30. Januar 2019 | 15:30 | Kategorie:
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Fünf Thesen zur Nachhaltigkeit im Tourismus

Ulrich Grober zeigt in einem sehr empfehlenswerten Buch die starke forstliche Prägung des Begriffes der Nachhaltigkeit auf – somit das Denken in mehreren Generationen. Aktuell werden für 2018 seitens der Österreichischen Bundesforste aufgrund von Windwürfen und dem Borkenkäfer (dazu kamen Hitze und Trockenheit) ein Schadholzanteil von zwei Drittel – statt normalerweise einem Drittel – gemeldet. Für 2019 ist von erhöhtem Schneebruch auszugehen. Was bedeutet Nachhaltigkeit in Zeiten des Klimawandels für den Tourismus? Hier ein Versuch der Konkretisierung:

  1. Katastrophenschutz: Gewissenhafte Gastgeber engagieren sich präventiv. Naturgefahren sollen im besten Fall gar nicht eintreten – oder im Katastrophenfall kompetent bewältigt werden. Unabhängig davon, ob die Gefahr von Hochwasser, Lawinen oder Waldbränden droht, es gilt Schaden an Leib und Leben abzuwehren und Einrichtungen zu schützen. So wie das zuletzt am Hochkar (siehe Foto unten) vorbildlich geschehen ist.
  2. Flexibilität: Wenn sich das Klima und damit auch die Vegetation ändern, dann müssen die touristischen Produkte und Angebote ganz grundsätzlich angepasst werden; manches weggelassen, anderes hinzugefügt werden. Zudem sind kompetente Gastgeber flexibel, um möglichst auch auf außergewöhnliche Witterung reagieren zu können.
  3. Durchhaltevermögen: So manchem verschlafenen Tourismusort wird eine Renaissance als gefragtem Erholungsort prophezeit. Vielfach wird es um die möglichst ganzjährige Nutzung von Infrastruktur (z.B. die Abkehr von nur wenigen Wochen Hochsaison) gehen, also Prozesse über Jahre und möglicherweise Generationen an Gastgebern. Gefragt sind daher kontinuierliche Entwicklung und ein langer Atem.
  4. Aufgabenteilung: Alle bisher angesprochenen Aspekte sind – allein auf sich gestellt – nicht zu bewältigen. Je kleiner die Strukturen, desto mehr sind Gastgeber geradezu gezwungen, sich die Aufgaben zu teilen und gut mit der öffentlichen Hand zu kooperieren. Dies gilt insbesondere auch für Mobilitätslösungen und lokale/regionale Lebensmittel.
  5. Risikomanagement: Je unsicherer (oder neudeutsch „volatiler“) die Rahmenbedingungen, desto mehr sind Gastgeber gefordert, sich gegen Risiken abzusichern. Sei es auf der einzelbetrieblichen Ebene (z.B. durch verschiedene Standbeine), durch Solidarität auf der überbetrieblichen Ebene oder auch durch neue Produkte der Versicherungswirtschaft.

 

weinfranz FOTOGRAFIE / Mostviertel Tourismus GmbH

30. Januar 2019, 22:20

Markus Redl zeichnet in seinem Beitrag einen spezifischen Zugang zum Thema Nachhaltigkeit im Tourismus, der interessante Aspekte aufzeigt. Eingehen möchte ich auf zwei Punkte.

Unter dem Stichwort Katastrophenschutz findet sich der Satz „Gewissenhafte Gastgeber engagieren sich präventiv.“ Die in dieser These angesprochenen Maßnahmen könnten noch durch den Punkt „Kommunikation“ ergänzt werden, und zwar aufgrund folgender Erfahrung.

In gewohnten (kein oder zu wenig Schnee) oder ungewohnten (viel zu viel Schnee) winterlichen Ausnahmesituationen beklagen sich Touristiker in schöner Regelmäßigkeit über überzogene und / oder unfaire Berichterstattungen der Medien in den Hauptherkunftsgebieten unserer Gäste. So z.B. auch vor gut zehn Tagen in der Tiroler Tageszeitung, verpackt in einen „Brief an Tirol“ und verfasst vom Obmann des Verbandes der Tiroler Tourismusverbände. Im gleichen Beitrag werden aber auch konkrete Fakten zum Leben in den winterlichen Alpen angeführt, was die Frage aufwirft: „Warum denn nicht gleich!?“

Warum gelingt es nicht oder zumindest nicht in ausreichendem Maße in vorausschauender und auch begleitender Kommunikation den übertriebenen und tendenziösen Medienberichten gegenzusteuern, nicht zuletzt deshalb, weil sie ja zu erwarten sind. Unsere Touristiker und deren Marketingagenturen sind in ihrem Metier ja wahrlich keine Nackerpatzerln. Auch dank ihrer Netzwerke sollte es ihnen gelingen, rechtzeitig zu agieren und überzogenen Berichterstattungen zumindest ein Stück weit den Wind aus den Segeln zu nehmen. Eine vorausschauende und professionell gestaltete Kommunikation kann in solchen Situationen möglicherweise mehr Positives bewirken als schöne Winterbilder, die nachgeschoben werden, wenn die Schneefälle und Gefahrenmomente vorbei sind.

Unter dem Stichwort „Durchhaltevermögen“ heißt es im Beitrag von Markus Redl, dass so manchem verschlafenen Tourismusort eine Renaissance als gefragter Erholungsort prophezeit wird. Diese Aussage mag mitunter zutreffen, nämlich dort, wo noch eine touristische Grundsubstanz vorhanden ist, wo also an die landschaftliche Eignung und / oder an bestehende Infra- und Suprastruktur angedockt werden kann. Zudem braucht es Menschen, die sich in diese Richtung engagieren und die etwas unternehmen wollen. Derartige Entwicklungen sind – in welchem Umfang auch immer – dort denkbar und zu beobachten wo z.B.
– die öffentliche Hand mit finanzieller Unterstützung eingreift oder gar als Investor auftritt,
– externe Investoren im Weichbild touristischer Top-Orte aktiv werden bzw. sich über Investitionen in solchen Orten an Top-Zentren anhängen.

In den meisten Fällen, so scheint mir, ist der Zug aber abgefahren und den „verschlafenen Tourismusorten“ fehlt es an Substanz und Kraft für eine Renaissance. Zudem haben sich viele von ihnen wirtschaftlich schon längst anders orientiert.

1. Februar 2019, 10:56

Der Begriff der Nachhaltigkeit ist schon heillos überfrachtet, weil er mittlerweile ja sehr inflationär eingesetzt wird. Aber die „ökonomische Nachhaltigkeit“ sollte letztendlich auch nicht zu kurz kommen. Diese steuert einerseits der Unternehmer selbst indem bei Investitionen der damit im Unternehmen verbundene Einfluss auf Liquidität (wirtschaftliche Stabilität) und Rentabilität nicht außer Acht gelassen wird. Andererseits ist die wirtschaftliche Nachhaltigkeit wohl auch langfristig in Gefahr, wenn es zu touristischen Auswüchsen kommt, die letzthin als „Overtourism“ ins Gerede gekommen sind und die Tourismusgesinnung der Bevölkerung, die schon seit Jahrzehnten eines unserer Assets ist, gefährden. Es lohnt also sehr umfassend darüber nachzudenken, was einen „nachhaltigen Tourismus“ ausmacht und wie wir die derzeitige Boomphase in die nächsten Jahre und Jahrzehnte bewahren können.

28. Februar 2019, 16:18

Nachhaltigkeit fängt im Kopf an. Der Kopf unserer Gäste wünscht + braucht besondere Einladungen, um nachhaltige Wege mit-zu-denken und aktiv mit-zu-gehen. Über attraktive Bewegungsformen und Bewegungsprodukte in der Natur können wir z.B. vieles transportieren, was in sensiblen Gebieten und darüber hinaus NachhaltigkeitsVERSTÄNDNIS generiert. Hier sind passende Produkte gefragt, die ein Umdenken auf beiden Seiten ermöglichen: seitens der Menschen, die zu uns kommen, als auch auf Seiten von uns Anbietern durch die Erfolge, die sich langsam durch das „sanfter und langsamer ist mehr“ einstellen. – Nachhaltigkeit ist eben nicht: schneller, weiter, breiter. So lange wir alles an diesen alten Maßstäben messen, werden wir Over- und ähnliche Tourismusgebilde ernten.

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