29. September 2015 | 14:47 | Kategorie:
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Orte der kurzen Wege

Was haben zwei so verschiedene Gemeinden wie Serfaus in den Tiroler Bergen und Krummnußbaum am Ufer der Donau gemeinsam? Nahezu nichts – und dennoch: Beide haben 2015 in ihrem Bundesland den VCÖ Mobilitätspreis gewonnen, der dem Motto „Mobilität im Wandel“ gewidmet war.

Unterschiedliche Strukturen – gleiche Ziele
Anlass für die Ehrung von Serfaus (1.100 Einwohner, 6.900 Gästebetten, 1.121.000 Gästenächtigungen) war die Ausweisung und Gestaltung von weiten Teilen des Ortes als Begegnungszone. Im langgezogenen Straßendorf Krummnußbaum (1.500 Einwohner, 30 Gästebetten, 500 Gästenächtigungen) galt die Auszeichnung der Schaffung einer neuen Ortsmitte, in der in Zukunft öffentliche Dienstleistungen und Nahversorgung präsent sein werden.

Beide Gemeinden bemühen sich somit auf ihre Weise, modernen Trend in der Mobilität gerecht zu werden und beide verfolgen dasselbe Ziel: Sie wollen Orte sein, in denen die Fußgänger zu ihrem Recht kommen, in denen wichtige Einrichtungen auf kurzem Wege erreicht werden können und wo der öffentliche Raum seine Funktion als Ort der Begegnung und der Kommunikation zurückgewinnt.

Aktivierung alter innerörtlicher Wege
Bestrebungen dieser Art sind in vielen Gemeinden mit völlig unterschiedlichen Strukturen und Größen zu beobachten. Dabei geht es nicht nur darum, absolut Neues zu schaffen, sondern auch darum, Bestehendes zu aktivieren und für den zeitgemäßen Bedarf nutzbar zu machen.

Ein Beispiel dafür ist die Gemeinde Hittisau im Bregenzerwald, wo im Zuge der Erstellung des räumlichen Entwicklungskonzepts eine systematische Erhebung alter, teils schon in Vergessenheit geratener Wege und Wegerechte vorgenommen wurde. Mehrere dieser Wege sollen wieder aktiviert werden und Einheimischen wie Gästen die Möglichkeit bieten, tägliche Besorgungen auf kurze Distanz zu Fuß zu erledigen.

Vergleichbares geschieht in der Kleinstadt Imst im Tiroler Oberland, wo im Zuge der Arbeiten zum neuen Verkehrskonzept eine Bestandsaufnahme und ein Eignungs-Check der zahlreichen alten Verbindungswege in der z.T. noch dörflich geprägten Innenstadt durchgeführt wurden. Durch Ausgestaltung, Beschilderung und Kommunikation sollen die Menschen motiviert werden, Alltagswege zu Fuß zurückzulegen. Für die Gäste bieten die bisher „verborgenen Pfade“ zudem die Chance, die Stadt aus völlig neuen Blickwinkeln kennenzulernen.

Positive Effekte kurzer Distanzen
Orte der kurzen Wege bieten eine Reihe direkter und indirekter positiver Effekte. Dazu gehören insbesondere:

• Die Reduktion des Kfz-Verkehrs und die Unterstützung des Wandels im Mobilitätsverhalten
• Die Erhöhung der Aufenthaltsqualität in den Orten
• Die längere Verweildauer im öffentlichen Raum
• Der Beitrag zu Energiezielen (z.B. Energieautonomie auf Landesebene)
• Der Beitrag zur Volksgesundheit
• Die Stärkung der Nahversorgung in den Ortszentren
• Die Förderung der Kommunikation im öffentlichen Raum
• Kosteneinsparungen im privaten und öffentlichen Bereich

Chance für Tourismusorte
Erfahrungen zeigen, dass sich das Ansinnen, Orte der kurzen Wege zu schaffen, quer durch völlig unterschiedlich strukturierte Gemeinden hindurchzieht. Unterstützung kommt dafür auch von der Landesraumordnung, die auf die Verdichtung der Ortskerne, die Schaffung attraktiver Straßenräume, die Belebung der Ortszentren und die Sicherung der Nahversorgung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs abzielt.

Ein Ort der kurzen Wege zu sein ist eine attraktive Perspektive für Tourismusorte, insbesondere auch für kleinere, die mehr oder weniger abseits der großen Zentren liegen und die damit zu neuen Qualitäten vordringen können. Tourismusorte können zudem davon ausgehen, dass die Gäste, die in ihren Herkunftsgebieten vermehrt auf ein neues Mobilitätsverhalten eingestimmt werden, sich auch in ihrer Urlaubsdestination gerne in einem „gewohnten“ Umfeld wiederfinden.

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