16. Januar 2017 | 14:31 | Kategorie:
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Die Digitalisierung entmachtet Tourismusorganisationen

Etwas provokant, aber doch wirklichkeitsnahe will ich meine obige Aussage auf folgende Arbeitshypothesen stützen:

Zunächst zur Begriffsbestimmung: DMOs werden genauso als Destinationsmanagementorganisationen wie auch als Destinationsmarketingorganisationen definiert. Die Aufgaben einer Management-Organisation (beinhält auch touristische Infrastruktur, Eventorganisation etc.) sind natürlich ungleich umfangreicher als jene einer Marketing-Organisation. Selbst in Österreichs Bundesländern gibt es diese DMOs mit diesen unterschiedlichen Profilen.

Die Sozialen Medien und ihre Mischformen wie Buchungs- und Werbeplattformen werden in Zukunft umso mehr das Geschäft im Tourismus bestimmen.
Die klassische Presse- und Medienarbeit wird noch mehr abnehmen. Soziale Medien mit ihrer Big Data übernehmen diese und werden noch viel Neues kreieren. Gibt es beispielsweise über Facebook oder Youtube vielfach eine wenig spektakuläre Meldung, dann greifen Millionen User global zu und kreieren weiter ihren eigenen Content. Wenn wir eine Printmeldung absetzen, dann sind es maximal einige Hunderttausende.

Es kommt im Tourismus zu einer noch stärkeren Konzentration.
Es wird Regionen mit intensivem Tourismus und Regionen quasi ohne Tourismus geben. Neue Geschäftsmodelle im Bereich der Hotel Management Companies sind schon im Entstehen bzw. werden verstärkt kommen. Der Trend geht aber hin zur Fokussierung, zur Konzentration, denn nur so lässt sich noch Profit machen. Große Bergbahnen werden auch künftig Big Player sein, ja verstärkt auch in Hotellerie und gewisse Freizeiteinrichtungen einsteigen.

Öffentliche Körperschaften werden eine geringere Rolle spielen, der Unternehmer schafft sich selbst sein Angebot. Es wird alles mehr auf Freiwilligkeit, Leistung und Gegenleistung ausgelegt sein. Gemeinde und Tourismus werden in touristischer Infrastruktur mehr verschmelzen.

Was bedeutet dies für die Zukunft der Destinationsmarketingorganisation? Sie wird sich gravierend verändern, ja transformieren. Es wird in tourismusintensiven Regionen immer eine Organisation brauchen, die koordiniert und Agenden abarbeitet. Es wird aber wahrscheinlich nicht eine aus Zwangsabgaben oder öffentlichen Geldern finanzierte DMO sein, es wird vielmehr eine private Firma sein, die ihrerseits vielleicht auch noch erfolgsabhängige Anreize gesetzt bekommt. Wir werden uns hier nolens volens mehr US-amerikanischen liberalen Strukturen annähern.
Und im Übrigen sagen Europa schon seit geraumer Zeit US-Technologiekonzerne – vielfach aus dem Silikon Valley –, wo in der Digitalisierung der Weg lang geht.

Und diese Transformation von Geschäftsmodellen ist kein Orakel, sie ist voll im Gange, nur wollen wir es vielfach nicht wahrhaben.

(Beitrag zum Schwerpunktthema „Werden DMOs 2030 noch gebraucht?“)

16. Januar 2017, 21:26

Im Folgenden einige Überlegungen zu den Arbeitshypothesen von Renate Danler, wobei ich eine DMO im umfassenden Sinne vor Augen habe, also eine Tourismusorganisation, zu deren Aufgabenportfolio u.a. auch die Errichtung und Betreuung touristischer Infrastrukturen gehört.

Der Einfluss der sozialen Medien auf den Tourismus steht außer Frage. So wie die Presse- und Medienarbeit professionell zu erledigen ist, wollen auch die sozialen Medien professionell und in einer sinnvollen Weise bedient werden. Dazu braucht es jemanden, der diese Aufgabe für die touristische Destination übernimmt, und das wird naheliegenerweise die DMO sein. Steigt die Bedeutung der sozialen Medien, so verliert naturgemäß die klassische Presse- und Medienarbeit an Gewicht, ohne jedoch überflüssig zu werden. Dieser Prozess ist im Gang und er induziert neue Aufgabenprofile für die Mitarbeitenden in der DMO.

Ebenfalls im Gang, und zwar seit langem, ist die räumliche Konzentration im Tourismus und damit verbunden die Differenzierung zwischen Räumen mit intensivem Tourismus und Regionen mit gemischten Strukturen oder nahezu keinem Tourismus. Dieser Trend wird sich, trotz aller Bemühungen, ihm gegenzusteuern, weiter fortsetzen. Solche Differenzierungsprozesse spielen sich auch innerhalb von Destinationen ab, etwa zwischen Ressorthotels und ihrem mehr oder weniger stark touristisch geprägten Umfeld. Auf der anderen Seite werden auch Regionen mit bisher intensivem Tourismus strukturell aufgeweicht, indem andere Funktionen und Ansprüche ohne Tourismusbezug immer stärkeres Gewicht erhalten. Teile des Tiroler Unterlandes bieten dafür gute Anschauungsbeispiele.

Zu unterstreichen ist, dass im Alpenraum die großen Bergbahnunternehmen auch in Zukunft die Big Player sein werden. Ihre enge unternehmerische Verzahnung mit der Hotellerie ist Gang und Gäbe. Das gilt auch für Investitionen in sonstige Freizeiteinrichtungen, jedenfalls in solche, die dem Bergbahnbetrieb unmittelbar zugutekommen. Dass Bergbahnen in Freizeitinfrastrukturen investieren, die räumlich und betrieblich nicht in ihrem unmittelbaren Wirkungsbereich liegen, (z.B. Wanderwege, Kletterhallen, Kunsteisbahnen) hat wohl eher Seltenheitswert. Denn die Bergbahnen, die sich im Hinblick auf ihre skigebietsrelevanten Investitionen ja selbst gegenseitig stark fordern, werden im eigenen Unternehmen genug zu tun haben, um die Dinge optimal am Laufen zu halten.

Öffentliche Körperschaften, die sich um den Tourismus kümmern, sind wohl auch in Zukunft unverzichtbar. Das demonstriert der Tiroler Tourismus eindrucksvoll, trotz ungemein starker Big Player im Seilbahnbereich und in der Hotellerie. Auch sind nicht wenige Länder (und Kantone) bestrebt, dem Tiroler Modell der Tourismusfinanzierung nachzueifern, und das aus gutem Grunde. (Hier geht es um die Pflichtbeiträge bzw. „Zwangsabgaben“, Aufenthaltsabgaben sind ja ohnehin fast überall zu finden, wo Tourismus betrieben wird).

Öffentliche Körperschaften und insbesondere das Zusammenspiel von Gemeinde und Tourismusorganisation wird es nach wie vor brauchen, denn der Unternehmer wird nur jene Freizeitinfrastrukturen schaffen, die er zur Abrundung seines Angebots benötigt. Ansonsten nutzt er das attraktive Umfeld, ausgestattet mit einer ansprechenden Natur- und Kulturlandschaft und gut bestückt mit öffentlich finanzierter touristischer Infrastruktur.

Ohne Tourismusorganisationen würde viel Infrastruktur gar nicht geschaffen. Auch darf nicht übersehen werden, dass in so manchem Big Player (sprich Bergbahn) eine ganze Menge öffentlicher Gelder stecken – wobei ich wirkliche Big Playern meine und nicht Bergbahnunternehmen, die finanziell schwach auf der Brust sind. Auch in den niederösterreichischen Alpen sind die Seilbahnen – jedenfalls relativ betrachtet – so etwas wie Big Player. Daher die Preisfrage: Wieviel Seilbahnkapazität würde es in Niederösterreich heute noch geben, wenn dort die öffentliche Hand nicht enorme Beträge in die Bergbahnen hineingesteckt hätte und wenn sie nicht für ausgiebiges Management-Know-how sorgen würde. Was auf den ersten Blick privat erscheint, entpuppt sich auf den zweiten Blick nicht selten als direktes oder indirektes Tochterunternehmen der öffentlichen Hand.

Das Zusammenspiel von Gemeinden und Tourismusorganisationen bei der Schaffung touristischer Infrastrukturen ist seit Jahrzehnten gelebte Praxis. Heute geht der Trend in die Richtung, jedenfalls in intensiven Tourismusregionen, dass die Tourismusorganisationen (sprich DMO) sich immer stärker bei Infrastrukturinvestitionen engagieren, weil die Gemeinden wegen fehlender finanzieller Mittel dazu nicht mehr oder nur sehr eingeschränkt in der Lage sind. Ohne Pflichtbeiträge der Unternehmen und ohne Aufenthaltsabgaben der Gäste wäre das nicht möglich.

Was die Finanzierung der DMO anbelangt, so kann man sich über die Zwangsabgaben trefflich streiten. Wie weit man mit Freiwilligkeit kommt, haben u.a. die Tourismusvereine in Südtirol eindrucksvoll demonstriert. Tatsache ist jedenfalls, dass auch dort die Tourismusorganisationen – wie immer die aktuelle Reform in der Endphase ausschauen wird – an der Nabelschur der öffentlichen Gelder hängen werden.

Zurück zum Ausgangsstatement: Die Digitalisierung wird, so wie alle anderen Lebensbereiche, auch die Tourismusorganisationen (DMO) stark beeinflussen, sie wird sie aber nicht entmachten. Die DMO’s werden sich anpassen und die Chancen der Digitalisierung professionell für ihre Zwecke nutzen. Dass es dabei zu Änderungen in den Aufgabenprofilen kommt, liegt in der Natur der Sache. Ihren Kernaufgaben wie Errichtung und Betreuung von touristischer Infrastruktur, Produkt- und Angebotsentwicklung, Innenmarketing oder Marktkommunikation wird die Digitalisierung keinen Abbruch tun und wir können sicher sein, dass sich private Unternehmen nicht um diesen Aufgaben reißen werden. Die Digitalisierung kann die Leistungsfähigkeit der DMO in nahezu allen diesen Aufgaben fördern, sodass wir auch in Zukunft – und über 2030 hinaus – mit starken und leistungsfähigen Tourismusorganisationen rechnen dürfen.

16. Januar 2017, 22:07

Die Konzentration findet auf verschiedenen Ebenen statt. Das Wachstum in der Hotellerie geht vor allem in den Städten nicht mehr von den KMUs sondern von großen Spielern aus, die sich beispielsweise bei der Finanzierung erheblich leichter tun als die kleinen. Bei den Tourismusorganisationen haben wir durch Zusammenlegung gerade eine erhebliche Konzentration erlebt. Auch die Seilbahner versuchen – meist erfolgreich – durch Konzentration zu wachsen und effizienter zu werden und eine Untersuchung von Bätzing zeigt, dass im Alpentourismus der Tourismus keineswegs flächig ausgelegt ist, sondern sich vor allem auf die Hotspots konzentriert, die über ein schneesicheres Angebot verfügen. Vom Tourismus wenig beglückte Gemeinden verlieren also und Regionen, die schon bisher erfolgreich waren, legen weiter zu.

Kurz: Obwohl wir uns dessen nicht immer so bewusst sind, die Welt ändert sich und wird in einigen Jahrzehnten wieder anders aussehen – und hoffentlich gibt es sie dann noch die lieben KMUs.

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