Vom Wert der Leitbetriebe
Erfolgreiche Destinationen zeichnet häufig die Anwesenheit eines oder mehrerer Leitbetriebe aus. Aber was hat es mit diesen Leitbetrieben auf sich? Wozu sind sie gut, was zeichnet sie aus, brauchen wir sie überhaupt? Und was machen Destinationen, die nicht mit Leitbetrieben gesegnet sind und denen die Ansiedlung eines Leitbetriebes schwer fällt? Fragen über Fragen…
Beginnen wir mit der Frage, was Leitbetriebe im Tourismus ausmacht. Was würden Sie sagen? Für mich ist ein Leitbetrieb jedenfalls ein Betrieb, der eine Image- und Impulsfunktion hat, die auf die Destination im positiven Sinne ausstrahlt. Häufig ist es ein Betrieb einer höheren Kategorie oder ein Infrastrukturunternehmen. Denn Leitbetriebe funktionieren auch spartenübergreifend – in vielen Destinationen zählen Seilbahnunternehmen, Thermen oder Kongresszentren zu den impulsgebenden Leitbetrieben.
Leitbetriebsfunktion kann in meinen Augen auch ein Bündel an Betrieben haben, das sich gegenseitig motiviert und eine gemeinsame Impulsfunktion wahrnimmt. Was die Kategorisierung betrifft, muss der Leitbetrieb nicht im herkömmlichen Sinne „der beste“ sein – ich kenne Gemeinden, in denen ich neben dem 4*S-Betrieb auch dem zukunftsgerichteten, gestaltungsfreudigen Urlaub-am-Bauernhof-Betrieb eine Leitbetriebsfunktion zugestehen würde.
Für mich spielen bei der Frage nach der Beschreibung eines Leitbetriebes mehrere Facetten eine Rolle: Zum einen spezielle Leistungen oder Aufgabenbereiche, eine besondere Qualität, was nicht zwingend eine Frage der Kategorie ist, und zumindest eine Vordenker- oder Innovatorfunktion. Das ganz Besondere aber, was in meinen Augen Leitbetriebe auszeichnet, ist, dass sie bewusst eine Führungs- bzw. Gestaltungsrolle wahrnehmen, die deutlich über den eigenen Betrieb hinausgeht. Ein Engagement auf Gemeinde- oder Destinationsebene oder in einer anderen richtungsgebenden Rolle ist für mich häufig ein entscheidender Faktor in der Beurteilung eines Leitbetriebs.
Leitbetriebe verstehen es, das Potential in der Destination zu erkennen und im Sinne ihres Betriebes auszuschöpfen. Mit ihrem Erfolg haben sie Vorbildfunktion und wecken damit nicht selten auch schlummernde Energien bei anderen. Ihr Engagement innerhalb und außerhalb des eigenen Betriebs beeinflusst die Entwicklung der gesamten Destination.
Was aber, wenn es in der Destination keine Leitbetriebe gibt?
Wie viele engagierte Gemeinden und Regionen feststellen, gestaltet sich die Ansiedlung von Leitbetrieben äußerst schwierig. Es gilt zahlreiche Rahmenbedingungen sicherzustellen, von denen eine zumindest ein klares Bekenntnis zum Tourismus ist. Gelungene Betriebsansiedlungen bedeuten jedoch noch lange keinen Leitbetrieb – denn nicht jeder Unternehmer (v.a. in Konzernbetrieben) hat Interesse daran, als echter Leitbetrieb zu fungieren.
Ein weiterer berechtigter, aber in der Praxis nicht gerade alltäglicher Hoffnungsträger ist jener, dass sich ein bestehender Betrieb zu einem Leitbetrieb entwickelt. Gerade in Verbindung mit einem Generationenwechsel oder neuem Konzept ist das durchaus möglich.
Was dagegen aber fast immer funktioniert, ist aktiv einen Kreis herauszubilden, der eine Motor-Funktion in der Destination übernimmt. In sehr vielen meiner Projekte auf Destinations- oder Gemeindeebene zeigt sich, dass selbst in auf den ersten Blick „schwachen“ Tourismusgebieten ohne Leitbetrieb meist genug endogenes Potenzial vorhanden ist, das gezielt genutzt und weiterentwickelt werden kann. Oft genügt ein zündender Funke, um das Feuer zum Brennen zu bringen… und wenn dieser Funke einmal überspringt wird deutlich, dass Leitbetriebe bis zu einem gewissen Grad auch substituierbar sind.
Eine sehr gute und differenzierte Darstellung. Wird das Potenzial von touristischen Leitbetrieben lediglich auf ihre wirtschaftliche Strahlkraft reduziert, bleiben die gewünschten Multiplikatorwirkungen in der Destination oft aus. Denn die angesprochene Vorbildfunktion beinhaltet eben das aktive Engagement in der Region – und das braucht hierzulande Kooperation.
Ja, das sehe ich auch so. Ein Leitbetrieb hat eine IMAGE-und eine BETRIEBLICHE Dimension:
Image-Dimension:
– Unverzichtbarer oder schwer verzichtbarer Image-Träger des Ortes/der Destination
– Öffentlichkeitswirkung und Engagement in der Destation
– Vorbildwirkung für Branchenkollegen
– Signalwirkung innerhalb der Branche
Betriebliche Dimension:
– Kennzahlen liegen deutlich über dem Durchschnitt
– Preisführer in seinem Segment
– Vorbildliche Betriebsführung
– Laufende Investitionen und Innovation
Dieser Leitbetriebs-Impulswirkung werden leider so manche „angesiedelten“ Hotels (Investoren-Betreiber-Modelle) nicht gerecht.
In Ergänzung zu den Kommentaren, denen ich inhaltlich voll zustimme zwei besonders schöne, und wirksame Beispiele.
Im „Windschatten“ des Krallerhofes in Leogang sind in den letzten 20 Jahren zahlreiche Top Betriebe entstanden. Das gleiche gilt für Grossarl mit dem Hotel Edelweiss. Einer machts vor, die anderen sehen es geht, werden positiv inspiriert und folgen nach…………
Haimayer-Analyse wie immer perfekt. Besonders in touristisch „unternetwickelten“ Gebieten haben die Leitbetriebe eine wichtige Funktion als Impulsgeber. Siehe Hotel Veltlin in Poysdorf, für das gesamte östliche Weinviertel.
Interessant wäre es doch auch für Großkonzerne, das know how in kleine Betriebe bringt und somit Leitbetriebe schafft. Profitieren werden die Großkonzerne quasi durch günstige Konditionen etc.
Gruß Daniel
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