Tobias Moretti zur Corona-Kritik an Tirol
Tobias Moretti, international erfolgreicher Schauspieler und weitgereister Künstler ist im Nebenerwerb Bergbauer in Tirol. Da sein Bauernhof weit abseits von Tourismushochburgen liegt, steht er wohl nicht im Verdacht, Freund eines intensiven Tourismus bzw. einer ungebremsten Tourismusentwicklung zu sein. Das hat er auch in seinem Festvortrag zum 125-Jahr-Jubiläum der Tirol Werbung klar zum Ausdruck gebracht.
Umso bemerkenswerter ist es, dass er in seiner aktuellen Facebook-Videobotschaft zu den Ereignissen rund um Corona in Tirol Stellung bezieht. Er geht auf die Kritik an den Gegebenheiten in Tirol ein, die sich ja in hohem Maße an Ischgl und einigen anderen Tourismushochburgen festmacht. Ganz wichtig dabei: Er zeigt auf, was er vor Kurzem rund um Corona anderswo beobachtet hat bzw. selbst erleben musste. Auch macht er keinen Hehl daraus, was er von denen hält, die nun glauben, mit Corona-Klagen gegen Tirol ein Geschäft machen zu können.
Ich denke, die Stimme von Tobias Moretti ist gerade jetzt ungemein wichtig und das, was er sagt, ist absolut richtig und tut gut. Es ist zu wünschen, dass seine Worte gehört werden und seine Botschaft verstanden wird. In ihrem Kern ruft er auf zu Solidarität, zu Solidarität innerhalb von Tirol, zu Solidarität innerhalb von Österreich und zu Solidarität zwischen den Ländern Europas.
Die Videobotschaft von Tobias Moretti im Wortlaut
Liebe Grüße an alle, wo ihr auch seid in Europa. In Frankreich, Italien, England, wo immer.
Ich bin ja kein Facebook-Exhibitionist, aber die derzeitige Situation erfordert neben Stellungnahmen auch Haltung wie ich finde. Denn was in diesen Tagen bei uns passiert, ist ein Irrsinn, was das Image unseres Landes betrifft. Wir alle, nicht nur ihr, brauchen jetzt Solidarität, konstruktives Nach-Vorne-Schauen und nochmals Solidarität. Und nicht nur bei uns in Tirol und Österreich, sondern auch in den nördlichen Nachbarländern, in Deutschland, in Schweden und so weiter, die sich jetzt so eifrig mit den Klagen gegen unser Land einbringen, als wäre das Coronavirus in Tirol entstanden oder ein Tiroler Problem gewesen. Dass es Einzelfälle von Fehlverhalten gegeben hat, das mag sein, das wird so sein. Die muss man auch zu einem späteren Zeitpunkt unter die Lupe nehmen. Aber das Polarisieren der Interessensgruppen jetzt zum Geschäft machen zu wollen, das finde ich erbärmlich, ehrlich gesagt!
Ich habe vor zwei Wochen in Deutschland und Schweden gearbeitet und ich kann euch aus eigener Erfahrung sagen, dass man dort die Situation noch viel drastischer negiert hat. In Schweden tut man das zum Teil bis heute. Alle Auslandsösterreicher wurden damals aufgefordert, nach Hause zurückzukehren. Alle Schranken waren bei uns schon dicht. Man hat gewusst, was auf einen zukommt. Trotzdem hätte ein Arbeitsabbruch von Dienstnehmerseite drastische rechtliche Konsequenzen nach sich gezogen.
Weder bei uns, noch in anderen schwedischen Dienstleistungsbetrieben, Restaurants, Hotels, öffentliches Leben, Verkehr, gab es irgendwelche Hygienevorschriften oder Abstandsregeln. Nicht mal bei der Leibesvisitation am Stockholmer Flughafen. Vor gut einer Woche wurde das Personal angehalten, irgendeine Form von Mundschutz zu tragen.
Und dass nun deutsche Konsumverbände so tun, als wären das nur wir gewesen, das ist nicht nur falsch, sondern auch taktlos. Und das darf sich nicht rechnen. Vor allem ist Niemandem damit gedient. Oder damit geholfen. Das emotionalisiert nur, aber bringt keine Erkenntnisse. Außer vielleicht das Ablenken von eigenen Versäumnissen.
Aber offensichtlich hat jede Extremsituation auch seinen Markt. Ja, ist so! Klarerweise waren es bei uns auch einige Politiker, die mit ihren leeren Sprachfloskeln – ja wie soll man sagen – daneben oder überfordert waren, wo es eine andere Dringlichkeit der Sprache gebraucht hätte. Dadurch haben sich auch einige in ihrer Sorge übergangen gefühlt. Sich auch empört, wie man nach dem ZIB 2 Interview mit Armin Wolf hat sehen können. Zu Recht! Aber trotzdem glaube ich, dass sich unsere Landesregierung und Bundesregierung nach bestem Wissen und Gewissen verhalten hat.
Wir sind in einer Situation, in der einen die Wirklichkeit im 12-Stunden-Rhythmus überrennt. Das ist so. Es gibt keine Erfahrungsgrundlage auf diesem Gebiet momentan, auf die man irgendwie zurückgreifen könnte.
Ja, was ich für mich jetzt wirklich hoffe ist, dass wir aus den Erfahrungen lernen und nicht das übliche Denken des eigenen Vorteils oder Schuld oder wie immer ins Spiel bringen. Übrigens auch ein Grund des Schlamassels. Und uns mit Solidarität gegenseitig in Europa stützen, so dass das Nachher nicht wieder ein Vorher ist.
Wo immer ihr gerade seid, passt auf euch auf. Bleibt gesund oder werdet gesund. Und bleibt solidarisch!
Tschau
Tobias
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