Tourismus 2020 – nichts ist mehr wie früher
Das Coronavirus hat die bislang im Tourismus gültigen Regeln über den Haufen geworfen. Bisher galt die Tourismus- und Freizeitwirtschaft als nahezu krisenfester Wirtschaftssektor, der sich gerade nach der Finanzkrise 2008 überdurchschnittlich gut geschlagen hat. Derzeit steht er im Mittelpunkt der Rückgänge.
Der stärkste reale Rückgang der Wirtschaftsleistung mit 61 Prozent zum Vorjahresquartal entfiel laut den Zahlen der Statistik Austria im Quartal April bis Juni auf den Bereich Beherbergung und Gastronomie, gefolgt vom Unterhaltungs- und Kulturbereich, der gegenüber dem Vorjahresquartal um 35 Prozent abstürzte.
Zwischen Mai und August sanken die Nächtigungen in den Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres im landesweiten Schnitt um 33 Prozent auf 39 Millionen.
Während bislang die Nachfrage gerade im Sommer-Einsaison-Bereich eher stagnierte und das Nächtigungsaufkommen der Inländer bescheidene Zuwächse aufwies, verkehrte der Corona-Sommer die Ergebnisse und führte zu einem inlandsnachfragegetriebenen Zuwachs an den heimischen Seen. So kamen im heurigen Sommer Kärnten mit einem Minus von 15 Prozent und die Steiermark mit minus 18 Prozent am glimpflichsten davon.
In den letzten Jahren konnte Wien konstante Zuwächse melden und seine Nächtigungen auf über 16 Mio. p.a. ausbauen. Diesmal hat es Wien mit einem Einbruch der Buchungen um 82 Prozent besonders hart getroffen. Derzeit sperrt ein Gutteil der Betriebe gar nicht auf, weil ein kostendeckender Betrieb nicht möglich ist.
Die Aussichten für die Wintersaison 2020/21 sind derzeit auch alles andere als rosig. Die wieder steigenden aktuellen Infektionsfälle sowie damit verbundene Reisebeschränkungen lassen sinkende Gästezahlen befürchten. Auch ist kaum zu erwarten, dass die Inlandsnachfrage die ausfallenden Gäste aus dem Ausland im selben Ausmaß kompensieren kann wie im ersten Coronavirus-Sommer.
Zu allem Übel sind sich auch die politischen Entscheidungsträger nicht einig und können sich nicht auf eine einheitliche und klar verständliche Vorgangsweise einigen. Da könnte sich dann, das vom Beratungsunternehmen Prodinger im Auftrag der WKO erstellte Mittlere Szenario, das eine Nächtigungsentwicklung ähnlich dem vergangenen Jahr erwarten lässt, als optimistisch herausstellen und die raue Wirklichkeit uns ein Ergebnis bescheren, das wir als „Worst Case“ einstufen müssen.
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