Tourismus als Nebeneffekt?
Wir waren Anfang Sommer mit unserem Lighthome Institute auf Studienreise in Mittelitalien. Unter anderem haben wird dabei ein Familienunternehmen besucht, welches im Herzen der Toskana seit Jahrzehnten biodynamische Landwirtschaft betreibt, die Feldfrüchte vor Ort veredelt und diese überwiegend in den deutschsprachigen Raum vertreibt. Aus einer ursprünglich kleinen Initiative hat sich mittlerweile ein großer Betrieb entwickelt. Der Vertrieb erfolgt wie zu Beginn ausschließlich direkt. Das heißt, es gibt keinerlei externe Vertriebs- oder Vermarktungsorganisationen zwischen dem Kunden und dem Anbieter.
Die ersten Kunden der Initiative waren Touristen,
welche die Produkte noch direkt vor Ort einkauften und diese dann auch an Freunde verschenkten. Daraus entstand und entsteht immer noch Nachfrage. Heute wird fast alles über Postversand abgewickelt. Dennoch nutzen Kunden nach wie vor ihren Toskana-Aufenthalt zu einem Besuch und zum Einkauf vor Ort. Die Landwirtschaft und Produktion stehen in unkomplizierter Weise dafür offen. Durch das Wachstum der Initiative werden laufend Landwirtschaften mit Hofstrukturen übernommen und in die Initiative integriert. Die Höfe sind zum Teil nur auf abenteuerlichen Wegen erreichbar. Die Gebäude sind in einfachster Art und Weise für Besucher adaptiert und auf Selbstversorgung ausgerichtet. Dieses Angebot wird als eine Serviceleistung an die Kunden abseits der der Kernproduktion (Landwirtschaft) angesehen. Sie wird nicht extern beworben. Die Wartelisten sind lang. Trotz des „touristischen“ Erfolges bleibt die Kernproduktion, das Kernprodukt im Fokus. Auf einem mit Brettern improvisierten Tisch durften wir mit Stammkunden uns selbst überlassen essen, was die Landwirtschaft gerade hergab. Gesprächsthema war durchwegs der individuelle Erfahrungsaustausch im Produkterlebnis, im Genuss. Unser Tischnachbar – ein Abteilungsleiter einer deutschen Automarke – verstand sein Dasein als Kunde als seinen persönlichen Beitrag zu einer besseren Welt. Erstaunlich.
Der Tourismus als Nebeneffekt,
entstanden aus authentischen, erfahrbaren, nutzenstiftenden Produkten? Kommen wir nicht oft von der anderen Seite? Versuchen wir nicht in der Regel aus der Perspektive des Tourismus heraus solche authentischen, erfahrbaren, nutzenstiftenden Produkte zu entwickeln? Sind wir mit diesem Zugang nicht zwangsweise zum Scheitern verurteilt? Ist das ein Fehler?
Diese Vorgangsweise ist weder zum Scheitern verurteilt oder ein Fehler.
Die Menschen von heute suchen das ursprüngliche, authentische Urlaubserlebnis und reagieren damit auf persönliche Befindlichkeiten.
Wir in Österreich sind am besten Weg dieses „Rennen“ zu verlieren, da der improvisierte Holztisch, Gespräche mit bis dahin fremden Menschen, Speisen und Getränke die vor Ort produziert werden,
bei uns zu Discos mutierte Almhütten aus Stahl-Glas-Beton, Scampi neben Gebirgsbächen mit einheimischen Fischen und Champagner.
WER WIRD WOHL DAS RENNEN GEWINNEN ?
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