Bergbahn-Investitionen
© Ernst Lorenzi / Ötztal Tourismus
Die Seilbahnen als Motoren des Wintertourismus investieren jedes Jahr kräftig in Ausbau und Erhaltung ihrer Attraktivität. 562 Mio. Euro wurden im Betriebsjahr 2010 von den österreichischen Seilbahnunternehmungen investiert, in der Schweiz wurde zu Saisonstart die Summe von 387 Millionen Franken (rund 310 Mio. Euro) genannt, mit der sich die Bergbahnen für die aktuelle Wintersaison gerüstet haben. Und die Frage steht im Raum: Können sich diese Investitionen rechnen?
Rund die Hälfte der für Österreich genannten Summe wurde für Komfort, Sicherheit und den Neu- bzw. Umbau von Anlagen aufgewendet. Weitere große Blöcke stellen der Neubau und Modernisierung der Beschneiungstechnik sowie der Pistenbau, Investitionen in Zutrittssysteme, Parkplätze und Zufahrtsstraßen, Gastronomie, Pistengeräte und Zusatzangebote wie etwa Rodelstrecken dar.
Die Frage der Rentabilität bestimmter Investitionen ist dabei immer wieder Gegenstand von Diskussionen. So ließ heuer im Umfeld der Eröffnung der neuen Gaislachkogelbahn in Sölden etwa Jakob „Jack“ Falkner damit aufhorchen, dass sich diese architektonisch spektakuläre Kombination aus 8er-Umlaufbahn und 3-S-Bahn nicht rentabilisieren ließe. Betriebswirtschaftliche Unvernunft oder dem langfristigen Ziel dienender Mut und Unternehmertum?
Ein Lösungsansatz, den aktuell zahlreiche Seilbahnunternehmen zu verfolgen suchen, liegt in der systematischen Integration der Wertschöpfungskette über den reinen Seilbahnbereich hinaus. Gastronomie, Sportartikelhandel bzw. -verleih, Beherbergung, Incoming-Büro und Skischule sind nur einige Beispiele für Geschäftsfelder, die im Portfolio erfolgreicher Bergbahnunternehmen vertreten sind. Dazu kommen in einigen Fällen Beteiligungen an touristischen Sommer- und Ganzjahresinfrastrukturen, die nicht unmittelbar mit dem Skitourismus in Verbindung stehen.
Hieraus ergibt sich schon der nächste Diskussionspunkt, diesmal im wissenschaftlichen Gebiet des Destinationsmanagements: Inwieweit ist es der Dienstleistungsqualität, der Wertschöpfung, der Tourismusgesinnung bzw. insgesamt dem Tourismus einer Region zuträglich, wenn weite Teile der touristischen Wertschöpfungskette in der Hand eines einzigen Unternehmens sind? Sind integrierte Destinationen profitabler, die Bevölkerung in gemischt-strukturierten Orten tourismusfreundlicher und / oder Unternehmen im gesunden Wettbewerb kreativer? Die Balance zwischen der eigenen Wertschöpfungskette und dem sinnvollen Einbinden heimischer (Klein-)Unternehmer ist für Bergbahnunternehmen häufig schwer zu finden. Viele beweisen jedoch Jahr für Jahr – im Idealfall in guter Zusammenarbeit mit der Destinationsorganisation – dass sie diesen Drahtseilakt beherrschen.
Es gibt mancherorts den Ideal-Fall: Seilbahngesellschaften, die einerseits systematisch integrieren (und damit auch professionalisieren und die Destinationen in Summe wettbewerbsfähiger machen) und sich andererseits in der Hand der Allgemeinheit (Gemeinde bzw. Gemeindebürger) befinden und damit keinen externen Shareholder bedienen müssen. Freie Mittel können reinvestiert werden oder zur Mitfinanzierung nachhaltiger Regionalprojekte verwendet werden (z.B. Fernwärme-Kraftwerk, Solarheizwerk, etc.). Wenn die Eigentümer, also die Gemeindebürger auch noch (wenn auch nur eine kleine „symbolische“) Dividende erhalten würden, wäre die Tourismusgesinnung wohl bis in den letzten Winkel abgesichert, auch bei jenen Leuten, die ihren Lebensunterhalt von tourismusfremden Bereichen beziehen.
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