Das Schicksal der Strategiepapiere
Da aktuell auf sämtlichen Ebenen – vom Bund über die Länder bis hin zu Regionen und Gemeinden – wichtige und begrüßenswerte Strategieprozesse zum Tourismus laufen, möchte ich dazu einige Gedanken deponieren. Immer wieder begegnen mir nämlich Beispiele, wo an sich wertvolle Strategieprozesse mit dem Abschlussbericht ihr Ende finden. Und noch Jahre später hört man dann den Vorwurf: Das war wieder was für die Schublade. Dabei beginnt doch mit der formulierten Strategie erst die eigentliche Arbeit!
Nehmen wir an, eine Destination hat ihre Positionierung herausgearbeitet, sie weiß also, welche Werte sie verkörpert, welche Themen in der ersten Reihe stehen und welche in der zweiten und vielleicht auch, welche spezifischen Profile die einzelnen Teilregionen der Destination besitzen. Aufgabe erledigt!?
Auf gar keinen Fall! Denn wenn diese Positionierung nicht konsequent umgesetzt, gelebt und gezielt kommuniziert wird, ist sie das Papier nicht wert, auf dem sie zu Präsentationszwecken abgedruckt wurde. Strategiekonzepte bilden die Grundlage für zielorientiertes Handeln, impliziert doch das Wort Strategie selbst schon das Umsetzen und Handeln: Als „langfristig angelegte Vorgehensweise zur Erreichung der Ziele“ oder als „Plan zur Durchführung eines Vorhabens“ definiert – handeln also, nicht ablegen!
Wesentlich ist, dass in jedem Strategieprozess auch die Umsetzung diskutiert wird und der abschließende Bericht auch einen Plan für die Umsetzung enthält, und zwar mit klaren Aufgabenzuteilungen und Zeithorizonten. Sonst werden im Normalfall Ziele nicht erreicht! Die Strategie muss im konkreten Handeln spürbar werden – im Fall von Destinationen gilt es, sie auf die gesamte Dienstleistungskette umzulegen und alle relevanten Akteure mit einzubinden.
Die Positionierung muss in der Produkt- und Angebotsentwicklung sowie in der Kommunikation ihren Niederschlag finden. Jeder einzelne Anbieter muss zudem die Positionierungsstrategie kennen und auch sein eigenes Angebot daran ausrichten. Dass dies möglich ist, zeigen immer wieder positive Beispielen, bei denen die Strategieprozesse und die daran anschließende Umsetzung so ablaufen, dass daraus ein nachhaltiger Nutzen für alle entsteht. Wo gemeinsam klare, aber einfache und verständliche Leitlinien und Ziele erarbeitet werden, an denen sich jeder orientierten kann, sind meist gute Voraussetzungen für die Umsetzung gegeben.
In diesem Sinne wünsche ich allen derzeit laufenden Strategieprozessen – vor allem auch jenem zu einer bundesweiten Tourismusstrategie – gutes Gelingen sowie eine konsequente und erfolgreiche Umsetzung!
In Zeiten wirtschaftlichen Umbruchs und damit verbundener Turbulenzen nimmt auch die Bereitschaft ab, sich mit der Erarbeitung von Strategien zu befassen. Umso mehr, wenn es um Strategien geht, bei denen verschiedene Interessen an einen Tisch und ebensoviele Meinungen unter einen Hut zu bringen sind. Diese Haltung ist zwar verständlich, doch im Sinne langfristiger Weichenstellungen nicht zielführend! Wir werden die Herausforderungen der kommenden Jahre im alpinen Tourismus nur dann stemmen können, wenn wir – im wahrsten Sinne des Wortes – auch „Kopfarbeit“ leisten. Die Kompetenz, die wir aus dem fachlichen Know how und der Erfahrung ableiten können, ist ein Wettbewerbsvorteil. Wenn wir diesen zu nutzen wissen…
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