Innovative Ideen gegen Floridas Tourismuskrise
Neue, branchenübergreifende Wege sollen Floridas Tourismusindustrie aus der Krise helfen. Einige Ideen und Ansätze ließen sich auch in Österreich umsetzen.
Die Rezession ist im tourismusintensivsten Bundesstaat der USA mit bekannten Destinationen wie „Orlando“, „Everglades“, „Keys“ oder Miami Beach allgegenwärtig. Am Ocean Drive, der „Kärntner Strasse“ von Miami Beach steht jedes dritte Hotel zum Verkauf – mit 30 bis 50%igen Abschlägen zu den Preisen von 2007. Von Spitzenrestaurants bis zu Seitenstraßenbars sind „2 für 1“ Aktionen über die gesamte Geschäftsöffnungszeit gängige Praxis, Leihwagenfirmen upgraden von sich aus und kostenlos bei Buchung mindestens 2 Autoklassen nach oben. Gleichzeitig finden viele Restaurants keine Mitarbeiter, oft können nur 50% der verfügbaren Plätze für wartende Gäste freigegeben werden. Vor den Essenslokalen bilden sich lange Warteschlangen hungriger (Übersee-) Touristen.
Chancen für Krisengewinner: „Des einen Leid, des anderen Freud.“ Die riesigen Factory Outlet Center haben die zahlreichen europäischen Touristen als lohnende Alternative zu krisenbedingt „knausrigen“ Mitbürgern entdeckt und laden zum preisgünstigen Shopping Tourismus. Marken-Produkte von Tommy Hilfiger, Polo Ralph Lauren, crocs und Timberland gehen dank des starken Euros um (umgerechnet) 20% des europäischen Ladenpreises über den Tresen. Konsumwütige, aber auch geschäftstüchtige Europäer stürmen die berühmten „Malls“ um per Reisegepäck „kofferweise“ Top Labels in ihre Heimatländer zu importieren. Ziel ist der anschließende Weiterverkauf auf Ebay mit attraktiven Gewinnspannen.
Mit innovativen Marketingideen gegen die Tourismuskrise
Die Tourismusverantwortlichen in Florida versuchen diesen Trend durch gezieltes Marketing auf den europäischen Kernmärkten zu verstärken. Es gilt die aktuelle Dollarschwäche entsprechend touristisch auszunützen: Direkt-Zuschüsse an Incomer und europäische Tour Operator bzw. Fluggesellschaften sind in Ausarbeitung, um die „Schwellen“ für das Incoming in die USA noch weiter zu senken. Der Handel, einer der Hauptprofiteure, unterstützt branchenübergreifend sämtliche Maßnahmen in Anbetracht des neuen Absatzmarktes.
Florida, das „Altenheim der USA“, erkennt erstmals auch den stark wachsenden europäischen Seniorenmarkt und beginnt diesen umfassend zu bearbeiten. Europäische Pensionisten werden dann in der Freizeitwirtschaft auf ihr amerikanisches Pendant treffen. In großen Recruiting- und Ausbildungsprogrammen werden Senioren aller Volksgruppen als Mitarbeiter in der Freizeitwirtschaft „trainiert“ und arbeiten als Guides, Busfahrer, Aufsichtspersonal oder am Kiosk im Vergnügungspark – auf Stundenbasis im Werkvertrag: Im Kennedy Space Visitor Centre in Cape Canaveral sind mittlerweile 70% aller Mitarbeiter part time, 60% (!!) davon sind über 55 und die Ältesten zählen bereits über 70 Jahre!
Fazit: Rezessionen ermöglichen das Aufbrechen verkrusteter Strukturen und etablierter, jedoch nicht zukunftsgerechter Denkschemen. Sie zwingen zu teils fundamentalem Umdenken und echten Innovationen – hoffentlich nicht nur in den Vereinigten Staaten!
Mit Verlaub: Direkt-Zuschüsse an Incomer, TO und Airlines als „innovative Marketingideen“ zu betiteln, finde ich dann doch etwas gewagt!
Was haben wir in den vergangenen 15 Jahren nicht alles gehört, gesehen und gelesen über Trends, veränderte Reiseströme und den „hybriden Konsumenten“. Wir haben diese Weisheiten in unsere Konzepte einfliessen lassen, unsere Produkte mal in diese, mal in jene Richtung designt. Das Beispiel von Florida zeigt eindrucksvoll, dass uns die Wirklichkeit nicht nur eingeholt sondern überholt hat – und das (dank „Krise“) mit enormer Geschwindigkeit. Neue Handels- und Warenströme, neue Märkte, und – darauf abgestimmtes – neues Reise- und Freizeitverhalten zwingen die Tourismusbranche zum Umdenken. In dieser Situation können wir von Kampfsportlern lernen: angreifen, wenn andere zurückweichen!
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