1. September 2009 | 15:35 | Kategorie:
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Gibt es eine Kreditklemme? – Zweiter Teil

Kreditklemme „ja“ oder „nein“ wurde auch in diesem Forum diskutiert. Nun liegen sechs Monate Erfahrung vor und da macht es Sinn, doch etwas in den Statistiken zu kramen. Firmenkunden haben in der Vergangenheit vielfach die Erfahrung gemacht, dass es durchaus möglich ist, kleinere Kreditbeträge vor allem auf kurze Frist relativ rasch zu erhalten, es aber andererseits schier unmöglich ist, große Kreditbeträge von mehreren Mio. Euro auf eine Laufzeit von mehr als fünf Jahren eingeräumt zu bekommen. Darüber hinaus haben auch die Anforderungen an die Dokumentation des Kreditbedarfes und die Höhe der verrechneten Aufschläge zugenommen.

Demgegenüber wurden die Bankmanager nicht müde festzuhalten, dass es keine Kreditklemme gäbe und die Versorgung der Wirtschaft mit Krediten klaglos vonstatten ginge. Auf den Finanzmärkten – so die Story – wäre alles eitel Wonne:  Kredite seien für jedermann zu erträglichen Kosten zu haben, auf dem Interbankenmarkt herrsche wieder reger Handel und das Vertrauen in die einzelnen Institute sei so ungetrübt wie eh und je.

Da lohnt es sich einen Blick in die kürzlich veröffentlichte Großkreditstatistik der ÖNB zu machen, die objektiv festhält was tatsächlich passiert ist:

  • Im Zeitraum 2004 bis 2008 haben die Unternehmenskredite ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 7,8 % gehabt, im ersten Halbjahr 2009 hingegen lediglich von 0,2 %.
  • Im selben Zeitraum haben die Unternehmenskredite im Bereich Beherbergungs- und Gaststättenwesen ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 9,3 % gehabt, im ersten Halbjahr 2009 hingegen lediglich von 0,1 %.

Kurz zusammengefasst bedeutet das: Die Wirtschaft insgesamt hat in der Vergangenheit durchaus kräftig investiert und hat als eine Folge der Kredit­verknappung einerseits und der Zurückhaltung bei Neuinvestitionen andererseits nur mehr ein sehr geringes Kreditwachstum verzeichnen können. Die Neukreditvergabe hat offenbar gerade die laufenden Rück­zahlungen ersetzen können.

Das Beherbergungs- und Gaststätten­wesen war in der Vergangenheit überdurch­schnittlich investitionsfreudig und wurde allerdings von der Krise über Gebühr betroffen. Das Kreditwachstum im ersten Halbjahr ist kleiner ausgefallen als in der Gesamtwirtschaft.

Für diese Tatsache bieten sich vordergründig zwei Erklärungen an:

  • Aufgrund gestiegener Bonitätsanforderungen wurden gerade eigenkapital­schwache Kleinunternehmen besonders zögerlich behandelt.
  • Die in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft erforderliche lange Laufzeit hat als ein zusätzliches Erschwernis die Bereitschaft zur Krediteinräumung behindert.

Bei all diesen wenigen erfreulichen Tatsachen zumindest eine erfreuliche Nachricht: Im ersten Halbjahr 2009 hat die ÖHT ihr gesamtes Fördervolumen um 14 % ausgeweitet. Damit zeigt sich, dass gerade in schwierigen Zeiten die Förder­instrumente dazu dienen können, die Auswirkungen von schlechten Rahmenbedingungen zumindest teilweise zu kompensieren.

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