Wie touristische Hot-Spots regeln?
Barcelona, Dubrovnik, Mallorca, Südtiroler Dolomitenpässe, Venedig, Salzburg…..in den touristischen Brennpunkten gärt es. Lenkungs- und Beschränkungsmaßnahmen werden gefordert.
Wie gehen wir damit um? Vielleicht gelingt uns im TP-Blog eine interessante Diskussion?
Einige Gedanken dazu:
Es geht um die Fragen „Qualität versus Quantität“ in den Destinationen. Kann Qualität neben Masse bestehen? Gibt es auch eine Qualität in der Masse? Das oberste Ziel muss doch letztlich sein, die Wertschöpfung zu erhöhen. Eigentlich Wertschöpfung + soziale Verträglichkeit (denn sonst kippt die Tourismusgesinnung durch eine fehlende gefühlte Qualität). Dazu wird ein bewusstes Bekenntnis zu Lenkungsmaßnahmen notwendig sein (Mengenbeschränkungen, Gebühren, Besucherlenkung, Preisstaffelungen etc.). Ist es gefährlich, Privilegien über Preise zu vergeben?
Bin gespannt.
Die Umfrage zu den Grenzen des Wachstums im Tourismus war, was die Beteiligung betrifft, eine der erfolgreichsten bisher hier im tp-Blog. Rund 85% waren der Meinung, dass Qualität vor Quantität gehen soll. zum Nachlesen hier der Link zur Umfrage:
Lieber Manfred,
gutes Topic. Wien hast Du außen vor gelassen ;-). Tourismusgesinnung ist hier laut letzter Erhebung bei 70% der Wienern zwar vorhanden. Aber ein paar Zahlen unterstreichen auch hier den dringenden Bedarf an strategischer Planung und Lenkungsmaßnahmen: Im Jahr 2006 durften sich ca. 9 Millionen Besucher die Albertina, den Wr. Stephansdom und Schönbrunn teilen. 2017 werden es bereits 15 Millionen Besucher sein, die ebenfalls um Eintritte und Besuche in ebendiese Institutionen „buhlen“ werden. Diesem Anstieg von über 65% muss man mit Besucherlenkung und v.a. dem Mut, Wien nicht zum für alle Ewigkeit unveränderbaren Museum „verkommen“ zu lassen (siehe Debatte Heumarkt / Canaletto / UNESCO) entgegnen. Das Schaffen von neuen touristischen Attraktionen und Zentren ist von großer Bedeutung. Hier wurden meiner Meinung nach in der Vergangenheit große Chancen links liegen gelassen (siehe zB Hauptbahnhof). Potentiale gäbe es genug.. zB Donau — ob Kanal oder Donauinsel… der durchschnittliche Wien Besucher kennt die Stadt an der „schönen blauen Donau“ nur vom Hörensagen…
Zunächst ein Blick zurück: Das Thema Masse ist zwar aktuell, es ist aber keinesfalls neu. Ich darf an die Entstehungsgeschichte des Konzepts des Sanften Tourismus erinnern, das u.a. als Antithese zum Massentourismus gedacht war und nach wie vor ist (siehe z.B. Bergsteigerdörfer des Alpenvereins). Auch erinnere ich mich an ein Gespräch mit einem früheren Landestourismusdirektor, der auf meine Frage nach den Grenzen des touristischen Wachstums geantwortet hat, dass dies auf weite Strecken eine Frage der Organisation und damit auch der Technik sei (hier ein Querverweis zu dem in diesen Tagen zentralen Thema im TP Blog, der Digitalisierung sowie der damit verbundenen Dichte, Reichweite und Qualität von Informationen).
Wenn wir das Thema Masse in den Griff bekommen und an den richtigen Stellschrauben drehen wollen, müssen wir Klarheit darüber gewinnen, wer denn die Treiber dieser Entwicklung sind. Und die sitzen sowohl innerhalb als auch außerhalb der betroffenen Destinationen. Es sind, vereinfacht gesagt, die Reiseveranstalter auf der einen und die Anbieter vor Ort auf der anderen Seite. Und wenn es um die angesprochen Verknüpfung von Wertschöpfung und sozialer Verträglichkeit geht, darf das Spielfeld nicht allein diesen überlassen werden.
Manfred Kohl spricht einige Möglichkeiten der Steuerung der Touristenströme an und ich denke, dass alle genannten Punkte wie Mengenbeschränkung, Besucherlenkung, Gebühren, Preisstaffelung usw. ihre Berechtigung haben – und bereits vielerorts zur Anwendung kommen. Wichtig ist meines Erachtens die begleitende Information, damit für den Kunden verständlich wird, warum welche Regelungen gelten. Beispiele zeigen, dass unzureichende Informationen Missmut erzeugen, nachvollziehbare Erläuterungen hingegen Verständnis entstehen lassen.
Noch einige Sätze zum Kommentar von Philipp Patzel und der Schaffung neuer touristischer Attraktionen. Dabei muss es nicht nur um die Schaffung von Neuem gehen. Es gibt vielerorts zahlreiche verborgene Schätze, die in Wert gesetzt werden können. Bemühungen in dieser Richtung sind derzeit in Innsbruck (und wohl nicht nur hier) zu beobachten, wo es darum geht, die Altstadt zu entlasten und den Gästen auch andere Teile der Stadt näherzubringen. Davon erwartet man sich mehrere positive Effekte: bessere Verteilung der Besucherströme, längere Verweildauer in der Stadt und nicht zuletzt die von Manfred Kohl eingemahnte Verknüpfung von Wertschöpfung und sozialer Verträglichkeit. Erste positive Auswirkungen auf die Tourismusgesinnung in den touristisch aufzuwertenden Vierteln vermeine ich wahrnehmen zu können.
Ein Artikel der Wirtschaftswoche beschäftigt sich mit diesem Thema „Overtourism“ und was dagegen getan oder nicht getan wird:
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