Lassen sich junge Menschen für den Tourismus begeistern?
Gerade die letzten wirtschaftlich schwierigen Jahre haben gezeigt, wie stabil der Tourismus in Österreich war und ist. So steigen stetig die Gästezahlen und die Nächtigungen an. Denn schöne Landschaft und Kultur kann man nicht so wie in der Produktionsindustrie einfach in Billiglohnländer auslagern. Um diese wesentliche, wirtschaftliche Ressource auch zukünftig auf höchstem Niveau zu sichern, investiert Österreich in die Aus- und Weiterbildung des Nachwuchses. Kaum ein Land hat so viele gute Fachschulen, Kollegs und Fachhochschulen im Bereich Tourismus und Freizeitwirtschaft wie wir. Dies ist ein weiterer wesentlicher Vorteil.
Auch die Hofburg Vienna leistet im Rahmen ihres CSR-Programmes einen Beitrag für die Weiterentwicklung der Gesellschaft. So veranstalten wir einmal im Jahr einen BildungsTag für Studenten, Schüler und Interessierte. Ziel ist es, hautnah das Kongress- und Veranstaltungsgeschäft zu erleben, Ihnen aber auch unterschiedliche Berufsprofile in unserer Branche aufzuzeigen. Über 500 junge Menschen kommen jährlich zum BildungsTag. Vor allem engagierte Lehrer und Professoren bauen den BildungsTag auch aktiv mit Themenschwerpunkten in ihren Unterricht mit den Schüler- und Studentengruppen ein. Vor Ort führt beim BildungsTag Hofburg Vienna das Team aus Projektleitung, Marketing, Sales und Kommunikation durch die Räumlichkeiten und geht auf spezielle Fragestellungen zur Hofburg Vienna und zum Kongress- und Veranstaltungsmanagement ein. Zwei bis drei Führungen mit Vortrag von Abschlussklassen mache ich immer selbst, unter anderen, um mir ein Bild von unserem Nachwuchs zu machen, in dessen Hände wir unsere Zukunft legen.
Eine besondere, abschließende Frage ist dann immer auch, wer in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft seine Karriere sieht, also seinen schulischen Werdegang auch weiterverfolgen wird. Eher sehr überrascht bin ich oft, wie wenig Schüler und Studenten sich auch zukünftig in der Branche sehen, beziehungsweise überhaupt noch keine richtigen Vorstellungen haben, was sie eigentlich machten möchten. Für mich ist der Tourismus nicht nur ein Beruf, sondern eine wahre Berufung und hat so viel zu bieten. Mit Menschen umgehen können, Gastfreundschaft zeigen, Sprachen sprechen, in der Welt herumkommen, unterschiedliche Kulturen und Zivilisationen kennenlernen, das alles sind Dinge, mit denen der Tourismus aufwarten kann.
Vielleicht ist es ein schlechter Zufall, dass ich im Laufe der vergangenen fünf Jahre, in den wir diesen BildungsTag veranstalten, immer häufiger an solche Lehrgänge und Klassen gerate. Für mich ist es aber auf alle Fälle ein Appell, dass gerade die Theorie – also Fachhochschulen und Fachschulen – sowie die Praxis – das heißt die verschiedenen Betriebe – gefordert sind, diese jungen Menschen für unser sehr spannendes Metier zu begeistern. Vor allem müssen wir alle laufend daran arbeiten, den gesellschaftlichen Status der Tourismusberufe entsprechend der wichtigen wirtschaftlichen Bedeutung in unserem Land hoch zu halten und im Ansehen zu stärken. Vielleicht bietet gerade der Schul- und Semesteranfang eine gute Gelegenheit, sich eingehender mit diesem Phänomen zu befassen und gemeinsam daran zu arbeiten, junge Menschen für den Tourismus zu begeistern.
Sehr geehrte Frau Danler,
Ihre negative Beobachtung deckt sich nicht nur mit meiner, sondern auch mit der vieler anderer Kollegen aus der Tourismussparte.
Nur ein geringer Teil der Absolventen arbeitet schlussendlich im Tourismus. Natürlich gibt es dafür mehr als 1000 Gründe.
Für mich persönlich stellt das Hauptproblem die Motivation dar. Negative Einstellung zum Job ist wie eine ansteckende Krankheit. Und besonders junge Menschen sind hier sehr leicht beeinflussbar.
Hier kann und soll die Tourismuswirtschaft ansetzen. Denn Motivation kostet weder Zeit noch Geld.
Gruß aus Tirol
Michael Egger
Guten Tag,
ich möchte Ihnen zu diesem Beitrag auch den Blickwinkel eines jungen Menschen mit Tourismusausbildung geben (sofern ich mit 27 noch als jung gelte).
Ich habe die Höhere Lehranstalt für Tourismus und Marketing in St.Pölten absolviert. Nach ein paar Jahren Tätigkeit in der internationalen Hotellerie haben ich den Bachelorstudiengang Tourismus an der FH Wien besucht und nächstes Jahr werde ich den Masterstudiengang Tourismus und Freizeitwirtschaft an der IMC FH Krems abschließen.
In jeder dieser Ausbildungen war ein Praktikum ein wichtiger Teil des Curriculums. Leider habe ich auch die Erfahrung gemacht, dass diese Praktika für viele der Grund waren keine Tätigkeit im Tourismus anzustreben. Während die Ausbildungen einem vermitteln, dass man nach dem Abschluss quasi direkt ins Management einsteigen kann, werden die Schüler während des Praktikums auf den harten Boden der Tatsachen zurückgeholt. Tourismus, besonders der operative Bereich der Hotellerie in dem die meisten Praktika absolviert werden, ist schwere Arbeit und viele unbeliebte Tätigkeiten (z.B. putzen) werden auf Praktikanten und Lehrlinge abgeschoben. Außerdem bekommen Praktikanten generell sehr selten Verantwortung übertragen und haben in vielen Fällen kaum Kundenkontakt. Von manchen habe ich sogar gehört, dass sie während Ihres ganzen Praktikums nur Besteck und Gläser poliert oder Gemüse geschält haben. Aber aus persönlicher Erfahrung weiß ich, dass es auch Praktikumsbetriebe gibt, die Praktikanten nicht nur als billige Hilfsarbeiter sehen, sondern wirklich daran interessiert sind die Praktikanten in die Arbeitswelt einzuführen. Ich hatte schon als Praktikant im Service Bereich in verschiedenen Betrieben meine eigene Station zu betreuen inkl. eigenem Zugang zum POS. Ich habe es nur sehr selten gesehen, dass ein Praktikant so viel Verantwortung bekam wie ich hatte.
Weiters habe ich von vielen gehört, dass die Arbeitszeiten und die Bezahlung ausschlaggebend sind die Branche zu verlassen. Auch negative Erfahrungen bei der Praktikumssuche tragen zu einer negativen Einstellung zur Tourismusbranche bei. Teilweise schreiben Schüler 50, 100 oder noch mehr Bewerbungen und bekommen von den meisten Betrieben noch nicht einmal eine Absage.
Tourismus ist nun einmal eine Berufung und leider entdecken viele junge Menschen während der Tourismusausbildung, dass es nicht Ihre Berufung ist. Ich stimme Frau Danler zu, die Betriebe sind gefordert und müssen die Pflichtpraktika von Schülern und Studenten ernst nehmen. Ich kann verstehen, dass die Betreuung eines Praktikanten Zeitaufwendig ist und sehr mühsam sein kann, aber positive Praktikumserfahrungen fördern meiner Meinung nach den Wunsch in der Tourismusbranche tätig zu sein. Als Teil der Minderheit mit durchwegs positiven Praktikumserfahrungen und dem Gefühl zum Touristiker berufen zu sein, würde ich mich freuen hier einen kleinen Beitrag zum Thema Tourismusausbildung zu leisten.
PS.: in anderen Branchen sind Absolventen von Tourismusausbildungen beliebt, die sehr umfassende Ausbildung und meist flexiblere Einstellung gegenüber Überstunden sind ein wichtiges Asset.
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