28. August 2013 | 10:06 | Kategorie:
0

Kultur durchzieht den alpinen Sommer

Kürzlich fand im Villgratental ein Konzert zum 20-Jahres-Jubiläum der Musicbanda Franui statt, und zwar auf jener Almwiese in 2300 m Seehöhe, die für die Osttiroler Gruppe namengebend war. Gemeinsam mit den Musikern wanderten 1000 Besucher hinauf zum „Konzertsaal“ in freier Natur. Die Darbietung war ein voller Erfolg, so wie dies bei Franui auch auf internationalem Parkett und in großen Konzertsälen üblich ist.

Vom Unverständnis …
Ganz anders vor 20 Jahren! Damals wurde den Musikern im Tal viel Unverständnis entgegengebracht und der Konflikt erreichte mit dem Niederbrennen des von ihnen als Festivalzentrum ausgewählten Holzhauses einen unrühmlichen Höhepunkt. Franui hat sich daraufhin aus dem Tal verabschiedet. Dieses Beispiel mag zwar extrem erscheinen, ist aber doch symptomatisch für den damaligen Umgang mit Kultur und Kunst in so manchem alpinen Tourismusort, jedenfalls wenn sie mit neuen und ungewohnten Ansätzen verbunden war.

… über das Umdenken zur Neuorientierung
Inzwischen hat sich vieles geändert und dafür sind wohl mehrere Gründe verantwortlich: So z.B. das Heranwachsen einer neuen Generation mit erweitertem Bildungshorizont, die Suche nach Identität oder das Streben nach Entwicklung der eigenen Fähigkeiten und kreativen Potenziale. Auch die Bemühungen um die qualitative Erweiterung des touristischen Angebots spielen eine Rolle. So mischt sich mehr und mehr Kultur in das Sommerangebot alpiner Destinationen, nicht etwa große Festivals, sondern viele kleine, feine Geschichten. Sie entstehen zum einen aus der Region heraus und sie resutlieren zum anderen aus der Zusammenarbeit mit Kulturschaffenden von außen.

Konzertsaal Landschaft
Die Palette ist breit und reicht von Musik über Theater bis zur bildenden Kunst. Veranstaltungsorte sind neben bestehenden Einrichtungen insbesondere auch Orginalschauplätze von historischen Ereignissen sowie Örtlichkeiten, die zum jeweiligen Thema passen: Natur und Landschaft sind Kulisse, Bühne und Logenplatz zugleich.

Beispiele für die Einbindung der Landschaft sind das historische Wandertheater „Friedl mit der leeren Tasche“ im Ötztal, die Aufführung der Geierwally in einer Lechtaler Schlucht oder die Inszenierung eines Dramas von Felix Mitterer auf der Hohen Munde, Gipfelbiwak inklusive. Auch Beispiele für die Zusammenarbeit mit externen Künstlern gibt es zahlreiche. Stellvertretend genannt seien die TOP Opera am Achensee oder die Opernaufführungen im Museumspark von St. Anton am Arlberg.

Kulturelle Netzwerke in Destinationen
Es geht aber nicht nur darum, kulturelle Angebote zu kreieren, sondern Kulturarbeit systematisch anzugehen und zu verankern, zum Wohle der einheimischen Bevölkerung und zum Nutzen für die Gäste. Das Ötztal, Region mit höchster Tourismusintensität und primärer Wintersportorientierung, hat dazu mit einem talweit aktiven Kulturverantwortlichen bereits gute Arbeit geleistet. Im benachbarten Pitztal starten die Gemeinden eine regionale Kultur-Agenda mit dem Ziel, das kulturelle Potenzial des Tales in Wert zu setzen und gemeindeübergreifend zu verknüpfen. Der im Vorfeld abgelaufene touristischen Markenbildungsprozess, welcher der Kultur einen wichtigen Stellenwert einräumt, liefert dafür wertvolle Ansätze.

Bereicherung des alpinen Sommers
Der in den letzten Jahrzehnten vollzogene Wandel bewirkt viel Positives: Er fördert die Fähigkeiten der Menschen, er stützt ihre Identität, er stärkt ihr Selbstverständnis, er ermöglicht den Austausch mit der Welt der Kultur- und Kunstschaffenden und vieles mehr. Und er erweitert das touristische Angebotsspektrum, wodurch ein Mehrwert für die Gäste entsteht, der auch buchungsentscheidend ist.

Kultur und Kunst leisten somit einen wertvollen Beitrag zur Bereicherung und qualitätsvollen Weiterentwicklung des alpinen Sommertourismus. Dass dies erkannt und geschätzt wird, ist nicht zuletzt das Resultat der konsequenten Arbeit vieler Kulturschaffenden, die unbeeindruckt von Kritik und Unverständnis weiter gemacht haben und die dank ihrer überregionalen Erfolge und Kontakte sehr viel zur Neubewertung kulturellen Schaffens beigetragen haben.

Die Vision ist Realität
Damit ist die von Franui vor zwei Jahrzehnten geborene – und auch von anderen angestrebte – Vision Wirklichkeit geworden: Regionale Kultur mit internationalen künstlerischem Denken zu verbinden und damit der Kultur und dem Leben in den alpinen Regionen eine neue Qualität zu verleihen.

Kommentieren

 
Ihre Daten werden im Rahmen der Kommentarfunktion gespeichert, darüberhinaus aber für keine weiteren Zwecke verwendet. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Kommentar zurücksetzen