Der Stress mit weißen Weihnachten
Aus energietechnischer Sicht spielen uns die herrschenden Temperaturen in die Hände. Auch wenn Erdöl derzeit so günstig ist wie schon lange nicht mehr, wissen wir spätestens seit dem Weltklimagipfel in Paris, wo wir 2020 (zumindest theoretisch) stehen sollten. Und dennoch hätten wir es gerne etwas kälter bzw. zusätzlich mehr Niederschlag – vorzugsweise in Form von Schnee für „weiße Weihnachten“ und die Skitage danach. Schon wird medial bereits wieder orakelt, aber abgerechnet wird am Ende der Wintersaison, und das ist bekanntlich Ende April. Zwischen all den vorweihnachtlichen Hiobsbotschaften stellt man aber auch fest, dass es zunehmend Regionen gibt, die ihre Gäste ohne Schnee glücklich machen können und wollen. Das ist ein erster und richtiger Schritt. Der zweite, meiner Ansicht nach für die gesamte Alpenwirtschaft aber noch viel wichtigere, bestünde darin, mutige Zukunftsszenarien für die alpinen Regionen zu skizzieren. Diese Szenarien brauchten freizeittouristischen ebenso wie energietechnischen, gesellschaftspolitischen und volkswirtschaftlichen Input. Wenn wir es darüber hinaus auch noch schaffen, unser Paradigma des „ewigen Wachstums“ kritisch zu hinterfragen, wären wir tatsächlich einen großen Schritt weiter!
Leider liegt es in der Natur des Menschen Problemen erst zu begegnen wenn man ihnen nicht mehr ausweichen kann.
Wir wissen ja schon seit 20 Jahren, dass das Problem mit dem Schnee nicht besser wird. Alternativkonzepte für den Winter gibt es aber bisher nur dort wo ohnehin kein Schnee mehr fällt.
Ich habe feststellen müssen, dass der Tourismus funktioniert wie Geologie:
Veränderungen brauchen viel Zeit und entstehen nur durch enormen Druck.
Laut einer Klimastudie der OECD sind 76 % der Skigebiete Vorarlbergs noch natürlich schneesicher, bei einer weiteren Erwärmung um zwei Grad gilt das nur mehr für 48 %. Mehr als die Hälfte der Skigebiete können dann nur mehr mit künstlicher Beschneiung die Schneesicherheit garantieren. Der Aufwand dafür würde beträchtlich steigen und damit das Skifahren weiter verteuern.
Auf rund 250 Seilbahnunternehmen aber auch auf die Hotelbetriebe und Destinationen kommen da erhebliche Herausforderungen zu. Die Größe eines Skigebietes, dessen Schneesicherheit und die Qualität von Pisten und Schnee sind die hauptsächlichen Entscheidungskriterien für Skifans. Der Zusammenschluss von Skigebieten wird also weitergehen, weil damit deren Attraktivität steigt, aber auch Größenvorteile der Liftunternehmen verwirklicht werden können.
Dazu kommt ein absehbarer gesellschaftlicher Wandel. Der Urlaub im Winter wird nicht mehr zwangsläufig nur als Skiurlaub wahrgenommen, sondern als „Erholungsurlaub“ und „Urlaub im Schnee“. Darüber hinaus wird auch die Reisegemeinschaft bunter: Immer öfter fahren mehrere Generationen einer Familie oder größere Freundeskreise gemeinsam auf Urlaub, die neben dem Skifahren auch alternative Winter-Urlaubsangebote suchen. Für die Regionen bedeutet das, nicht nur perfekte Skiinfrastruktur zu bieten, sondern auch zusätzliche Angebote wie Wanderwege, Rodeln oder Langlauf-Loipen – aber natürlich auch Wellness-, Gesundheits- und kulinarische Angebote.
Skidestinationen haben schon in der Vergangenheit einen guten Teil ihres verdienten Geldes für das weitere Attraktivieren ihrer Destination eingesetzt. In Zukunft geht es allerdings weniger um die Nutzung noch höher gelegener alpiner Gebiete oder eine völlige Abdeckung der Pisten mit Beschneiungsanlagen sondern auch um die Schaffung von Winterattraktionen, die nicht schneegebunden sind und um den Ausbau der bisher weniger beachteten Sommersaison etwa durch Errichtung von thematisierten Wanderwegen in alpinen Höhen, der Einrichtung von Bikeparks und des Mountainbike-Wegenetzes oder den Ausbau der Herbstsaison für Wanderungen.
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