Glücksmomente
Die nach der Wirtschaftskrise eingeleiteten einzelnen staatlichen Maßnahmenpakete brachten zwar einen kurzen Aufschwung, die waren meist aber von kurzer Dauer. Die Menschen aus unseren Herkunftsmärkten sind jetzt mit enormen Sparpaketen konfrontiert.
Das heimische Nächtigungsplus macht die Preisrückgänge und Kostensteigerungen bei weitem nicht wett. Die Einnahmen der österreichischen Tourismusbetriebe sind real zurückgegangen. Die Österreich Werbung spricht mit ihrer aktuellen Kampagne gezielt interessante Zielgruppen an. Vermittelt werden „Glücksmomente“. Bei der Präsentation der Kampagne im Rahmen einer Roadshow wurde erklärt, dass Wirtschaftswachstum als politisches Ziel ausgedient in Frage gestellt werden muss – ein unerwarteter Ansatz! Doch die interdisziplinäre Glücksforschung sei gerade dabei, eine Epochenwende herbeizuführen – weg vom Denken in Kategorien des Wirtschaftswachstums, hin zum Denken in den Kategorien eines „besseren Lebens“. Aus Sicht der Hotellerie ist das so lange richtig, solange mehr Gäste dieses bessere Leben in unseren Häusern genießen.
Wachstum als wirtschaftliches Ziel in Frage zu stellen geht zu weit. In den vergangenen Jahren haben die Betriebe überdurchschnittlich investiert – natürlich mit der Absicht, dass sich das finanzielle Engagement rentiert. Auch bemüht sich die vom Staat finanzierte ABA um mehr Hotelinvestoren, die mehr Betten in Österreich errichten sollten. Glücksmomente müssen auch mit Wachstum auf allen Ebenen zusammenhängen.
Wachstum hat ja mehrere Dimensionen. Rein quantitatives Wachstum (mehr Betten) ist jedenfalls nicht notwendigerweise ein Ziel des Wirtschaftens, denn wie uns Wien vor Augen führt, endet das oftmals auch bei weniger Auslastung für alle. Und wenn man die bereits dicht verbauten intensiv bewirtschafteten touristischen Regionen (Saalbach, Zell am See, Kitzbühel, Sölden etc.) betrachtet, hat der Tourismus (aber nicht nur dieser) nicht nur Gutes gebracht.
Qualitatives Wachstum und Verbesserung unseres Angebotes zu lebenfähigen Betriebsgrößen und international konkurrenzfähigen Einheiten muss das Ziel der Wirtschaftspolitik sein und dann kann man Wachstum wohl auch unbedenklich als Ziel aktzeptieren.
Ich würde „intelligentes“ Wachstum bevorzugen: quantiativ als auch qualitativ dort, wo es Sinn macht.
Eine profunde Analyse vorausgesetzt lassen sich hier die vielversprechendsten Möglichkeiten für Positionierung und Segmentierung herausarbeiten.
Den vorangegangenen Plädoyers für qualitatives Wachstum kann ich nur zustimmen: als nationale Tourismusorganisation ist es unser zentrales Anliegen, gemeinsam mit allen österreichischen Tourismuspartnern einen Beitrag zum Ausbau des Marktanteils am internationalen Tourismus leisten. Und auch im derzeitigen Regierungsprogramm ist die Sicherung von Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum des Tourismusstandorts Österreich verankert.
Allerdings sollten auch Touristiker nicht die Augen vor gesellschaftlichen Entwicklungen verschließen. Derzeit findet in ganz Europa ein sozialer Diskurs statt, wo die Grenzen von Wachstum sind, was nach Wachstum kommt und wie nachhaltiges Bewirtschaften von Ressourcen möglich ist. „Renaissance der Werte“ oder „Wir statt Gier“ sind Schlagworte dieser Diskussion. Die ÖHV Wien-Vorsitzende Michaela Reitterer hat anlässlich der Vorstellung ihres engagierten Projektes des weltweit 1. Stadthotel mit Null-Energie-Bilanz gemeint, dass jene Unternehmer gewinnen werden, die den Kunden in Zukunft vermitteln können, dass es Werte im Unternehmen gibt, die nicht nur nach außen präsentiert, sondern auch nach innen gelebt werden! Um solche Diskussionsbeiträge geht es!
Daher abschließend: Klares Bekenntnis zum Wachstum! Und mit – dank ausgezeichneter natürlicher Ressourcen, umfangreichen Investitionen und authentischer Gastfreundschaft geschaffenen – Glücksmomenten, die den Nerv unserer Gäste treffen, sind wir auf dem besten Weg dorthin.
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