28. August 2024 | 11:09 | Kategorie:
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Seitenwechsel – oder von der Freude an der Gastronomie

Über die Arbeitsverhältnisse und Bedingungen in der Gastronomie kursieren bekanntlich ja viele Geschichten. Wie immer wird in allem ein Körnchen Wahrheit liegen, und gleichzeitig ist aber sicher auch in vielen anderen Branchen nicht alles Gold, was anscheinend glänzt…

Kürzlich hatte ich selbst nunmehr die kurzfristige Gelegenheit, die Seiten zu wechseln. Während ich normalerweise VOR der Theke und VOR dem Wirtshaustisch sitze, konnte ich diesmal 3 Tage lang die Serviceseite und einen absoluten Perspektivenwechsel erleben. Um einer Freundin die sehr kurzfristige Eröffnung eines Lokals zu ermöglichen, habe ich zugesagt, ihr dabei im Service auszuhelfen. Zwar liegt meine diesbezügliche Erfahrung rund 35 Jahre zurück, als ich in Unizeiten in einem Grazer Speiselokal kellnerte, und mir so ein gutes Taschengeld und grundlegende Erfahrungen einsammeln konnte; aber was sollte mit der richtigen Einstellung und Motivation schon schiefgehen?

Gesagt-getan, rasche Einschulung in Orderman und Kasse, Kellnergürtel umgeschnallt und – los gings!

Erfolgsfaktoren in der Dienstleistung

Um gleich vorweg ein kurzes Resümee zu ziehen – es war eine fantastische Erfahrung, und dies aus aus einigen Gründen, auf welche ich hier kurz eingehen möchte. Gleichzeitig darf ich auch einmal mehr eine Lanze für die Branche, die Dienstleistung und auch die „Freude am Dienen“ brechen.

  • Teamgedanke – von Küche bis Service, hatten wir vor diesen 3 Tagen noch nie zusammengearbeitet, waren teilweise nicht einmal vom Fach. Eines hat aber alle geeint: wir wollten an diesen 3 Tagen unsere Gäste nicht nur zufriedenstellen, sondern begeistern – und das ist uns laut Feedback auch zu 99,9% gelungen! Und jede:r ist für den anderen eingesprungen, wenn und wo es auch notwendig war, keiner war sich zu gut, auch mal den Müll wegzutragen….
  • Wertschätzung – es geht nicht darum, WAS wir tun, sondern WIE wir es tun, und WIE wir mit anderen umgehen. Jede:r hatte in diesem Team (s)eine Rolle, und JEDE Rolle war wichtig für das Funktionieren des gesamten Teams und somit auch des nach außen erlebbaren Ergebnisses
  • Einstellung – allen Beteiligten war die Freude am Tun deutlich anzusehen. Egal ob Küche, Abwäscher, Service oder Schank- jeder war mit Freude und Motivation am Werken, und diese innere Einstellung strahlt klarer Weise nach außen.
  • Vertrauen – sowohl gegenüber sich selbst und der eigenen Leistungsbereitschaft, aber auch gegenüber den anderen Teammitgliedern, Vertrauen aber auch von „oben“, dass wir das schon schaffen werden! (in diesem Fall vorab mit einem großen Fragezeichen, da wir uns beinahe alle nicht kannten, nicht wussten, wie der/die andere tickt und funktioniert….)
  • Positives Feedback – in Österreich gibt’s den eher zweifelhaften Spruch: „nix gsogt is globt gnua“ (hochdeutsch: nichts sagen ist Lob genug ) – umso erfreulicher war für uns als gesamtes Team natürlich, dass wir klar artikuliert von Gäste- und Chefseite positives Feedback bekamen, welches uns in diesem Moment auch im eigenen Tun bestätigte und animierte…
  • Freundlichkeit und Freude am Menschen – wir alle hatten nicht nur sichtbare Freude am Tun, sondern dies kam auch beim Gast so an. Ein kleiner Schmäh dort, ein bissl Smalltalk da, ein freundlicher Gruß oder Lächeln – und alle Beteiligten sind und waren happy! Und obendrein konnte ich selbst auch viele neue Menschen kennen- und schätzen lernen, sowohl auf Gäste wie auch Teamseite….
    Aus Gästesicht habe ich mir in der Vergangenheit schon mehrmals gedacht, wie schwer sich doch so manche Service- oder Rezeptionskraft, Seilbahnmitarbeiter oder Dienstleister das Leben macht, wenn die vom Kunden erwartete Freundlichkeit fehlt – und als Resultat daraus fehlt´s klarer Weise auch am Trinkgeld, am positiven Feedback, welches wohl jeder von uns gerne hört!

Ich könnte hier jetzt wohl noch weitere positive Aspekte meiner Selbsterfahrung einfließen lassen, möchte aber ein Fazit aus diesen Erkenntnissen ziehen.

  • Die Arbeit am und mit dem Gast kann also, einmal mehr aus eigener Erfahrung bestätigt, absolut Freude machen – es liegt an der jeweiligen Person selbst, mit welcher Einstellung man bei meiner Arbeit tätig ist!
  • Wenn die Rahmenbedingungen passen, alle Beteiligten wollen, entsteht trotz teilweise stressiger Phasen eine sehr positive Dynamik, welche sich auf ALLE Beteiligten übertragen lässt und somit absolut sinnstiftend auswirkt!
  • Dienstleistung lebt von Emotion, so wie man selbst, egal auf welcher Seite, in den Wald hineinruft, kommt es auch wieder retour…

All jenen Betrieben und Dienstleistern, denen es gelingt, ihr Team und somit ihre Gäste schon jetzt in den richtigen „Flow“ zu bringen, braucht sicher auch in Zukunft nicht bange zu sein – und für alle anderen kann vielleicht dieser kurze Artikel Ansporn und Motivation sein, genau an den hier angeführten Punkten zu arbeiten – viel Erfolg dabei!

Und auch wir alle auf der Gästeseite können absolut einen Beitrag dazu leisten, dass wir uns in Zukunft nicht selbst bedienen werden müssen, sondern Menschen mit Freude und Begeisterung dafür sorgen, dass wir etwas zu essen und trinken bekommen….

♥PS: .und ich hatte KEINE EINZIGE Minute das Gefühl, hier eine „minderwertige“ Tätigkeit auszuüben – ganz im Gegenteil gab es nahezu minütlich die Gelegenheit, anderen Menschen eine Freude zu bereiten und von Mensch zu (Mit)Mensch zu kommunizieren….

 

29. August 2024, 10:14

Gernot Riedel beschreibt was Österreichische Gastfreundschaft ausmacht. Ich möchte mich gerne den Aussagen anschließen und hiermit auch Danke sagen, was die vielen Mitarbeiter in unserer Tourismusbranche mit Freundlichkeit und Professionalität leisten. Das ist die Grundlage für einen großen Beitrag für Österreichs Wirtschaft.

31. August 2024, 11:43

Danke für den Bericht Gernot. Dass es in den ersten 3 Tagen eine wunderbare Teamdynamik und durchwegs gutes Gäste Feedback gab, verwundert mich nicht.
Schwierig wird es die Motivation und v.a. den Spirit auch nach Monaten und Jahren aufrecht zu erhalten…. Das ist die große Kunst von formalen und informellen Leadern…

2. September 2024, 10:54

Hallo Lukas, gerade bei völlig neu formierten Teams kann es aber auch zu massiven Anfangsschwierigkeiten kommen, die eben in diesem Fall weder aufgetreten sind, geschweige denn für den Gast spürbar 😉 Motivation funktioniert dann am besten, wenn sie intrinsisch ist, also von innen kommt und daher absolut authentisch. Motivationsfaktoren wie Gehalt, Bonifikationen, Anerkennung, Wertschätzung,Führungsstil etc.sind klarerweise förderlich und Aufgabe von Leadern.
Wenn es jedoch an der eigenen, inneren Einstellung mangelt, man nicht mit der notwendigen Freude und Sinnhaftigkeit an den Job hergeht, wird das gerade im Bereich der Dienstleistung nicht oder nur mangelhaft funktionieren.
Daher war mein Artikel gedacht als motivierender Beitrag für die eigene Einstellung, aber auch an Arbeitgeber und Kunde, die allesamt einen Anteil an einem gelingenden Job und dem „Spaß an der Freud´“ haben….und nachdem kaum eine Gelegenheit ausgelassen wird, die vermeintlich schlechten Arbeits- und Rahmenbedingungen in der Gastronomie anzuprangern, war es mir aufgrund der eigenen Erfahrung umso mehr ein Bedürfnis 🙂

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