabhängigen nationalen Prüfungsstelle vorzulegen. Diese Stellen werden nach erfolgreicher Prüfung Konformitätsbescheinigungen ausstellen. Damit kann ein Unternehmen in der gesamten EU eine umweltbezogene Aussage für das Produkt oder die Dienstleistung tätigen. Spätestens nach fünf Jahren wird neuerlich auf Richtigkeit überprüft.
Für Unternehmen und Destinationen bedeutet es jedenfalls, dass Umweltaussagen künftig auf definierten wissenschaftlichen Standards fußen müssen. Welche Standards das genau sind, wird aktuell diskutiert. Aber man sollte sich auf künftige Überprüfungen einstellen!
Erkennbar ist aber bereits, welche Kriterien umweltbezogene Aussagen künftig erfüllen müssen: einfach formuliert, korrekt und spezifisch sollen die Claims sein sowie aus einer Lebenszyklusperspektive heraus abgeleitet werden. Und sie müssen belegbar sein und von externen Stellen überprüft werden. Was als umweltfreundlich verkauft wird, wird auch umweltfreundlich sein.
Das ist für Österreichs Tourismuswirtschaft ein enormer Wettbewerbsvorteil und wird die Positionierung Österreichs als nachhaltiges Reiseziel deutlich unterstützen.
Ehrliches Engagement zahlt sich aus – besser geht’s eigentlich gar nicht!
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