14. Juni 2012 | 14:43 | Kategorie:
5

Der Tourismus in der Preisspirale

Die Presse hat sich heute sorgenvoll über die Teuerung in Österreich geäußert. Das kann man zum Anlass nehmen auch die Preis- und Kostenentwicklung der Hotellerie näher zu beleuchten. Macht man einen Blick auf die mittlerweile vorliegenden Bilanzdaten 2011 wird man zuerst einmal erfreut feststellen, dass die Preise sogar deutlich höher als die durchschnittliche Inflationsrate angehoben werden konnten.Während im Zeitraum 2000 bis 2011 der Verbraucherpreis um knapp 25 % gestiegen ist, haben die durchschnittlichen Pensionseinnahmen pro Nacht in der 4- bzw. 5-Stern-Hotellerie um 35 % angehoben werden können. Im selben Zeitraum sind jedoch die operativen Ausgaben insgesamt um stolze 62 % (!) gestiegen, wobei die Ausgaben für Werbung und Energie die Hitliste anführen.

Das hat sich natürlich auf die Umsatzrentabilität ausgewirkt, das operative Ergebnis (GOP) kam unter Druck und so halten wir heute bei einem GOP, der mit nicht einmal 22 % der Einnahmen deutlich unter den Durchschnittswerten der Jahrtausendwende liegt.

Die Angst angesichts schlechter Wirtschaftsdaten einen Einbruch bei den Buchungen zu erleiden hat wohl manchen Unternehmer dazu verführt, die Preisanhebung so vorsichtig vorzunehmen, dass nicht einmal mehr die Inflation der Ausgaben aufgefangen werden konnte. Sich bei der Preisgestaltung lediglich an der Inflationsrate zu orientieren, kann sich als ziemlich fatal erweisen, ist doch der Warenkorb des Verbraucherpreisindex ein völlig anderer als die Einkaufsliste eines Hotels. So nebenbei: Zweifel an der Richtigkeit der uns suggerierten Inflationsrate sind in anbetracht der Zahlen auch angebracht.

Künftige Preisstrategien können natürlich auch um Investitionsüberlegungen ergänzt werden, weil nach wie vor übers Ziel hinausgeschossen wird und die Investitionskosten nicht immer in Einklang mit den erzielbaren wirtschaftlichen Ergebnissen stehen. Wie sonst wäre es auch zu erklären, dass das Anlagevermögen in den letzten Jahren mehr als doppelt so stark zugenommen hat, wie der erzielte operative Überschuss.

Bei allen notwendigen betriebswirtschaftlichen Überlegungen sollten wir trotzdem eines nicht vergessen: Wer einen Urlaub bucht, kauft die Befriedigung seiner Sehnsüchte, ist auf der Suche nach Erholung, nach Neuem, nach Abwechslung und nach Erlebnissen. Wer es schafft mit innovativen Produkten dieses Bedürfnis zu decken, wird auch keine Probleme haben, die entsprechenden Preise zu erreichen.

16. Juni 2012, 19:29

Ich bin selbst im Tourismus tätig und beobachte das Preisdumping schon seit längerem. Hotels und Betreiber arbeiten teilweise nicht einmal mehr kostendeckend, haben aber lieber ein volles Hotel als ein paar Zimmer leer und dafür besser zahlende Gäste.

@Investitionsüberlegungen: Viele Hotels gehören ja bereits den Banken. Und solange von dort Geld kommt wird auch weiter in unrentablen Dimensionen investiert und erweitert werden.

17. Juni 2012, 8:25

Die Aussagen des Blogeintrags sowie auch des vorstehenden Kommentars kann man ohne Anmerkungen auch auf die Ertragslage der Betreiber von Ferienwohnungen und Ferienhäuser übertragen. Dem Gast wird durch Fernsehsendungen suggeriert das der Anbieter von Unterkünften sich an den Gästen bereichert wodurch sein „Spartrieb“ geweckt und ständig Nachlässe gefordert werden. Interessanter Weise insbesondere bei Objekten der unteren Preiskategorie.

17. Juni 2012, 13:01

Aus großen Bauernhöfen wurden Bauerngasthäuser dann Gasthäuser und dann Hotels. Jeder Ausbau wurde mit Grundverkäufen finanziert. Viele hatten auch keine kostendeckenden Preise und daher wurden die jährlichen Defizite natürlich auch mit Grundverkäufen problemlos finanziert. Bei vielen gehen aber schön langsam die Gründe zu ende und somit müssen Sie ob sie wollen oder nicht kostendeckende Preise verlangen oder das Hotel schließen.
Dann gibt es noch die netten Hotelies die zwar kostendeckende Preise haben aber so gutmütig sind den Reisebüros 20 bis 30% Ihres Umsatzes zu überweisen. Zum Glück wurden in den letzten Jahren auch noch Internetbuchungsplattformen wie Z.B: Tiscover oder Bookingcom erfunden denen nette Hoteliers auch 10 – 15% Ihres Umsatzes überweisen können.
Auch haben viele Industriefirmen inzwischen Hotels, da man mit Ihnen wunderbar den Konzerngewinn senken kann und somit viel Steuern sparen kann.

Und dann bleiben noch einige Hotels übrig die kaum Schulden haben da sie Ihre laufenden Investitionen aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit finanzieren. Aber solche Betreibe sind die Ausnahme und passen eigendlich gar nicht zur Branche der Hoteliers dazu! Oder was glauben Sie?

17. Juni 2012, 17:38

Ich befasse mich gerade bei meiner Master-Thesis mit den Zusammenhängen Revenue-Management – Online Distribution und Web 2.0. eines ist klar, die Hotellerie muss umdenken, nicht Nächtigungszahlen bringen uns den Erfolg, sondern der Revenue. Nidht Nächtigungszahlen sind unsere Vergleichsbasis, sonder der RevPAR

Wer kennt seinen Price/Volkume Trade off? Dies sollte unbedingt berücksichtigt werden, bevor man Preise drastisch senkt. Eine Auseinandersetzung mit diesem wesentlichen Bereich wird in Zukunft unumgänglich, um Preisfehler zu vermeiden und Kapazitäten zu nutzen und Revenue zu optimieren.

Pricedumping ist definitv nicht die Lösung!

19. Juni 2012, 17:33

Ich kann mich den vorangegangen Eintrag nur anschliessen und gebe gerne meinen Anzatz dazu.

Im Raffer der Weltwirtschaftskrise und der immer härter geführten Diskussionen über die betrieblichen Kosten in der österreichischen Hotellerie bedarf es RM (RM – Revenue Management/Kostenmanagement) Ansätze, um die Effektivität der Prozesse optimaler zu gestalten. In Zeiten schnell wechselnder Kundenbedürfnisse, werden Zielgruppen und deren Wahrnehmungen, Werte und Erwartungen zunehmend komplexer, die leider im Raffer der Schnelllebigkeit ungeachtet bleiben. Viele Hoteliers haben zwar erkannt, dass Revenue Management und Preisgestaltung nicht nur subjektiv „aus dem Bauch heraus“ entschieden werden und nicht nur Kosten, Einkauf, Produktion und Vertrieb im Vordergrund stehen können.

Eine subjektive Bauchentscheidung kann somit Hoteliers teuer zu stehen kommen: Wer seine Preise beispielsweise bei einer Jahresauslastung von 62 Prozent um nur fünf Prozent senkt, muss die Auslastung auf 65 Prozent steigern, um dasselbe Betriebsergebnis zu erzielen. Eine durchschnittliche Erhöhung der Zimmerpreise um ein bis zwei Prozent führt in der Regel zu einer relativen Steigerung des Profits um 10 bis 15 Prozent. Auch kann man sich ein Beispiel am professionellen RM der Fluggesellschaften nehmen. Ein Sitzplatz/Zimmer, das heute nicht verkauft wurde, kann morgen nicht zusätzlich verkauft werden. Nicht nur konjunkturellen und saisonalen Schwankungen ausgesetzt, will sich der Hotelier mit einem guten RM auch von seinen Mitbewerbern abheben – auch bei Verkaufskanälen/Internetevolution und deren Ratings und Gebühren.

Viele „Traditionelle Hoteliers“ stehen dem Revenue Management noch misstrauisch gegenüber. Hier einige erfahrene Aussagen: Lohnt sich nicht unter 100 Zimmer oder trauen es den Gästen nicht zu, dass sie es annehmen. Oder wenn wir gut gebucht sind, brauchen wir es nicht und wenn „Low Season“ ist sind wir froh um jedes irgendwie verkaufte Zimmer. Manchem unserer Hoteliers fehlt leider der Sinn und die Offenheit für eine nachhaltige Marktwirtschaft. Leider jammern einige unserer österreichischen Hoteliers auf einem hohen Niveau, bevor sie Eigenverantwortung übernehmen würden, wenn die Kosten mal nicht so gut gedeckt sind.

Für die gegenwärtige Situation des innländischen Hotelmarktes bedarf es somit ein betriebswirtschaftliches Umdenken und ein Absichern des Wachstums mit mittel- und langfristig nachhaltigen Revenue Management, um ein Fortbestehen einer guter und qualitativen österreichischen Hotellerie zu garantieren. Der sehr gute Nächtigungszuwachs, zweifellos ein sehr positiver Gesamtindikator für die Tourismusindustrie, darf jedoch nicht auf die Kosten der Hotelpreise gehen, weil wir damit Gefahr laufen könnte, als Billigdestination der Hotellerie abgestempelt zu werden. Die positive Nächtigungsentwicklung der letzten Quartale sollte die Hotellerie doch in der Überzeugung bestärken, dass die Destination Österreich sehr gefragt ist und für ein Angebot in hoher Qualität auch ein entsprechendes gutes Preismanagement gerechtfertigt ist.
Die Herausforderung des österreichischen Hotelmarktes besteht darin, eine Optimierung zu einem guten Preis- Leistungsverhältnis, seine Qualitätsstärken zu steigern und somit auf eine gute Umsetzung im Revenue Management und deren Marketing-Initiativen gehen.

Nochmals erwähnt, sollte erkannt werden, dass die Zauberlösung nicht ist, den Preis zu senken, sondern ihn zu erhöhen und somit auch das Leistungsangebot für den Gast auszuweiten. Ein ordentliches Bett und ein ordentliches Frühstück reichen nicht mehr. Der heutige Gast will emotional angesprochen werden, er will begeistert werden und will die Kernkompetenzen erkennen.

Mit freundlichen Grüßen, Paul Reitbauer

MSTC Management-Services Tourism-Consulting
Senator Paul Reitbauer, MBA
3253 Erlauf
http://www.mstc.at

In Kooperation mit:
hlpl – haider.leisch.partner ltd.

Kommentieren

 
Ihre Daten werden im Rahmen der Kommentarfunktion gespeichert, darüberhinaus aber für keine weiteren Zwecke verwendet. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Kommentar zurücksetzen