30. November 2016 | 18:52 | Kategorie:
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Erlebnisinszenierung – von der Innovation zum Allgemeingut?

Moderne Erlebnisinszenierungen im alpinen Raum finden immer weitere Verbreitung. Daher stellt sich die Frage, ob, wie bei Innovationen häufig zu beobachten, früher oder später mit Sättigungstendenzen zu rechnen ist und was dagegen unternommen werden kann. Die Frage ist nicht zuletzt deshalb berechtigt, weil bei derartigen Inszenierungen immer wieder dieselben Grundelemente zu finden sind wie Rutschen, Klettertürme, Flying Fox, Vorrichtungen zur Schulung von Beweglichkeit und Geschicklichkeit, Aussichtsplattformen oder Wasser in diversen Spielarten.

Mit dieser Thematik befasste sich die jüngste Jahrestagung von ICRET, einer Vereinigung, der namhafte Vertreter der Tourismuswissenschaft aus Österreich, der Schweiz und Deutschland sowie die Landestourismusorganisationen von Tirol, Südtirol und Vorarlberg angehören. Impulse für die Diskussion lieferten ein Beitrag der Erlebnisplan GmbH aus der Schweiz und ein Besuch des Messner Mountain Museum auf dem Kronplatz.

Aufwertung des Standorts und der Destination

Erfahrungen mit Erlebniswelten zeigen, dass sie eine zusätzliche Quelle für Wertschöpfung darstellen, die Preisdurchsetzungskraft erhöhen, Anlass für Kooperationen zwischen verschiedenen Anbietern und Branchen geben, die Destination nach außen hin sichtbarer machen, zur Schärfung des Destinationsprofils beitragen und Begehrlichkeit wecken. Auf was ist nun zu achten, damit Erlebnisinszenierungen im immer größer werdenden Wettbewerbsumfeld diese Qualitäten langfristig erhalten können?

Angebot für die ganze Familie

Erlebniswelten in den Alpen, bei denen oft Seilbahnunternehmen Pionierarbeit leisten, bieten in der Regel ein Drei-Generationen-Angebot, sprechen also von den Kindern bis zu den Großeltern die gesamte Familie an. Da sich die Zielgruppe Familie immer wieder erneuert und Kinder über Generationen hinweg dieselben Grundbedürfnisse haben, darf in dieser Hinsicht mit Kontinuität in der Nachfrage gerechnet werden. Es gilt daher, die Informationen für die beteiligten Generationen auf geeignete Weise aufzubereiten, also etwa in Form von Bildern und Texten für die ältere Generation, als Apps für Eltern und Jugendliche oder als Rätsel und Schnitzeljagden für Kinder.

Übrigens: Vor den virtuellen Zugängen und 3-D-Brillen braucht man keine Angst zu haben. Denn Tourismus ist und bleibt ein standortgebundenes Geschäft und die mit allen Sinnen wahrnehmbaren, authentischen Erlebnisse finden auch in Zukunft vor Ort statt.

Professionalität plus Authentizität

Professionalität und Authentizität sind gleichermaßen gefordert, keinesfalls kann Professionalität Authentizität ersetzen. Selbstverständlich ist professionelles Agieren unverzichtbar für den Erfolg. Das beginnt bereits bei der Planung, setzt ein nachhaltig erfolgreicher Erlebnisplan doch eine gut durchdachte, schlüssige Strategie voraus.

Authentizität wird erreicht, wenn die Erlebnisinszenierung an dem anknüpft, was der Ort, seine Geschichte, seine Landschaft usw. bieten und wenn diese Elemente in die Inszenierung miteinbezogen werden. Dazu kann die Integration und Optimierung bereits bestehender Angebote (z.B. ältere Themenwege) ebenso gehören wie die Inwertsetzung von Unorten, also von verwahrlosten Landschaftsteilen, veralteten Infrastrukturen oder Gebäuden, die ihre ursprüngliche Funktion verloren haben. Allerdings ist auch Erlebnisinszenierung nicht in der Lage, den Raum zu verändern, sie kann aber sehr wohl dazu beitragen, seine Stärken zu optimieren und seine Schwächen zu reduzieren, um ihn in ein völlig neues Licht zu rücken.

Die Authentizität der Erlebnisinszenierung ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass sich die Anbieter mit ihr identifizieren können. Sie macht die Sache für den Kunden glaubwürdig, sie fördert den Alleinstellungscharakter und sie erhöht die Durchsetzungskraft im stets größer werdenden Kreis ähnlich gelagerter Angebote.

Die Story als roter Faden

Erlebnisinszenierung benötigt eine Story, die als roter Faden alles durchzieht, die spannend aufbereitet werden kann und die sich für die Kommunikation nach außen anbietet. Um ein geeignetes Thema zu finden, das dieser Forderung gerecht wird, ist die intensive Auseinandersetzung mit dem Standort unabdingbar. Die Geschichte ist dem Betreiber gewissermaßen auf den Leib zu schreiben, er muss mit ihr etwas anfangen und sie dem Gast glaubwürdig vermitteln können.

Dabei kann die Story durchaus erfunden sein, wie dies z.B. beim neuen Fichtenschloss im Zillertal und dem Treiben der Fichtenwichtel der Fall ist, das zahlreiche Anlehnungen an die alpine Märchen- und Sagenwelt aufweist. Da der von Fichtenwald umgebene Standort und das Baumaterial Holz mit der Story stimmig sind, bilden Standort und Thema eine Einheit.

Die Geschichte, auf der die Erlebniswelt aufbaut, muss so erzählt werden, dass sie selbsterklärend ist. Nur dann können sich alle ohne Unterstützung von dritter Seite (z.B. Guide) durch die Erlebniswelt bewegen und der Spannungsbogen bleibt erhalten. Das erfolgt mit inhaltlichen, gestalterischen und kommunikativen Zugängen, bei denen die Besucher nicht selten Zuschauer und Schauspieler zugleich sind.

Aufbau und Weiterentwicklung in Schritten

Ein weiterer Aspekt betrifft die Möglichkeit der modularen Erweiterung der Erlebnisinszenierung, also des schrittweisen Ausbaus unter Berücksichtigung der gewonnenen Erfahrungen und des zunehmenden Wissens über die Kundenwünsche. Das gewählte Thema muss daher ausbaufähig sein, es muss laufend mit zusätzlichen Aspekten angereichert werden können. Bei der „Urmutter“ aller Erlebniswelten von Seilbahnen, dem Hexenwasser in Hochsöll, lässt sich das in geradezu bilderbuchartiger Weise nachvollziehen.

Resümee

Auf den Punkt gebracht: Um den nachhaltigen Erfolg von Erlebnisinszenierungen abzusichern und den wohl oder übel eintretenden Sättigungstendenzen wirksam zu begegnen, sind jedenfalls folgende Faktoren zu berücksichtigen:

  • Erst Strategieentwicklung, dann Erlebnisplanung
  • Verknüpfung von Professionalität und Authentizität
  • Anbindung an die sichtbaren und verborgenen Potenziale des Standorts
  • Eine spannende Geschichte, die durchaus erfunden sein kann, die jedoch zusammen mit dem Standort ein stimmiges Bild ergibt
  • Generationenübergreifender Zugang, der auf die Interessen und Bedürfnisse der einzelnen Altersgruppen eingeht
  • Möglichkeit zum modularen Ausbau und zur inhaltlichen Weiterentwicklung
  • Einbindung der relevanten Partner
  • Volle Identifikation der Anbieter mit dem Thema

Und zu guter Letzt: Bei Disney, so die übereinstimmende Meinung der Diskussionsteilnehmer, kann man in Sachen Erlebnisinszenierung sehr viel lernen. Disney steht für Stimmigkeit bis ins Detail. Die Herausforderung liegt dann darin, das dort Gelernte sinnvoll in den alpinen Kontext zu übertragen.

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