30. Oktober 2016 | 08:30 | Kategorie:
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Bergsommer – die nächsten Entwicklungsschritte?

Der Bergsommer liegt im Trend. Das gute alte Wandern erlebt genauso eine Renaissance wie der Sommerurlaub in den Bergen. Klettersteige und Mountainbike-Trails gehören schon bald zum Standardrepertoire von traditionellen Wintersportorten. Klettern steht bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio erstmals auf dem Programm. Das Lebensgefühl einer Subkultur soll demnach als Sportart im Mainstream ankommen – ganz so wie das sommerliche Bergerlebnis.

Für die Seilbahnwirtschaft ist das touristische Sommerhalbjahr längst keine tote Zeit mehr. Bereits 58 Unternehmen hat aktuell der Fachverband der Seilbahnen mit dem Gütesiegel „Beste Österreichische Sommer-Bergbahnen“ ausgezeichnet. Diese bieten ihren Gästen als „Erlebnisberg“ zumindest eine der fünf Spezialisierungen: ‚Abenteuer‘, ‚Familie‘, ‚Genuss‘, ‚Kunst & Kultur‘ oder ‚Panorama & Naturerlebnis‘. Der Sommerbetrieb wird – für alle Altersgruppen und vielfach barrierefrei – dem naturvermittelnden Auftrag der Seilbahnen ideal gerecht.

Abgesehen von Ausflugsbahnen – vom Pfänder im Westen bis zur Rax-Seilbahn im Osten – müssen sich klassische Skigebiete allerdings den Sommerbetrieb auch leisten können. Rund 10 % des Jahresumsatzes in der zeitlich gesehen zumeist sogar längeren Sommersaison zu erzielen, gilt in der Branche bereits als guter Wert. Die strategischen Vorteile des Sommerbetriebes entfalten sich derzeit nur vor dem Hintergrund des dominanten Wintergeschäfts: Die Seilbahn kann mehr Ganzjahresarbeitsplätze bieten, Hotellerie und Gastronomie Investitionen auch außerhalb der Wintersaison zurückverdienen.

Zwei Entwicklungsfelder scheinen für den touristischen Bergsommer von besonderer Bedeutung:

Digitale Inhalte statt Schilderwald?
In den Bergen „Erlebnisräume“ zu schaffen und diese thematisch zu inszenieren, also mit einem erzählerischen roten Faden zu versehen, ist professioneller Standard geworden. Umso schwieriger ist es jedoch, beispielsweise sein Wanderangebot möglichst unverwechselbar und authentisch – also mit Menschen und Geschichten aus der Region verbunden – aufzubereiten.
Und selbst wenn es wie beim richtungsweisenden Projekt nock/art gelingt, eine eigene Ästhetik zu entwickeln, besteht die Gefahr mehr und mehr „Hardware“ auf den Berg zu stellen. Der sprichwörtliche Schilderwald lässt grüßen. Eine Kombination von persönlicher Vermittlung und digitaler Aufbereitung von Inhalten könnte zumindest diese Art der Überinszenierung vermeiden helfen.

Geschäftsmodell für Mountainbike-Destinationen?
Ähnlich wie beim großen Vorbild Whistler Blackcomb haben auch bei uns profilierte Wintersportorte bestehende Seilbahnen genutzt und spezielle Mountainbike-Trails und Bikeparks geschaffen. Der Markt entwickelt sich, wie die Erfolge von Saalfelden Leogang zeigen, sehr vielversprechend.
Auf das über Jahrzehnte gewachsene Know-how der Skigebiete kann teilweise zurückgegriffen werden, der Trailbau ist jedoch etwas sehr eigenes: Tendenziell sind die Angebote für das Gros der Gäste technisch zu schwierig und der Wartungsaufwand zu hoch. Diese „Kinderkrankheiten“ lassen sich durch internationalen Austausch und Zusammenarbeit – wie unlängst beim Mountainbike-Kongress in Saalbach – überwinden.
Die eigentliche Herausforderung besteht wohl darin, über die Zeit Mountainbike-Destinationen zu schaffen, in denen sich alle Partner in der touristischen Leistungskette mit dem Thema nicht nur persönlich identifizieren können, sondern auch ihr Geschäft entsprechend ausrichten: vom Guiding, über Shop und Verleih bis hin zu den Beherbergern. Besonders interessant wird, ob E-Mountainbikes und attraktive Uphill-Trails auch Orten ohne Seilbahnen die Positionierung als Mountainbike-Destination ermöglichen.

Bad Kleinkirchheim nockART Wanderwege Foto Copyright by Johannes Puch www.johannespuch.at

Bad Kleinkirchheim
nockART Wanderwege
Foto Copyright by Johannes Puch www.johannespuch.at

30. Oktober 2016, 23:42

Der Trend zum Bergsommer ist nicht einfach vom Himmel gefallen. Natürlich hat er gesellschaftliche Wurzeln, die außerhalb der Berge liegen, aber er ist auf weite Strecken das Ergebnis intensiver Bemühungen der Tourismuswirtschaft. Zudem erhält er massive Unterstützung durch die Produzenten von Outdoor-Ausrüstungen und durch ihre Werbung mit attraktiven Models und faszinierenden Bergbildern aus aller Welt. Und nicht zuletzt tragen auch die alpinen Vereine mit ihren sechs- und siebenstelligen Mitgliederzahlen ein Scherflein dazu bei.

In der Angebotsentwicklung für den Bergsommer leisten die Seilbahnen einen maßgeblichen Beitrag und sie nehmen häufig die Funktion von Leitbetrieben ein. Was dabei die „klassischen Seilbahnen“ anbelangt, so geht es vermutlich weniger darum, ob sie sich den Sommer leisten können. Vielmehr stellt sich die Frage, ob sie es sich leisten können, auf den Sommer zu verzichten. Von den Beteuerungen, dass man im Sommer nichts verdient, sondern sogar hineinzahlt, den Seilbahnbetrieb aber dennoch aufrechterhält, ist jedenfalls schon lange nichts mehr zu hören.

Und mehr und mehr werden Investitionen von Bergbahnunternehmen quasi als Hybride angelegt, damit sie sich für den Winter und den Sommer eignen. Das gilt u.a. für gastronomische Einheiten, für Beschneiungsteiche, für Rodelbahnen (Alpine Coaster) oder für diverse Flying-Fox-Variationen, ob sie nun Flieger, Skyglider oder wie auch immer heißen. Dem Naturell der Seilbahnunternehmer entsprechend sind ihre Sommerangebote tendenziell Hardware-lastig, doch tragen sie viel dazu bei, den Besuchern die Landschaft und die Natur im Gebirge auf spielerische und unterhaltsame Weise näher zu bringen. Und das ist wichtig, können doch die meisten Menschen die Dinge nur dann sehen und Erlebnisse nur dann als solche wahrnehmen, wenn sie gezielt darauf hingeführt werden.

Dennoch ist zu hinterfragen, ob wirklich alles und jedes inszeniert werden muss und wenn ja, in welcher Intensität. Zweifelsfrei unverzichtbar ist es, sich dazu die Digitalisierung zunutze zu machen. Dadurch lässt sich, wie Markus Redl richtig anmerkt, so manche Hardware bzw. Möblierung auf ein Minimum reduzieren – wie das Bild vom nockART Wanderweg zeigt und wie es auch andernorts der Fall ist. Die persönliche Vermittlung wäre natürlich in vielen Fällen ideal, sie kommt auch zur Anwendung, ist angesichts der einzusetzenden personellen Ressourcen aber doch recht aufwendig – und auch nicht von jedem Gast gewünscht.

Was meiner Beobachtung nach für den Bergsommer (und auch den Bergwinter) absolut unerlässlich ist: Neben aller Thematisierung und Inszenierung muss es vornehmlich auch darum gehen, die Menschen zu befähigen, eigenverantwortlich und mit der richtigen Einschätzung ihrer Fähigkeiten in die Berge zu gehen. Damit können sie die mit dem Aufenthalt in den Bergen verbundenen Risiken minimieren und den Bergsommer in vollen Zügen und mit nachhaltigem Nutzen genießen.

31. Oktober 2016, 11:16

Während in Österreich schon weitgehend die Saisonmüdigkeit eingesetzt hat, war der Herbst etwa am Gardasee mit dem Themen Wandern, Klettern und vor allem Mountainbiken gut besetzt und ein Zimmer hat man erst nach einigen Anfragen erhalten, weil die Buchungslage noch ausgezeichnet war.

Auch hier haben sich einige Orte sehr eindeutig profiliert – etwa Torbole und Riva für Mountainbiken oder Arco für Klettern. Die Spezialisierung einerseits aber auch der umfassende Ansatz – sobald man ein Thema besetzen will – sind letztendlich zielführend.

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