Die anderen in meinem Betrieb
Das Thema der Zweitwohnsitze bzw. zusätzlich zu verkaufender Wohneinheiten spielt – speziell seit in der Schweiz die Bautätigkeit dafür massiv eingeschränkt worden ist – auch in heimischen touristischen Destinationen eine zunehmende Rolle. Dies gilt sowohl bei der Errichtung von teuren Stadt- aber noch mehr bei anspruchsvollen Ferienhotelanlagen. Aus diesem Grund wurde vom BMWFW ein Workshop zu diesem Thema veranstaltet.In attraktiven touristischen Gemeinden vor allem in Westösterreich hat der Bau von Zweitwohnsitzen bereits zu Verteuerung von Immobilien und Liegenschaften geführt. Aus diesem Grund haben einzelne Bundesländer (Tirol, Salzburg) zu Beschränkungen der Zahl der als Ferienwohnsitz errichteten Zweitwohnsitze gegriffen.
Eine unreflektierte Beschränkung jeglicher Form der Errichtung von zweitwohnsitzähnlichen Unterbringungskapazitäten in Feriendestinationen greift jedoch zu kurz und beschränkt die Chancen für die Entwicklung neuer Konzepte. Die Verwirklichung wünschenswerter Konzepte stößt jedoch teilweise auf Ablehnung bzw. sind in der Umsetzung auch Erfahrungen vonnöten, die in einigen Fällen gefehlt haben und die daher nicht immer erfolgreich verwirklicht werden konnten.
Die Errichtung von Zweitwohnsitzen in Feriendestinationen hat unter bestimmten Rahmenbedingungen zweifellos beträchtliche negative Aspekte (Landschaftsverbrauch, kalte Betten, Verstärkung der Saisonspitzen, wenig Einfluss der Destinationen auf heruntergekommene Zweitwohnsitze, Verteuerung von Immobilien für Einheimische etc.)
Sie können jedoch auch bei Umsetzung entsprechender Konzeption die Weiterentwicklung von Destinationen unterstützen, die angesprochenen negativen Aspekte vermeiden, neue Gästekreise erschließen und dem Tourismus die Chance eröffnen, eine neue Finanzierungsquelle zu erschließen, die den fehlenden Zugang zum Anlegerpublikum eröffnet.
In rechtlicher Sicht reicht das Spektrum der Eigentümerschaft je nach Ausgestaltung und Nutzung der Immobilie und abhängig von der Intention des Bauträgers von der herkömmlichen Ferienwohnungen für Eigennutzung (Buy-to-use), über Time-Sharing und Fractional-Ownership-Konzepten hin zu Buy-to-let-Modellen. Time-Sharing und Fractional-Ownership-Modelle, bei denen man entweder Nutzungsrechte in Form von Wochen, Punkten oder Bruchteilen am Wohneigentum erwirbt, waren in Österreich bisher wenig erfolgreich.
Demgegenüber können Buy-to-let-Modelle eine interessante Alternative zu herkömmlichen Ferienwohnungen darstellen. Buy-to-let bedeutet, dass Hotelzimmer oder –apartments mit der Absicht erworben werden, diese nur für einige Wochen selbst zu nutzen und danach durch den angegliederten Hotelbetrieb zu vermieten.
Hotelunternehmen können somit Projekt verwirklichen, wo ein wesentlicher Teil des Kapitalrückflusses bereits kurz nach der Projektfertigstellung erfolgt. Das erleichtert die Kapitalaufbringung und erschließt über das Käuferpublikum neue dringend benötigte Eigenkapitalquellen.
Die Käufer solcher Hoteleinheiten kommen in den Genuss von Mieteinnahmen und damit einer höheren Rendite als bei ausschließlicher Eigennutzung. Für den Hotelier ergeben sich zum einen zusätzliche Einnahmen (nach Abzug der Miete an die Eigentümer der Apartments), da die Apartmentnutzer auch die anderen Einrichtungen des Hotels nutzen und so lassen sich Skaleneffekte durch die höhere Kapazitätsauslastung erzielen und zusätzliche Umsätze durch Zusatzkonsumation generieren.
Auch für die Destinationen ergeben sich Vorteile: Durch eine Vermietung dieser Buy-to-let-Einheiten werden „kalte Betten“ vermieden und Sorgen bezüglich unbewohnter Zweitwohnsitze können zerstreut werden. Die Verwirklichung eines für alle Seiten (Investor, Unternehmer, Destination) zufriedenstellenden Konzeptes setzt jedoch Erfahrung voraus.
Folgenden Aspekten ist besonderes Augenmerk zu schenken:
- Rechtliches Konzept mit Rechten und Pflichten von Hotelunternehmer und Wohnungseigentümer
- Abstimmung der Kapazitäten und Infrastruktur
- Professionelles Management des Hotels mit wirtschaftlich stabiler Eigentümerschaft
- Steuerliche Aspekte für Hotelunternehmen und Wohnungseigentümer
- Regelung von Nachinvestitionen und strategischer Weiterentwicklung der Anlage
Die Diskussion über Zweit- und Ferienwohnsitze ist mit Emotionen und teilweise auch mangelndem Verständnis belastet. Sie wird über weite Strecken aus der Sicht der einheimischen Bevölkerung und der Immobilien- bzw. Bauwirtschaft geführt.
Die Betrachtung aus touristischer Sicht eröffnet neue Möglichkeiten und Perspektiven. Aufklärung, Darstellung der Chancen und Möglichkeiten sind erforderlich, um das Bedürfnis nach der Errichtung einer privaten Ferienimmobilie und Erfordernisse der Hotellerie in Einklang zu bringen. Ein wohl durchdachtes Konzept kann beides verbinden und neue Chancen eröffnen.
Franz Hartl diskutiert in seinem Beitrag einige Formen der Hereinnahme von externem Kapital in Hotelinvestitionen. Anlass dafür ist die umfassende Auseinandersetzung mit der Freizeitwohnsitzthematik im Rahmen des erwähnten Workshops des BMWFW. Dort war ein breiter Konsens darüber auszumachen, dass in tourismusintensiven Destinationen keine Freizeitwohnsitze der herkömmlichen Art mehr entstehen sollen. Denn seit dem Beitritt Österreichs zur EU haben eine Reihe externer Faktoren eine starke Nachfrage nach Zweitwohnungen hervorgerufen, die ausschließlich der Eigennutzung dienen, und das nur für wenige Wochen im Jahr. Betroffen sind primär Tourismusregionen in den drei westlichen Bundesländern und in Kärnten.
Externe Treiber sind u.a. die Niederlassungsfreiheit für EU-Bürger, die steuerbegünstigte Beschaffung von Wohnraum im „sicheren Hinterland“ für niederländische Staatsangehörige, die unter Berlusconi gewährte Steueramnestie in Italien oder die durch die weltweite Finanzkrise ausgelöste Flucht in die Sachwerte. Und nun ist aufgrund des Schweizer Volksentscheids über die Beschränkung von Zweitwohnungen in Tourismusgemeinden mit einer weiteren Nachfragewelle zu rechnen.
Angesichts der Strukturprobleme im österreichischen Tourismus (Kleinstrukturiertheit, Investitionsbedarf, Finanzierungslücken usw.) erscheint es naheliegend, für die Nachfrage nach Freizeitimmobilien Angebote bereitzustellen, die den Bedürfnissen der Nachfrager prinzipiell entsprechen, gleichzeitig aber zur Beschaffung von Eigenkapital für Beherbergungsbetriebe beitragen – und die international gang und gäbe sind. Bei solchen Lösungen ist jedoch die sorgsame Abwägung aller Vor- und Nachteile unabdingbar, auch mit Blick in die Zukunft, und es ist über die rein betriebliche Ebene hinaus eine differenzierte Betrachtung erforderlich. Dazu nennt Franz Hartl einige Punkte, die durch weitere Aspekte ergänzt werden können.
So macht es einen Unterschied, ob sich diese Frage in tourismusintensiven Destinationen stellt oder in Regionen, die touristisch erst schwach entwickelt sind oder sich gar in der Abwärtsspirale befinden. Erstere sind für externe Investoren zwar am attraktivsten, dafür sind die dortigen Betriebe in der Regel in der Lage, anstehende Investitionen aus eigener Kraft zu stemmen. Das gilt jedenfalls für Betriebe mit regelmäßiger Investitionstätigkeit, während dort, wo sich ein Investitionsstau angehäuft hat, die Sache anders aussieht. Auch macht es in der Bewertung einen Unterschied, ob es darum geht, den Bestand an Gästebetten abzusichern oder ihn auszuweiten. Zu unterscheiden ist auch zwischen der Sanierung bestehender Bausubstanz, einschließlich betriebswirtschaftlich sinnvoller Erweiterungen einerseits sowie der Entstehung von neuen Betrieben und neuen Betten andererseits.
Die Problematik ist also vielschichtig. Information, Wissensvermittlung, Erfahrung und Bewusstseinsbildung sind unabdingbar, um die für den Betrieb, die Gemeinde und die Destination richtigen Entscheidungen zu treffen bzw. Empfehlungen auszusprechen.
Im Idealfall sollte es gelingen, die endogenen Kräfte so zu mobilisieren, dass Weiterentwicklungen aus der Destination heraus getragen und vorangetrieben werden können, wie dies z.B. die Unternehmerschaft in Bad Hofgastein schon in mehreren kritischen Situationen kooperativ getan und mit der Bad Hofgastein Hotel Invest erneut unter Beweis gestellt hat. Dann ist auch gewährleistet, dass die touristischen Leistungsträger die treibenden Kräfte der Destination sind und bleiben.
Eine wesentliche Problematik im Zusammenhang mit Zweitwohnsitzen ist, das diese „grosso modo“ in Summe vielfach problematisch sind, es im Einzelfall jedoch immer gute Gründe auf einzelbetrieblicher Ebene für „mixed-use“ Projekte gibt.
Um so wichtiger ist es, dass von Seiten der öffentlichen Hand klare Regelungen für Gemeinden, Hoteliers und Projektentwickler aufgestellt werden!
Nähere Infos in der aktuelle ÖGZ unter: http://www.gast.at/noch-mehr-zweitwohnsitze-130762.html
Die Kommentare zeigen, dass die Frage der Zweitwohnsitze eine tourismuspolitische (Destinationsentwicklung) und eine einzelbetriebliche Dimension hat. Tourismuspolitisch ist die öffentliche Hand gefordert. Einzelbetrieblich zeigen die bisherigen Erfahrungen, dass wohl jeder Fall einzeln zu beurteilen sein wird. (Ich habe bisher noch keinen Fall erlebt, der mit einer Norm zu beurteilen wäre). Zum Beispiel bei Umwidmungen bzw. Teilumwidmungen von bestehenden Hotels: In welchem Ausmaß ist eine Umwidmung notwendig, um die Querfinanzierung eines Hotels zu ermöglichen, das aus eigener Kraft nicht mehr sanierbar ist? Ist damit eine lebensfähige Betriebsgröße des Hotels gesichert oder ist es nur der erste Schritt zu einer Totalumwidmung? Wie ist sicherzustellen, dass die Umwidmungsgewinne nicht abfließen? Welchen Beitrag kann die Bank leisten? Wie ist eine bauliche Trennung zu schaffen, um Nutzungskonflikte zu minimieren? Etc. etc.
Betriebswirtschaftlich und rechtlich komplex und mit Sicherheit eine steigende Herausforderung in den kommenden Jahren.
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