4. Januar 2014 | 22:19 | Kategorie:
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Zur Innovation gezwungen

Auf den ersten Blick ist die Welt im Tourismus ziemlich in Ordnung: Österreich hat mit mehr als 130 Mio. einen neuen Rekord an Nächtigungen verzeichnen können und verglichen mit vielen anderen Branchen konnte die Wirtschaftskrise gut gemeistert werden.

Bei etwas näherer Betrachtung sind doch diverse Problemfelder ersichtlich: Da glaubt man dem Diktat der Reisebüros entkommen zu sein, deren Vermittlungsgebühren ziemlich in die Erträge gegangen sind, schon ist man dem Obolus ausgesetzt, der von Online-Plattformen verlangt wird. Klassische Wege der Buchung sind zunehmend in den Hintergrund getreten. Personalknappheit, ausgeprägte Saisonalität, Betriebsgrößendefizite, Bedarf nach immer größeren Werbeanstrengungen und ein enormer Wettbewerbsdruck resultierend aus der immer globalisierter und transparenter werdenden Welt machen zunehmend das Leben schwer.

Dabei hat man zumindest in der langfristigen Betrachtung eine erstaunliche Wandlungs­fähigkeit gezeigt: Heute ist der Tourismus jener Wirtschaftszweig, der das Internet im Vertrieb am ausgiebigsten nutzt. Die Bereinigung der Unzahl von Tourismusverbänden wurde massiv vorangetrieben und damit die Schlagkraft auf den Märkten verbessert. Um die Kleinstrukturiertheit zu umgehen, hat man erstaunliche Bereitschaft zu Kooperationen gezeigt. Allein durch die von der Tourismusbank im Auftrag des BMWFJ durchgeführte TOP-Tourismus-Kooperationsförderung wurden mehr als 60 % der gewerblichen Betten erfasst. So stellt sich vor allem die Hotellerie als ein über weite Strecken moderner Wirtschaftszweig dar.

Das Stichwort Innovation ist aus Sicht von Experten maßgeblich für eine erfolgreiche wirtschaftliche Zukunft. Auslöser für Innovationen im Tourismus waren oft technologische Neuerungen (Internet, E-Mobilität). Sie wurden rasch aufgegriffen und zum eigenen Nutzen oder zur Schaffung neuer Erlebnis- und Mobilitätsangebote umgemünzt. Gerade der Erlebnis- und Kundennutzen sollte der zentrale Ausgangspunkt für touristische Innovationen sein.

Einige Beispiele geben einen Überblick über die Breite der Möglichkeiten:

Destinationsprofile Gesundheitsregion Waldviertel, Thalassoinsel Norderney, Steirische Thermenregion
Produkte auf Destinationsebene Weitwanderweg Alpe Adria, Steirische Alpentour, Mariazeller Advent, Premium Wanderdestination Bad Kleinkirchheim, Natursprünge Brandnertal, Charming Baden, Tiroler Adlerweg, Kärntner Badehaus
Produkte auf einzelbetrieblicher Ebene Hotel in Holzbauweise (Naturhotel Waldklause, Hotel Forsthofalm), Pixel-Hotel, Pop-up-Hotel, Null-Energie-Hotel, Lifetime-Hotels, Hotels 25 Hours, Hotel DanielBergbahninnovationen für den Sommer (Hexenwasser in Söll, Dachstein Eispalast oder „Stiege ins Nichts“), alpine Wellness mit Alpenkräutern und Elementen der Volksheilkunde
Trends e-Mobilität, Gesundheit, Tourismus für Alle
Instrumente, Prozesse Marketingkooperationen (Wanderhotels, Mountainbike-Hotels, Kinderhotels, Kongressinitiative Oberösterreich), Marketingkooperation Tirol mit BMW
Onlinetechnologie, Marketing Kärnten App, Smart-Guide-Vienna, Tirolbooking.com, Social Media und virale Standortkampagnen, attraktive Homepages

 

Auf Ebene der Destinationen gelingt umfassende Innovation im Bereich der touristischen Wertschöpfungskette nur dann, wenn überbetriebliche Kooperation und gemeinschaftliche Finanzierung die Defizite kleinstrukturierter und heterogener Akteure ausgleichen.

Auf einzelbetrieblicher Ebene ist Innovation derzeit in den wenigsten Fällen das Ergebnis eines geplanten und gesteuerten Prozesses sondern oft zufällig entstanden. Auch hier ist oft nicht der Mangel an Ideen maßgeblich sondern die Kraft Innovationen umzusetzen oder zu finanzieren.

Das Thema der Innovationen ist gerade in letzter Zeit von Bund und auch den Ländern aufgegriffen worden und in den Mittelpunkt von Unterstützungsaktivitäten gelangt. Dadurch wird auch die öffentliche Hand künftig einen wesentlichen Anstoß geben und erforderliche Innovationen deutlicher als in der Vergangenheit unterstützen.

 

8. Januar 2014, 10:07

Herzliche Gratulation und Danke an die Innovations-Initiative. Ganz gehe ich jedoch nicht mit der Aussage konform, dass Innovationsprozesse keine Planung benötigen. Zumeist verhindert der tägliche Betrieb das „out of the box thinking“ und damit die Möglichkeit, mit dem notwendigen Abstand das eigene Business zu analysieren und über vorher scheinbar unvorstellbare Zukunftsszenarien nachzudenken. Bislang haben es nur die wahrlich Mutigen und Konsequenten – auch oft mit gewissem Risiko – geschafft, ihre Produkte zu innovieren. Anderen sollte aus meiner Sicht durchaus mit dem „Blick von außen“ sowie langfristigen Finanzstärkungen geholfen werden. Innovation findet schließlich nicht in einem einzigen Moment statt, sondern muss auch – wie Qualität – als Prozess im Betrieb verankert werden.

8. Januar 2014, 12:43

Danke fürs Aufgreifen des so wichtigen Innovationsthemas! Innovation bedeutet meist auch Mut zum Risiko. Mit „ein bissi hier und da was ändern“ wird es schwierig wirkliche Differenzierungsqualitäten herauszuarbeiten. Wie hat es Schumpeter mit seiner „kreativen bzw. schöpferischen Zerstörung“ schon gesagt: um etwas neues zu schaffen, muss ich etwas bestehendes zerstören. Weiters bedarf Innovation vor allem eines innovationsfördernden Arbeitsklimas, wo der Unternehmer angehalten ist, solche Strukturen für seine – ideenbringenden – Mitarbeiter zu schaffen. Wie könnte den so etwas bereits beim Recruiting beginnen? Heterogene Homogenität bei der Zusammenstellung eines Teams könnte hier positiv wirken. D.h. eine bewusste Selektion von Mitarbeitern unterschiedlichster Ausprägung (Heterogenität) im Sinne der Kultur, Branchenerfahrung, Ausbildung, Alter etc. Überlegen Sie, wie oft haben Sie von „arrivierten“ und erfahrenen Tourismus/Hotelleriemitarbeitern schon gehört: „Nein, wir haben das immer so gemacht. Alle Hotels machen das so. Punkt“. Paaren Sie Ihre Gastgeber mit „branchenfremden“ oder „ungelernten“ Kräften und die Innovationskeimlinge werden – angetrieben von Ideen aus zB anderen Branchen – sprießen. Die Homogenität entsteht durch die gemeinsame Identifikation und die darausfolgende Arbeit an einem gemeinsamen Ziel. Dabei möchte ich jedoch festhalten: dies ist kein Affront und keine Aufforderung zum Boykott unseres tollen touristischen Ausbildungssystems – als Wachstumsbranche haben wir jedoch jedenfalls Platz für Mitarbeiter von „außen“ 😉

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