27. Juli 2015 | 20:18 | Kategorie:
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Klettersteiggehen – ein anhaltender Boom

Sprachen aus West und Ost, Nord und Süd, Bergbegeisterte vom Teenager bis zum Senior. Ort des Geschehens: Innsbruck, Bergstation Hafelekar, am Einstieg zum Innsbrucker Klettersteig, der aufgrund seiner Entstehungszeit, landschaftlichen Schönheit, Länge und seines mittleren Schwierigkeitsgrades zu den Klassikern in Österreich zählt. Das ist nur ein Beispiel für viele vergleichbare Situationen in den österreichischen Alpen und weit darüber hinaus.

Voll im Trend
Auch wenn keine konkreten Daten über die Gesamtzahl von Klettersteiggehern vorliegen: Der Sport boomt und erfährt von Jahr zu Jahr weiteren Zuspruch. Das ist nachvollziehbar, denn Klettersteiggehen folgt wichtigen Trends im Freizeitverhalten wie der Suche nach Erlebnissen, dem Wunsch nach Nähe zur Natur, dem Bedürfnis nach körperlicher Aktivität – und das alles gewürzt mit einem Stück Herausforderung und Nervenkitzel, ohne dabei ein nennenswertes Risiko einzugehen – jedenfalls bei Beachtung aller Spielregeln. Klettersteige sind somit ein immer bedeutender werdender Aspekt im erlebnisorientierten Angebot und in der Inszenierung der Berge mit spektakulären Elementen wie Überquerung von Wasserfällen, Durchstieg durch Höhlen, Flying Fox u.a.m.

Spektakuläre Eisenwege
Stahlseile, Eisenstifte, Eisenklammern, Eisenleitern dienen einerseits der Fortbewegung (zusätzliche Griffe und Tritte) im Fels, andererseits der Selbstsicherung der Sportler mit dem Klettersteigset. Moderne (Sport-) Klettersteige verfügen über besondere Attraktionen und Schwierigkeiten indem z.B. spektakuläre Seilbrücken angelegt und Überhänge mit einbezogen werden. Das Begehen von Klettersteigen ist heute eine eigene alpine Disziplin, zu der alpine Vereine, Bergsteigerschulen und auch Tourismusorganisationen Kurse anbieten.

Breites Angebotsspektrum
Als erster versicherter Steig – und wenn man so will auch Klettersteig – in Österreich und Europa gilt die im Jahre 1843 von legendären Dachsteinforscher Friedrich Simony initiierte Ausstattung des Anstiegs zum Dachstein über die Randkluft mit einem 200 m langen, an Eisenringen befestigten Seil. Viele vergleichbare Maßnahmen an berühmten Bergen folgten im Laufe der Jahrzehnte. Sieht man von den im 1. Weltkrieg entstandenen und später als Via Ferratas genutzten Felsenwegen in den Dolomiten ab, so hat das moderne Klettersteigwesen ab den 1970er und 1980er Jahre größere Verbreitung gefunden und seitdem eine ständige Weiterentwicklung erfahren.

Heute steht ein modernes Angebot für alle Ansprüche zur Verfügung, mit schwerpunktmäßiger Ausrichtung auf mittlere Schwierigkeiten und damit auf ein breites Publikum. In Österreich sind Klettersteige in allen Teilen der Ostalpen zu finden, vom Bregenzerwald bis zum Wienerwald und von den Talsohlen bis auf 3000 m hinauf. Besonders beliebt sind Sportklettersteige mit kurzen Zustiegen. Mehr und mehr in Erscheinung treten auch Klettersteigparks, vielfach Zusatzausstattungen in Klettergärten, deren Sportkletterrouten durch Passagen mit Klettersteigen aller Schwierigkeitsgrade ergänzt werden (z.B. am Rifa-Kletterpark im Montafon). Am anderen Ende der Skala stehen anspruchsvolle, hochalpine Klettersteige wie der Königsjodler am Hochkönig, der aufgrund seiner Länge, Ausgesetztheit und nach oben hin zunehmender Schwierigkeit eine ernste alpine Unternehmung darstellt.

Willkommene ökonomische Effekte
Klettersteige haben natürlich auch einen ökonomischen Hintergrund: Es ist die Tourismus- und Freizeitwirtschaft im weitesten Sinne, die davon profitiert. Daher treten Tourismusverbände, Bergbahnunternehmen, Bergsteigerschulen, Hüttenwirte und auch alpine Vereine als Initiatoren und Erhalter auf, also Unternehmen bzw. Organisationen, die sich durch Klettersteige eine höhere Besucherfrequenz erwarten – und diese auch erzielen.

Zu einer touristischen Hochburg in Bezug auf Klettersteige hat sich Ramsau am Dachstein gemausert, wo, gewissermaßen an der Urquelle des Klettersteigwesens, heute 18 Anlagen unterschiedlicher Länge und Schwierigkeit zur Verfügung stehen und die Klettersteige Teil einer klaren touristischen Positionierung und Demonstration von Bergkompetenz sind.

Bedeutung und Nutzen von Klettersteigen für den Tourismus liegen also auf der Hand, auch wenn damit lediglich eine – wenn auch immer größer werdende – Nische von Gästen angesprochen wird. Bei der gezielten Differenzierung nach Höhenlage und Exposition kann mit Klettersteigen ein Angebot bereitgestellt werden, das während des größten Teils des Jahres zur Verfügung steht und das in der Kombination mit Kletterhallen ein Ganzjahresangebot darstellt.

Chancen für viele
Klettersteiggehen während eines Bergurlaubs ist ideal wenn es darum geht, innerhalb des Urlaubs oder während eines Urlaubstages mehreren verschiedenen Aktivitäten nachzugehen, oder wenn es gilt, unterschiedlichen Interessen innerhalb einer Urlauberfamilie gerecht zu werden. Leichte Klettersteige sind zudem ein ansprechendes Betätigungsfeld für bergsportbegeisterte Familien, können doch, mit Zusatzsicherung, Kinder auf dafür ausgewiesenen Steigen mitgenommen werden. Angesichts der vielfältigen Möglichkeiten und Differenzierungen bieten sich Klettersteige für ein breites Spektrum von Tourismusorten an, und es sind hier ähnliche Entwicklungen zu beobachten wie beim Bouldern: Orte und Plätze, die früher seitens der Bergsportler keinerlei Beachtung gefunden haben, erfahren nun aufgrund neuer Zugänge zum Fels eine Inwertsetzung.

Weiterhin bergauf
Zweifellos sind die Alpen mit Klettersteigen bereits gut erschlossen, aufgrund ihrer freizeittouristischen Bedeutung, insbesondere auch für die Naherholung, ist jedoch mit einer weiteren Steigerung der Nachfrage zu rechnen. Dazu leisten nicht nur die eingangs angesprochenen Trends im Freizeitverhalten oder die perfekten und leicht zugänglichen Informationsmaterialien ihren Beitrag, dafür sorgen auch die Anbieter von touristischen Produkten und Dienstleistungen sowie die Produzenten und Händler von Outdoor-Bekleidung und Bergsportausrüstung. So ist z.B. in einem großen Sportgeschäft in der zentralen Fußgängerzone von Innsbruck das Klettern und Klettersteiggehen den ganzen Sommer über in den Schaufenstern sowie im Eingangsbereich als Kernthema präsent, an einem Standort, den die Einheimischen sowie tausende und abertausende Touristen frequentieren.

29. Juli 2015, 9:07

Zu diesem Thema möchte ich gerne einmal einhaken: Der Trend zum Klettersteigen kann ich aus Sicht von Ramsau am Dachstein nur bestätigen. Als vor 20 Jahren am Dachstein die ersten modernen Sportklettersteige errichtet worden sind, sah der Sommertourismus noch ganz anders aus. Ich kann mich noch gut an meine Kindheit in den 80ern erinnern, als ich mit meinen Eltern immer Wandern gehen musste. Ich dachte mir immer: „In den Bergen gehen nur mehr jene Leute, die zu schiach für den Strand sind und zu blöd für eine Städte-/ Kulturreise“. Seit damals hat sich aber in den Alpen viel verändert und als Touristiker müssen wir jeden Tag die Outdoor-Industrie in unsere Gebete einschließen. Durch die vielen verschiedenen Outdoor-Produkten wurde der Sommer in den Bergen wieder attraktiv. Der Klettersteig ist da eine logische Ergänzung. Die Wände der Alpen sollten nicht nur für die bergsteigerischen Eliten reserviert sein, sondern auch für normale Menschen. Ich kenne auch kein vergleichbares Sommerangebot, welches ähnlich kostengünstig zu bauen ist, wenig Eingriff in die Natur benötigt, jedoch aber ein Ausflugsziel so aufwertet. Wie überall gibt es allerdings Grenzen die es zu beachten gibt: Ein Klettersteig darf keine bestehende Kletterrouten kreuzen, der Steig soll für normale Gäste und nicht nur für Extrembergsteiger gebaut werden, die schwierigste Stelle sollte am Anfang sein, Klettersteige sollten nur in bereits touristisch erschlossenen Gebieten eröffnet werden, etc. Wenn diese Vorgaben eingehalten werden, dann ist das Klettersteigen eine Sportart, wo nicht nur der Körper, sondern auch der der Geist gefördert wird. Es ist immer wieder ein berauschendes Gefühl, wenn man am Ende eines Klettersteiges ankommt. Meist ohne Gipfelkreuz, aber dafür mit einer tiefen Befriedung, die keine Zweifel daran lässt, dass das Glück eine Überwindungsprämie ist. Ich bin mir sicher, dass es in der Zukunft noch bei vielen weiteren Gästen „klick“ machen wird.

12. Februar 2017, 23:00

Ich baue gerade eine Seite für Einsteiger/Anfänger für Klettersteige auf:

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