Skigebiete und ihr ökologischer Fußabdruck
Verfolgt man Medienberichte, besucht Websites oder wirft einen Blick auf Internetplattformen, wird offensichtlich, dass Skigebietsbetreiber in zunehmendem Maße Umweltthemen aufgreifen. Das hat mehrere Gründe. Deren Spannweite reicht von der Suche nach Antworten auf die kritische Einstellung gegenüber skitechnischen Erschließungen bis hin zu konkreten betriebswirtschaftlichen Überlegungen.
Pistenskilauf und CO2-Fußabdruck
Geht es um den CO2-Fußabdruck des Pistenskilaufs, so weisen die Skigebietsbetreiber zurecht darauf hin, dass eine einwöchige Flugreise in eine Ferndestination mit ungleich höheren CO2-Belastungen pro Urlauber verbunden ist als ein einwöchiger Skiaufenthalt in den Alpen. Weiters wird ins Treffen geführt, dass der Skibetrieb, pro Skiläufer gerechnet, den geringsten Anteil an der CO2-Belastung eines Skiurlaubs ausmacht. Wesentlich stärker fallen Beherbergung und Verpflegung ins Gewicht und mit Abstand am meisten die An- und Abreise mit dem Pkw.
Jüngster Aspekt in der Umweltargumentation der Skigebiete ist die Klimaneutralität. Nachdem bereits das Skigebiet Golm im Vorarlberger Montafon auf seine Klimaneutralität aufmerksam gemacht hatte, hat mit dieser Wintersaison die Silvretta Skiarena Ischgl nachgelegt und sich als das größte klimaneutrale Skigebiet der Alpen präsentiert.
Umweltinvestitionen sollten selbstverständlich sein
Sämtliche Bemühungen um die umweltgerechtere und ökologisch nachhaltigere Gestaltung von Skigebieten sind zu begrüßen. Sie können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Auch ist es verständlich und legitim, dass diese Aktivitäten zwecks Imagebildung in die Marktkommunikation einfließen.
Sieht man sich die Maßnahmen genauer an, die unter dem Aspekt der CO2-Reduktion bzw. der Klimaneutralität umgesetzt werden, so drängen sich folgende Gedanken auf:
- Für jedes verantwortungsbewusste Wirtschaftsunternehmen muss es eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, in diese Richtung zu handeln, also negative Auswirkungen auf die Umwelt zu reduzieren oder überhaupt zu vermeiden.
- Vieles von dem, was in den Skigebieten umgesetzt wird, ist heutzutage in der Wirtschaft sowie im öffentlichen und privaten Bereich State of the Art.
- Mit umweltbezogenen Investitionen wird auf vorhandene oder – vorausschauend – zu erwartende Regelungen auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene reagiert.
- Ökologisch ausgerichtete und argumentierte Investitionen zeitigen betriebswirtschaftlich positive Effekte – sie bringen also einen finanziellen Nutzen. Und das unabhängig vom Imagefaktor und dessen Einfluss auf die touristische Nachfrage.
Beispiele für umweltbezogene Maßnahmen
Dazu einige Beispiele, die in den Informationsmedien der Skigebiete als Belege für ihre Investitionen in Umweltmaßnahmen bzw. für ihre umweltbezogenen Leistungen aufscheinen:
Im Bereich Bauen (Gebäude, Aufstiegsanlagen, Skipisten, Speicherteiche): Ökologische Begleitplanung, Renaturierung von Flächen, Aufforstung von Ersatzflächen, Nutzung von Skipisten als Viehweide, Befüllung der Speicherteiche mit Schmelz- und Niederschlagswasser, Ausweisung von Schutzzonen für Wald und Wild.
Im Bereich Energie und Wärme: Strom aus Wasserkraft, Photovoltaikanlagen, Solaranlagen, Maßnahmen zur Energieeffizienz, Nutzung von Erdwärme, Verwendung von Biomasse, Wärmerückgewinnung, Niedrigenergiebauten.
Angesichts der Tatsache, dass sich die Kritik am Skibetrieb in besonderem Maße an der technischen Schneeerzeugung festmacht, verweisen die Bergbahnunternehmen auf ihr modernes Schnee- bzw. GPS-gesteuertes Pistenmanagement. Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass der Nutzen für die Umwelt mit positiven betriebswirtschaftlichen Effekten – sprich Einsparungen bei Schneeerzeugung und Pistenpräparierung – verbunden ist. Effiziente Schneeerzeugung und GPS-gesteuertes Pistenmanagement sind wohl vorrangig ökonomische Maßnahmen, die erfreulicherweise auch der Umwelt zugutekommen.
Im Bereich Gastronomie: Einbindung der regionalen Landwirtschaft sowie regionaler Lebensmittelproduzenten, Förderung kleiner Wirtschaftskreisläufe mit vielfältigen positiven Effekten für die Destination. Einige große Bergbahnunternehmen haben hier wirkliche Pionierarbeit geleistet!
Im Bereich der Mobilität übernehmen Skigebiete die teilweise oder gänzliche Finanzierung des Skibusbetriebs. Damit tragen sie zur Entlastung des Verkehrsnetzes sowie zur Verringerung der verkehrsbedingten Emissionen bei. Zudem bieten sie ihren Gästen eine bequeme Anfahrt zu den Aufstiegsanlagen. Auch in österreichweite und grenzüberschreitende Kooperationen mit den Bundesbahnen bringen sich Skigebietsbetreiber ein.
Die Verantwortung reicht über das Skigebiet hinaus
Im Hinblick auf die zwei abschließenden Bemerkungen sei hier einmal mehr festgehalten, dass Lead-Funktion und wirtschaftliche Bedeutung der Skigebiete für die Bergregionen unbestritten sind. Als absolut positiv sind auch ihre Bemühungen zu werten, den ökologischen Fußabdruck der Skigebiete zu verringern und deren Betrieb klimaneutral zu gestalten.
Dabei dürfen jedoch zwei Punkte keinesfalls übersehen werden.
In Bezug auf den ökologischen Fußabdruck der Skigebiete ist die Gesamtsicht unerlässlich. Zweifellos macht der Pistenskilauf nur den kleinsten Teil des ökologischen Fußabdrucks eines Wintersportlers aus. Aufgrund ihrer Funktion als maßgebliche Pull-Faktoren im Wintersport sind die Skigebiete jedoch Mitverursacher des anderen, überwiegenden Teils des ökologischen Fußabdrucks der Wintersportler. Sie sind daher angehalten, mitzuwirken, dass auch in den anderen Segmenten des Wintersporturlaubs der ökologische Fußandruck kleiner wird.
Des Weiteren ist festzuhalten, dass ein CO2-reduzierter bzw. klimaneutraler Betrieb eines Skigebiets keinesfalls als Argument für die räumlichen Erweiterung in die noch freie alpine Landschaft herangezogen werden darf – etwa unter dem Motto: „Wir machen das ja ohnehin klimaneutral!“ Umweltverträgliche Investitionen sowie Ausgleichszahlungen in Form von Offsets für Klimaprojekte in anderen Weltregionen dürfen nicht als Ersatz für die Inanspruchnahme weiterer Landschafts- und Naturräume in den Alpen dienen.
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